In der hausärztlichen Praxis stellen sich täglich Patienten mit Husten vor. Meist ist er durch Virusinfekte bedingt und verschwindet nach wenigen Wochen von selbst – auch ohne aufwendige Diagnostik und Therapie. Hält das Symptom jedoch mehr als acht Wochen lang an, so spricht man vom "chronischen Husten". Da viele Differenzialdiagnosen infrage kommen, kann das Aufdecken der Ursache für den behandelnden Arzt eine besondere Herausforderung sein. Dieser Artikel möchte eine strukturierte Abklärung – orientiert an der Häufigkeit von potenziell verursachenden Erkrankungen und am individuellen klinischen Bild des Patienten – vorstellen. Das hier beschriebene pragmatische Vorgehen basiert auf den Inhalten der S3-Leitlinie "Husten" der DEGAM.

Der Fall
Herr B. ist 58 Jahre alt, IT-Fachmann in einem mittelständischen Betrieb. Er stellt sich in der Praxis seines Hausarztes vor, weil seine Ehefrau ihn gedrängt hat, sich untersuchen zu lassen. Seit drei Monaten besteht bei Herrn B. ein hartnäckiger trockener Husten, der sich nicht bessern will und sehr lästig ist. Besonders ausgeprägt sind die Beschwerden am Abend vor dem Einschlafen. Begonnen hatte die Symptomatik mit einem grippalen Infekt mit Schnupfen, Halsschmerzen und Husten mit Auswurf. Bis auf den Husten sind alle Erkältungsbeschwerden schon seit Wochen verschwunden, Fieber oder andere Begleitsymptome bestehen zurzeit nicht. Insgesamt fühlt sich der Patient nicht sonderlich krank. Herr B. ist Nichtraucher, hat aber bis vor zehn Jahren geraucht (insgesamt 20 pack years). Medikamente nimmt er nicht dauerhaft ein. Die Auskultation von Herz und Lunge ist unauffällig.

Fragestellungen

  • Welche Ursachen können hinter einem chronischen Husten stecken?
  • Welche weiterführende Diagnostik sollte bei dem Patienten erfolgen?
  • Wie ist das therapeutische Vorgehen bei häufigen Krankheitsbildern?

Ursachen von chronischem Husten

Mit einer Prävalenz von 10 – 20 % (u. a. abhängig von Jahreszeit und Raucherstatus) ist auch der chronische Husten ein häufiger Beratungsanlass in der Hausarztpraxis [1, 2]. Wann ein länger bestehender Husten abgeklärt werden muss, sollte nicht strikt von der Definition "chronischer Husten" (mehr als acht Wochen Dauer) abhängig gemacht werden. Hier ist das individuelle klinische Bild und die hausärztliche Erfahrung entscheidend: Während bei einer protrahierten Bronchitis bis zum kompletten Abklingen durchaus sechs bis acht Wochen abgewartet werden kann, sollten bei vollkommen unklarem Husten abhängig vom klinischen Eindruck schon nach drei bis vier Wochen Erkrankungen, die typischerweise chronischen Husten verursachen, abgeklärt werden. Wichtige und häufige Ursachen von chronischem Husten sind COPD und Asthma bronchiale, außerdem sollte an medikamenteninduzierten Husten gedacht werden. So tritt unter ACE-Hemmern bei etwa 5 – 10 % der Patienten ein trockener Husten auf. Des Weiteren können oft eine bronchiale Hyperreagibilität, ein UACS (upper airway cough syndrome) oder ein gastroösophagealer Reflux ursächlich sein [3, 4]. Die Differenzialdiagnostik kann dadurch erschwert werden, dass der Husten nicht immer monokausal zu erklären ist.

Nicht alle Ursachen eines chronischen Hustens sind harmlos – gefährliche Verläufe, die bei den Überlegungen zur Differenzialdiagnose bedacht werden müssen, sowie deren Warnzeichen in Anamnese und Befund ("Red Flags") zeigt Tabelle 1.

Welche weiterführende Diagnostik ist sinnvoll?

Anamnese und körperliche Untersuchung erlauben meist eine erste Zuordnung bzw. Verdachtsdiagnose [3, 4]. Hierbei ist die Bedeutung der Raucheranamnese hervorzuheben – Rauchen ist beim chronischen Husten häufig (mit)ursächlich [5]. Ergänzend wird dann weitere gezielte Diagnostik eingeleitet. Um potenziell ernste Differenzialdiagnosen, insbesondere ein Bronchialkarzinom, nicht zu übersehen, empfehlen nationale und internationale Leitlinien nach acht Wochen Husten eine Röntgen-Thorax-Aufnahme [6 – 8]. Ergänzend ist häufig eine Spirometrie sinnvoll, hierdurch lassen sich COPD und Asthma differenzialdiagnostisch voneinander abgrenzen (wichtiges Kriterium ist u. a. die Reversibilität der Obstruktion). Diagnostik und Therapie dieser beiden Erkrankungen werden in den entsprechenden nationalen Versorgungsleitlinien (NVL) ausführlich thematisiert [9, 10]. Bei unserem Patienten zeigen sich im Röntgen-Thorax und in der Lungenfunktionsprüfung keine Auffälligkeiten. Die häufigsten Ursachen, an die der Hausarzt nun differenzialdiagnostisch denken sollte, sind in dieser Situation:

Bronchiale Hyperreagibilität (BHR)

Typisch ist der wochen- bis monatelang anhaltende trockene Husten nach einem initialen respiratorischen Infekt. Begleitsymptome und Fieber bestehen typischerweise nicht und die Lungenfunktion ist unauffällig. Pathophysiologisch existieren Gemeinsamkeiten zum Asthma, deshalb wird gelegentlich auch von "cough variant asthma" gesprochen [11]. In unserem geschilderten Fall sprechen Anamnese und negative bildgebende Diagnostik sowie unauffällige Lungenfunktion für den Verdacht auf eine postinfektiöse BHR.

Upper Airway Cough Syndrome (UACS)

Chronische Reizungen der oberen Atemwege wie Sinusitis und allergische Rhinitis führen über den Mechanismus des "post nasal drip" zu einer Stimulation von Hustenrezeptoren. Zusätzlich zu klinischen Hinweisen wie Räuspern und Nasensekretion können typische Sekretstraßen und eine pflastersteinartige Zeichnung der Rachenhinterwand zu sehen sein [3].

Reflux

Die Diagnose wird dadurch erschwert, dass nicht alle Patienten mit Reflux-bedingtem Husten typische gastrointestinale Symptome wie Sodbrennen und Aufstoßen haben. Die kausalen Zusammenhänge werden teils kontrovers diskutiert [1]. Wenn aber klinische Hinweise vorliegen oder die anderen genannten Diagnosen ausgeschlossen werden konnten, sollte ein Reflux-assoziierter Husten in Betracht gezogen werden [3].

Pragmatisches Vorgehen mit probatorischer Therapie

Das Vorgehen richtet sich danach, welche der genannten Diagnosen dem Hausarzt nach Anamnese und Klinik am wahrscheinlichsten scheint (Algorithmus: vgl. Abb. 1). In der Regel ist keine aufwendige "Bestätigungsdiagnostik" notwendig. Es empfiehlt sich daher ein Therapieversuch "ex juvantibus" mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) [6, 12, 13]. Dieses Vorgehen wäre bei unserem Patienten Herrn B. sinnvoll. Oft tritt eine Besserung bereits innerhalb der ersten ein bis zwei Wochen ein. Falls sich nach sechs bis acht Wochen kein Behandlungserfolg einstellt, ist eine Überweisung zum Pneumologen sinnvoll.

Analog ist bei Verdacht auf UACS eine probatorische Therapie mit abschwellenden Nasentropfen und einem oralen Antihistaminikum der ersten Generation, bei Verdacht auf chronische Sinusitis mit topischen nasalen Steroiden möglich [14]. Bei Verdacht auf einen Reflux-bedingten Husten wird ein Behandlungsversuch mit Protonenpumpenhemmern (PPI) empfohlen, häufig sprechen die Patienten aber erst auf eine Therapie in doppelter Standarddosis über mindestens acht Wochen an [6]. Eine endoskopische oder pH-metrische Diagnostik ist hier primär meist nicht notwendig. Da die genannten probatorischen Therapieansätze den Patienten wenig belasten, kann bei protrahiertem Husten ohne "Red Flags" auf eine aufwendige und teure Diagnostik oder eine Überweisung zum Spezialisten zunächst verzichtet werden.

Wenn der Husten unklar bleibt

Bei 10 – 40 % der Patienten mit chronischem Husten bleibt trotz strukturierter Abklärung die Ursache unklar [1, 15], auch wenn zusätzliche seltenere Ursachen mit abgeklärt wurden (z. B. Pertussis, eosinophile Bronchitis – die hier aus Platzgründen nicht einzeln thematisiert sind). Natürlich sollten solch schwierige Fälle im Verlauf einem pneumologischen Kollegen vorgestellt werden. Aber auch weitere spezielle Diagnostik kann die Hustenursache nicht immer eindeutig feststellen. Rein psychogener Husten ist selten. Ein Erklärungsmodell für einen ungeklärten Husten ist eine Erhöhung der Sensitivität des Hustenreflexes [15], bei welcher dann bereits subklinische Reize Husten auslösen können.

Chronischer Husten kann sehr belastend sein, daher sollten in diesen Fällen Hausarzt und Patient im vertrauensvollen Gespräch individualisierte Konzepte zur Symptombewältigung erörtern. Es können z. B. Psychotherapie, Atemphysiotherapie und Logopädie erwogen werden.


Literatur
1. Chung, KF, Pavord ID (2008) Prevalence, pathogenesis, and causes of chronic cough. Lancet 371:1364-1374
2. Janson C, Chinn S, Jarvis D, et al. (2001) Determinants of cough in young adults participating in the European Community Respiratory Health Survey. Eur Respir J 18:647-654
3. Benich JJ, Carek PJ (2011) Evaluation of the patient with chronic cough. Am Fam Physician 84:887–892
4. Dalal B, Geraci SA (2011) Office management of the patient with chronic cough. Am J Med 124:206–209
5. Boyle R, Solberg L, Fiore M (2014) Use of electronic health records to support smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev 12:CD008743
6. Kardos P, Berck H, Fuchs KH, et al. (2010) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten. Pneumologie 64:336–373
7. Morice AH, McGarvey L, Pavord I (2006) Recommendations for the management of cough in adults. Thorax 61:i1–i24
8. Irwin RS, Baumann MH, Bolser DC, et al. (2006) Diagnosis and management of cough. Executive summary: ACCP evidence-based clinical practice guidelines. Chest 129:1S–23S
9. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (2012) Nationale Versorgungsleitlinie Asthma – Langfassung. Version 1.9. http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/copd – aktuell in Überarbeitung (letzter Zugriff am 20.01.2015)
10. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (2009), Nationale Versorgungsleitlinie Asthma – Langfassung. 2. Aufl. Version 5. http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/asthma (letzter Zugriff am 20.01.2015)
11. Dicpinigaitis PV (2006) Chronic cough due to asthma: ACCP evidence-based clinical practice guidelines. Chest 129:75S–79S
12. Johnstone KJ, Chang AB, Fong KM, et al. (2013) Inhaled corticosteroids for subacute and chronic cough in adults. Cochrane Database Syst Rev 3:CD009305
13. Niimi, A (2011) Cough and Asthma. Curr Respir Med Rev 7:47-54
14. Pratter MR (2006) Chronic upper airway cough syndrome secondary to rhinosinus diseases (previously referred to as postnasal drip syndrome): ACCP evidence-based clinical practice guidelines. Chest 129:63S–71S
15. Irwin RS (2010) Unexplained cough in the adult. Otolaryngol Clin North Am 43:167-80



Autor:

Dr. med. Felix Holzinger MPH

Charité – Universitätsmedizin Berlin
Institut für Allgemeinmedizin
10117 Berlin

Interessenkonflikte: Felix Holzinger: keine deklariert; Sabine Beck: Honorar der DEGAM für redaktionelle Arbeit, Honorar der TGAM (Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin) für Vortrag


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (13) Seite 48-51