Brustkrebs ist der häufigste bösartige Tumor der Frau. Auch der Hausarzt hat immer wieder mit Patientinnen zu tun, die mit Chemotherapeutika, Hormon- oder Antikörpertherapie behandelt werden. Mit den unterschiedlichen Behandlungsschemata sollte er daher vertraut sein. Insbesondere bei der adjuvanten Therapie mit Aromatasehemmern gibt es neue Erkenntnisse.
Das bessere Verständnis von Tumorbiologie und Patienteneigenschaften hat in den letzten zehn Jahren zur Weiterentwicklung zielgerichteter Therapien beim metastasierten Mammakarzinom geführt. Bei der Therapieplanung berücksichtigt man – neben den Wünschen der Patientin – den molekularen Subtyp und die lokoregionäre Tumorausdehnung [1]. Nach modernen tumorbiologischen Kriterien wird das Mammakarzinom in vier therapierelevante, molekulare Subtypen eingeteilt [2, 3]:
- Luminal-A-like Typ (Hormonrezeptor-positiv, HR-, HER-2-negativ mit niedriger Proliferationsrate Ki67 ≤ 10 %),
- Luminal-B-like Typ (Hormonrezeptor-positiv mit hoher Proliferationsrate Ki67 ab 20 – 29 %),
- HER-2-Typ non-Luminal (HER-2-positiv und Hormonrezeptor-negativ) sowie
- Basal-like-Typ (Hormonrezeptor-negativ und HER-2-negativ, oft "triple negative").
Nach dem Konsensus von St. Gallen 2013 wird die Systemtherapie anhand der vier Subtypen entschieden [4]. Liegen keine Fernmetastasen vor, rechtfertigt die kurative Therapieintention die Kombination adjuvanter Therapien aus Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Hormontherapie und Antikörpertherapie.
Lokoregionäre Therapie
Standard ist eine komplette Tumorentfernung (R0-Resektion) mit einfacher Mastektomie oder brusterhaltende Therapie (BET) mit anschließender Bestrahlung. Die axilläre Lymphknotendissektion galt lange als obligate Methode. Damit lässt sich der Nodalstatus zur risikoadaptierten Wahl der adjuvanten Therapie erfassen und Lokalrezidive reduzieren. Aufgrund der Studiendaten hat sich in den letzten Jahren bei klinisch, palpatorisch und sonografisch unauffälliger Axilla bei invasivem Mammakarzinom die Sentinel-Lymphonodektomie (SNE) als Standard etabliert [5, 6]. Daten der Z0011-Studie erlauben auch bei ein bis zwei befallenen Wächter-Lymphknoten und bei einer BET mit geplanter anschließender Radiatio sowie adäquater medikamentöser Systemtherapie einen Verzicht auf eine folgende Axilladissektion [7].
Adjuvante Chemotherapie
Adjuvante Chemotherapien verlängern das rezidivfreie Überleben (RFS) und das Gesamtüberleben (OS). Sie sind üblicherweise anthrazyklin- und taxanhaltig. Anthrazykline wie Doxorubicin oder Epirubicin sind dosisabhängig myelotoxisch und kardiotoxisch und können zu Herzrhythmusstörungen, zur Kardiomyopathie und zur Herzinsuffizienz führen. Vor Therapiebeginn und während der Therapie muss der Arzt deshalb eine Echokardiografie machen [1]. Taxane wie Paclitaxel oder Docetaxel führen neben einer Knochenmarksuppression auch zu (pseudo-)allergischen Reaktionen, sodass – je nach Substanz – eine antihistaminerge und/oder glukokortikoidhaltige Vorbehandlung und beim Docetaxel auch eine Nachbehandlung zu empfehlen ist.
Endokrine Therapie
Nach Abschluss der Chemotherapie ist bei Nachweis von Hormonrezeptoren (Östrogenrezeptor – ER und/oder Progesteronrezeptor – PR) im Tumorgewebe eine endokrine Therapie indiziert. Die Wahl richtet sich nach dem Menopausenstatus der Frau. Prämenopausale Frauen erhalten, laut Leitlinien, eine antiöstrogene Therapie mit Tamoxifen für fünf bis zehn Jahre, gegebenenfalls in Kombination mit einem GnRH-Analogon für zwei bis fünf Jahre. Postmenopausale Frauen sollten sequenziell Tamoxifen und einen Aromatasehemmer (AI) für mindestens fünf Jahre bekommen, bei höherem Risiko gegebenenfalls bis zu zehn Jahre. Bei Kontraindikationen gegen Tamoxifen erhalten die Patientinnen nur einen AI für fünf bis zehn Jahre.
Aromatasehemmer wie Anastrozol, Letrozol oder Exemestan hemmen das Enzym Aromatase und damit die zelluläre Umwandlung von androgenen Vorstufen zu Östrogen. Dies ist die Hauptsynthesequelle von Östrogenen bei postmenopausalen Frauen. Der Östrogenspiegel kann auf 5 % bis 10 % des Ausgangswertes gesenkt werden [8]. Goss et al. publizierten kürzlich, dass die Verlängerung der adjuvanten Therapie mit AI auf zehn Jahre im Vergleich zu Plazebo zu einer signifikanten Verlängerung des krankheitsfreien Überlebens (DFS) sowie zur geringeren Inzidenz von kontralateralem Brustkrebs führt [9]. Aktuell werden viele Studien zur Charakterisierung der Patienten durchgeführt, die von einer verlängerten adjuvanten, antihormonellen Therapie profitieren.
Beim San Antonia Breast Cancer Symposium (SABCS) 2016 wurden erste Auswertungen der DATA-Studie (Phase III) vorgestellt. Diese untersucht bei postmenopausalen Frauen nach zwei bis drei Jahren Tamoxifentherapie die Anas-trozol-Gabe von drei vs. sechs Jahren. Demnach ist eine Verlängerung der adjuvanten Therapie mit AI nicht für alle Patientinnen geeignet. Die bisherigen Subgruppenanalysen zeigten Vorteile für Brustkrebspatienten mit großer Tumormasse, vorheriger Chemotherapie und mit Östrogen- und Progesteronrezeptor-positiver, HER-2NEU-negativer Erkrankung [10].
In der Phase-III-Studie IDEAL untersuchen Blok et al. die optimale Dauer der Letrozol-Therapie nach fünfjähriger adjuvanter, antihormoneller Therapie [11]. Die Auswertungen zeigen keinen Vorteil der Verlängerung der Letrozol-Therapie um mehr als 2,5 Jahre. Auch erste Ergebnisse der NRG Oncology-Studie NSABP B-42, einer randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten klinischen Studie – sie untersucht die verlängerte adjuvante endokrine Therapie ebenfalls mit Letrozol für fünf Jahre bei Frauen mit HR-positivem Brustkrebs nach abgeschlossener antihormoneller Therapie – wurden beim SABCS 2016 präsentiert [12]. Das krankheitsfreie Überleben (DFS) kann mit Letrozol, wenn auch nicht signifikant gegenüber Plazebo, verlängert werden. Die bisherige Subgruppenanalyse zeigt vor allem eine signifikante Verbesserung des DFS für Patientinnen unter 60 Jahren und mit vorheriger Tamoxifentherapie. Nach aktueller Studienlage hat sich Prof. Gnant, einer der führenden Brustkrebsspezialisten, für folgendes Vorgehen ausgesprochen: Patientinnen, die zwei bis drei oder fünf Jahre Tamoxifen bekamen, sollten für 2,5 – 5 Jahre Aromatasehemmer erhalten. Bei Patientinnen, die als adjuvante antihormonelle Therapie AI bekamen, sollte gründlich nach folgenden Kriterien eine Fortführung mit AI abgewogen werden: junge Patientin, gute Verträglichkeit, keine osteopenischen oder -porotischen Knochenveränderungen, Nodal-positiv, hohe klinische Risikofaktoren und luminaler Typ.
HER-2-Inhibitoren
Bis zu 20 % der Mammakarzinome zeigen eine Überexpression des humanen epidermalen Wachstumsfaktors HER-2, was die Prognose verschlechtert [1]. Der anti-HER-2-Antikörper Trastuzumab führt zur Hemmung der Tumorzellproliferation durch Induktion von Apoptose nach komplexen Immunreaktionen. Das Ausmaß der HER-2-Überexpression entscheidet über die Wirksamkeit. Trastuzumab wird mit einem Taxan und anschließend ohne Chemotherapie für ein Jahr als adjuvante Immuntherapie verabreicht [13].
Metastasiertes Mammakarzinom
Bei Nachweis von Fernmetastasen liegt eine palliative Situation vor. Gemäß aller deutschen Leitlinien ist die endokrine Therapie die erste Behandlungsoption des metastasierten HR-positiven Mammakarzinoms – sie ist weniger toxisch als die Chemotherapie. Dabei gilt in der First-Line-Behandlung bislang:
- prämenopausal: AI und GnRH-Analogon
- postmenopausal: AI (steroidal oder nicht-steroidal) oder Fulvestrant, abhängig von der adjuvanten Vortherapie (z. B. mit Tamoxifen oder einem steroidalen oder nicht-steroidalen Aromatasehemmer)
Die kürzlich publizierte FALCON-Studie, eine Phase-III-Studie, konnte bei postmenopausalen Frauen mit HR-positivem metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem Mammakarzinom, die zuvor keine endokrine Therapie erhalten hatten, eine höhere Effizienz von Fulvestrant gegenüber Anastrozol im Hinblick auf das progressionsfreie Überleben und das Fortschreiten der Erkrankung PFS (16,6 vs. 13,8 Monate) zeigen [14].
Hormonrezeptor-positive Patientinnen
mTOR-Inhibition
Die Ergebnisse der Bolero-2-Studie brachten einen deutlichen Sprung in der Therapie des fortgeschrittenen HR-positiven, HER-2-negativen Mammakarzinoms: Hier wurde die Kombination des mTOR-Inhibitors Everolimus (Afinitor®) mit dem Aromataseinhibitor Exemestan im Vergleich zu Exemestan und Plazebo untersucht. In der Gesamtpopulation zeigte sich ein Vorteil des PFS von elf Monaten [15, 1, 16]. Für den mTOR-Inhibitor Everolimus sind als Nebenwirkungen Stomatitis, Hyperglykämie und Pneumonitis beschrieben [17].
CDK4/6-Inhibitoren
Die Zellzyklusdysregulation ist eines der Hauptmerkmale von Krebserkrankungen. Cyclinabhängige Kinasen (CDK) spielen eine entscheidende Rolle in der Zellzyklusregulation und -kontrolle [18]. Neue therapeutische Ansätze greifen in der Inhibition der Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 (CDK4/6) an. In der PALOMA-2-Studie (Phase-II-Studie) wurde bei Patientinnen mit metastasiertem, HR-positivem, HER-2-negativem Brustkrebs mit Hinzunahme von Palbociclib (Ibrance®), einem CDK4/6-Inhibitor zur antihormonellen Therapie mit Letrozol untersucht und mit Letrozol allein verglichen [19]. Es zeigte sich eine Verlängerung des PFS von 14,5 auf 24,8 Monate. Als häufigste Nebenwirkung wurden Neutropenien beobachtet. Ribociclib, als weiteren CDK4/6-Inhibitor, untersuchte man in der Studie Monaleesa-2 ebenfalls bei Patientinnen mit HR-positivem, HER-2-negativem, metastasiertem Brustkrebs sowie in Kombination mit Letrozol und im Vergleich zu diesem AI allein. Die ersten Daten zeigten ebenfalls eine Verlängerung des PFS und zudem eine signifikant höhere Ansprechrate in der Kombination [20].
Metastasierte, HER-2-positive Patientinnen
Pertuzumab
Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA erteilte 2013 die Zulassung für den Antikörper Pertuzumab, der eine andere Bindungsstelle als Trastuzumab am HER hat. Die Auswertung der Cleopatra-Studie zeigte einen deutlichen Überlebensvorteil, davon 15,7 Monate durch die doppelte Antikörperblockade Pertuzumab plus Trastuzumab mit Docetaxel gegenüber der Kombination Trastuzumab und Docetaxel. Die Hinzunahme von Pertuzumab hat somit Einzug in die First-Line-Therapie beim HER-2-positiven, metastasierten Mammakarzinom und in der neoadjuvanten Therapie des lokal fortgeschrittenen HER-2-positiven Mammakarzinoms gehalten [21].
Trastuzumab-Emtansin
Trastuzumab-Emtansin (T-DM1, Kadcyla®) ist seit 2014 auf dem deutschen Markt. Die Zulassungsstudie war Emilia, die T-DM1 allein mit der Kombination von Lapatinib und Capecitabin bei Patientinnen mit HER-2-positivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Brustkrebs verglichen hat. Die Probandinnen wurden zuvor mit Trastuzumab und einer taxanhaltigen Chemotherapie behandelt [22]. Bei deutlich besserer Verträglichkeit des T-DM1 gegenüber Lapatinib und Capecitabin konnte zudem eine Verlängerung des OS von sechs Monaten und eine dreimonatige Verlängerung des PFS von T-DM1 gegenüber Capecitabin und Lapatinib erreicht werden [23]. Trastuzumab-Emtansin ist sehr gut verträglich, zu nennen sind klinisch meist nicht relevante Transaminasen-Erhöhungen und Thrombozytopenien.
Interessenkonflikte: Prof. Dr. med. Diana Lüftner deklariert Vortragstätigkeiten und Mitgliedschaft in Advisory Boards bei Pfizer, Roche, Novartis und Amgen.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (14) Seite 16-19