Sodbrennen ist ein häufiges Symptom und kann bekanntlich mit einem gastroösophagealen Reflux zusammenhängen. Um die genaue Reflux-Form zu eruieren bzw. eine eventuelle Ösophagitis nachzuweisen, ist eine aufwendigere Diagnostik erforderlich. Unter bestimmten Bedingungen lässt sich jedoch auch zunächst eine probatorische Gabe von Protonenpumpenhemmern (PPI) rechtfertigen. Was beim Einsatz dieser Säureblocker zu beachten ist, wird im folgenden Beitrag geschildert.

Fallbericht
Im November suchte die 45-jährige Frau erstmals wegen Sodbrennen ihren Hausarzt auf. Weitere Symptome bestanden nicht, ebenso keine relevanten Vorerkrankungen. Der Hausarzt rezeptierte PPI. Hierunter trat innerhalb weniger Tage Beschwerdefreiheit ein. Nach vier Wochen wurde die Dosis reduziert. Gegen Jahreswechsel verschlechterte sich dann das Allgemeinbefinden der Frau. Sie berichtete über nachlassenden Appetit und Völlegefühl. Anfang Januar trat wiederholtes Erbrechen auf. Die daraufhin durchgeführte Endoskopie zeigte eine erstgradige Refluxösophagitis und einen flüssigkeitsgefüllten Magen. Nach Absaugen der Flüssigkeit zeigte sich als Ursache des gastroösophagealen Refluxes ein lokal fortgeschrittenes, überwiegend intramural wachsendes, hochgradig stenosierendes Antrumkarzinom.

Unter dem Oberbegriff der gastroösophagealen Refluxkrankheit werden mehrere unterschiedliche Entitäten zusammengefasst (Übersicht 1).

Mögliche Formen des Refluxes

Für die Differenzierung der einzelnen Formen ist die Anamnese alleine nicht ausreichend. NERD und ERD lassen sich definitionsgemäß nur durch eine Endoskopie differenzieren (Abb. 1 und 2). Insbesondere die Diagnose eines hypersensitiven Ösophagus und funktioneller Refluxbeschwerden erfordert eine sorgfältige Funktionsdiagnostik mittels Langzeit-pH-Metrie. Pathophysiologisch lassen sich drei unterschiedliche Formen des
gastroösophagealen Refluxes unterscheiden: der saure Reflux, der nicht-saure Reflux und der Volumenreflux. Der saure Reflux beruht auf dem Reflux von Magensäure, während beim nicht-sauren Reflux ein Mischrefluat aus duodenaler und gastraler Flüssigkeit, unabhängig vom dabei vorliegenden pH-Wert des Refluates, vorliegt. Die Symptomatik des Volumenrefluxes wird durch das quantitative Volumen bestimmt. Naturgemäß beeinflussen Protonenpumpeninhibitoren (PPI) nur den sauren Reflux.

Diagnostisches Vorgehen

Für die sichere Diagnosestellung einer gastroösophagealen Refluxkrankheit ist neben einer sorgfältigen Anamnese eine Endoskopie sowie gff. eine ergänzende Funktionsdiagnostik mittels pH-Metrie notwendig, da sich hiermit auch ein nicht-saurer Reflux detektieren lässt. Aus Praktikabilitätsgründen wird man angesichts der Häufigkeit eines klinisch relevanten Refluxes diesen diagnostischen Aufwand jedoch meist nicht betreiben, sondern oftmals nach sorgfältiger Anamnese eine probatorische Therapie einleiten. Hierbei sollte man sich aber darüber bewusst sein, dass dieser probatorischen PPI-Therapie keine diagnostische Bedeutung zukommt: Weder ist durch ein symptomatisches Therapieansprechen eine Refluxkrankheit bewiesen, noch schließt ein fehlendes Ansprechen eine Refluxkrankheit aus.

Therapieprinzipien

Man unterscheidet Akuttherapie (bei Erstdiagnose), Langzeittherapie (kontinuierlich oder intermittierend) und Bedarfstherapie. Eine probatorische Therapie ohne vorherige weiterführende Diagnostik ist bei Vorliegen typischer Refluxsymptome (Regurgitation oder Sodbrennen mindestens ein- bis zweimal/Woche mit Beeinträchtigung der Lebensqualität) bei gleichzeitigem Fehlen von sogenannten Alarmsymptomen (Gewichtsabnahme, Dysphagie, Odynophagie, Anämie, Blutungszeichen) möglich. Hierbei ist zu bedenken, dass sowohl Sensitivität als auch Spezifität dieser Alarmsymptome für das Vorliegen einer bedrohlichen Erkrankung (wie z. B. Tumor, Ulkus etc.) sehr niedrig sind, was sich auch eindrücklich bei dem einleitenden – und sicher ungewöhnlichen – Fallbeispiel zeigt.

Dosierung von PPI

Eingesetzt werden PPI in einfacher Standarddosierung (Übersicht 2) für vier Wochen. Therapieziel ist die Symptomlinderung oder -freiheit, was in ca. 85 % der Fälle innerhalb von fünf bis zehn Tagen erreicht werden kann. PPI sind wirksamer als H2-Blocker oder Prokinetika. Nach erfolgreicher Akuttherapie kann auf die halbe Dosis als Erhaltungstherapie reduziert werden. Bei gutem Ansprechen ist eine weitere Reduktion auf eine Bedarfsgabe möglich. Auch hierfür sollten weiterhin PPI eingesetzt werden; ein Wechsel auf H2-Blocker im Sinne einer Therapiedeeskalation wird nicht empfohlen. Therapieziel ist die Symptomfreiheit. Ist nach vierwöchiger Therapie noch keine relevante Besserung erreicht, sollte eine erneute Evaluation erfolgen. Mögliche Gründe einer Therapieresistenz sind neben einer falschen Diagnose Complianceprobleme (die Therapieadhärenz liegt nach einem Monat nur bei ca. 55 %, nach sechs Monaten bei nur noch 30 %!), ein falscher Einnahmezeitpunkt, ein nicht-saurer Reflux oder auch funktionelles Sodbrennen.

Ein anhaltend hoher Medikamentenbedarf für über sechs Monate oder ein therapieresistenter Verlauf trotz ausreichender Compliance ist – genauso wie das Vorliegen von Alarmsymptomen – eine Indikation für eine endoskopische Untersuchung. Weitere Indikationen für eine Endoskopie sind langjährige Refluxsymptomatik sowie Risikokonstellationen wie Alkohol- und Nikotinabusus oder Tumorerkrankungen im HNO-Bereich.

Wirkungsweise von PPI

Protonenpumpenblocker (PPI) blockieren mit der H+-K+-ATPase die gemeinsame Endstrecke der humoral, nerval und parakrin vermittelten basalen und stimulierten Säuresekretion. Hierdurch kann der Magen-pH-Wert dauerhaft auf einen Wert von > 6 angehoben werden. PPI wirken insbesondere auf die stimulierte nahrungsaufnahmeabhängige Säureproduktion. Daraus resultiert auch der optimale Einnahmezeitpunkt (ca. 30 Minuten vor dem Essen). Im Gegensatz dazu beeinflussen H2-Blocker überwiegend die basale Säureproduktion, was den Einnahmezeitpunkt (zur Nacht) erklärt.

Therapie für schwere Fälle

Bei endoskopisch schwergradiger Refluxösophagitis (Abb. 3) empfiehlt sich eine Akuttherapie in doppelter Standarddosierung für mindestens acht Wochen. Therapieziel ist die Abheilung aller endoskopisch nachweisbaren Läsionen. Oftmals ist im Anschluss eine einfach dosierte Dauertherapie notwendig.Nach erfolgreicher Dauertherapie mit langfristig (> 1 Jahr) stabiler Remission kann ein Auslassversuch gemacht werden. Jedoch ist nach Absetzen der säuresuppressiven Therapie in 60 – 70 % der Fälle innerhalb von sechs Monaten mit einem Rezidiv zu rechnen. Bei schwerer Refluxösophagitis beträgt das Rezidivrisiko sogar ca. 90 % innerhalb der ersten Woche nach Absetzen.

Die Therapiesteuerung erfolgt symptomorientiert und macht oftmals einen wiederholten Wechsel der Therapieformen (höher dosierte Akuttherapie, niedrig dosierte Dauertherapie, symptomorientierte Bedarfstherapie) notwendig. Bei sogenannter komplizierter Refluxkrankheit, also z. B. (stattgehabter) refluxassoziierter Blutung oder Stenoseentwicklung (Abb. 4), ist eine – oftmals auch hochdosierte – Dauertherapie notwendig.

Was tun bei Therapieversagen?

Ein Therapieversagen wird als eine unzureichende Symptomkontrolle oder fehlende Abheilung bei endoskopisch diagnostizierter Refluxkrankheit nach viermonatiger Therapie definiert. In diesem Fall sollte die Diagnostik intensiviert werden (erneute Endoskopie, Funktionsdiagnostik mittels pH-Metrie, ggf. Manometrie mit Impedanzmessung). Ursache der fehlenden Symptomkontrolle bei gesicherter Refluxkrankheit ist in ca. einem Drittel der Fälle ein unzureichender Medikamenteneffekt (persistierender pH-Wert < 4), und in ca. zwei Drittel ein schwach-saurer z. B. duodeno-gastraler Reflux oder ein Volumenreflux.

Bei persistierendem saurem Reflux kann eine Kombinationstherapie aus PPI zu den Mahlzeiten und H2-Blocker zur Nacht eingesetzt werden. Ebenfalls versucht werden kann ein Wechsel des PPI. In Einzelfällen lässt sich dadurch eine Symptombesserung erzielen. Bei gleichzeitig bestehender Motilitätsstörung können Prokinetika zum Einsatz kommen. Einzelne Patienten profitieren auch von dem Einsatz von Antazida. Es muss jedoch betont werden, dass es für alle diese Therapieansätze keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz gibt.

Ebenso sollte die Komedikation daraufhin überprüft werden, ob hier Substanzen mit relaxierender Wirkung auf den unteren Ösophagusphinkter wie z. B. Kalziumantagonisten, Nitrate, Theophyllin, Anticholinergika, β-Agonisten, Benzodiazepine oder Östrogene zum Einsatz kommen. ASS, NSAR, Bisphosphonate, Doxycyclin und Eisensulfat können eine direkt toxische Ösophagitis auslösen.

Mit einer Refluxoperation, üblicherweise als laparoskopische Fundoplicatio durchgeführt, kann eine Sphinkterinsuffizienz behoben werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch neben einem schweren klinischen Verlauf eine vorherige sorgfältige Funktionsdiagnostik.

Verträglichkeit von PPI

PPI werden in aller Regel auch in der Langzeittherapie gut vertragen. Bei kritischer Durchsicht der Literatur ergibt sich ein leicht erhöhtes Risiko für bakterielle Infektionen der Atemwege und Frakturen an Schenkelhals oder Wirbelkörper. Darüber hinaus ist das Risiko für Infektionen des Verdauungstraktes etwas erhöht. In Absolutzahlen bedeutet das, dass pro Jahr eine zusätzliche Infektion auf ca. 3.900 mit PPI behandelte Patienten auftritt. Weiter beschrieben sind bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms, Vitamin-B12-Resorptionsstörung, Hypomagnesiämie, Interaktion mit anderen Medikamenten (wobei sich der initiale Verdacht auf eine relevante Wirkungsabschwächung von Clopidogrel nicht bestätigt hat) und eine beschleunigte Atrophie einer unbehandelten Helicobacter-pylori-Gastritis. Hieraus ergibt sich jedoch nicht die Empfehlung einer prophylaktischen HP-Eradikation bei PPI-Langzeittherapie.



Autor:

Dr. med. Wolfram Bohle

Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Pneumologie.
Katharinenhospital, Klinikum Stuttgart
70174 Stuttgart

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (6) Seite 62-67