Während der Wechseljahre kommt es zu einer Veränderung des Hormonhaushalts der Frau. Die damit einhergehenden klimakterischen Beschwerden sind zwar keine Krankheit, können aber sehr belastend sein. Eine therapeutische Möglichkeit bietet die Traubensilberkerze, besonders zur Linderung von Hitzewallungen und Schweißausbrüchen, aber auch bei psychischen Beschwerden.

Als Droge wird der getrocknete Wurzel stock der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa, Syn. Actaea racemosa) verwendet. Ursprünglich eine Heilpflanze der Indianer Nordamerikas ist die Traubensilberkerze in den Laubwäldern der USA und Kanadas weit verbreitet.

Bis vor einigen Jahren wurde dieser Heilpflanze ein estrogenartiger Wirkungsmechanismus unterstellt und Cimicifuga der Gruppe der Phyto-SERMs (selective estrogen receptor modulators) zugeordnet. Doch In-vitro-Studien zeigten, dass die Wirkung der Cimicifuga-Extrakte nicht über die Estrogenrezeptoren (ERα und ERβ) vermittelt wird. In tierexperimentellen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass sich die Wirkung teilweise über den Serotoninrezeptor entfaltet. Für den im Extrakt befindlichen Inhaltsstoff N-ω-Methylserotonin konnte eine Bindung an den 5-HT7-Serotoninrezeptor sowie eine Blockade der Serotonin-Wiederaufnahme belegt werden. Dieser agonistische Effekt am Serotoninrezeptor führt zu einer Downregulation der im Klimakterium erhöhten Werte beim Luteinisierungshormon (LH). Weiterhin konnte auch eine Bindung am Dopaminrezeptor für Cimicifuga-Extrakt gezeigt werden. Zum therapeutischen Effekt trägt vermutlich außerdem eine Beeinflussung des GABAergen und opioiden Neurotransmitterhaushalts durch Cimicifuga bei.

Zu den pharmakologisch und klinisch sehr gut untersuchten Cimicifuga-Präparaten gehört der nach einem patentierten Verfahren hergestellte Spezialtrockenextrakt BNO 1055. Er ist als pflanzliches Arzneimittel Klimadynon® im Handel. Die hierfür eingesetzten Pflanzen stammen aus kontrolliertem Anbau. Die Herstellung des Extrakts erfolgt schonend bei niedrigen Temperaturen im Vakuum, um die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe im Trockenextrakt zu erhalten. Die HMPC-Monographie der europäischen Zulassungsbehörde EMA bescheinigt dem Cimicifuga-haltigen Extrakt BNO 1055 einen "well established use" für die Indikation "Pflanzliches Arzneimittel zur Linderung von Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen und übermäßiges Schwitzen" [1]. Phytopharmaka mit Cimicifuga-Extrakten sollten ohne ärztlichen Rat nicht länger als sechs Monate eingenommen werden.

Hitzewallungen und Schweißausbrüche durch gestörte Thermoregulation

Der Estrogenabfall im Klimakterium führt über eine vermehrte Ausschüttung von LH zu Störungen im Neurotransmitterhaushalt. So ist der Spiegel von Serotonin und Dopamin erniedrigt, während die Noradrenalinsekretion steigt. Psychische Beschwerden – auch depressiver Natur – haben ihre Ursache meist in einer Neurotransmitter-Dysbalance. Zudem kommt es im Thermoregulationszentrum im Hypothalamus zu einer Erniedrigung des Sollwertes für die Körpertemperatur. Die aktuelle Temperatur wird dann als Überhitzung registriert und der Körper reagiert mit einer Weitstellung der Hautgefäße und Schwitzen. Frauen mit moderaten bis schweren Depressionen berichten doppelt so häufig über Hitzewallungen und nächtliche Schweißausbrüche wie Frauen ohne Depressionen [2].

In tierexperimentellen Studien an kastrierten weiblichen Ratten konnte der Effekt von Cimicifuga auf erhöhte Hauttemperaturen nachgewiesen werden. Der Spezialextrakt BNO 1055 führte bei den Tieren im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einer signifikanten Temperatursenkung.

Wirksam und gut verträglich – auch in der Langzeittherapie

Die Wirksamkeit und Sicherheit von BNO 1055 wurde in mehreren klinischen Studien gezeigt. In eine offene, multizentrische Studie [3] wurden 375 postmenopausale Frauen einbezogen und die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von BNO 1055 bei klimakterischen Beschwerden über einen Zeitraum von zwölf Monaten untersucht. Die Frauen nahmen täglich 2-mal 1 Filmtablette Klimadynon® ein. Die Wechseljahrsbeschwerden der Frauen und ihre Veränderungen während der zwölf Monate wurden bei den regelmäßig stattfindenden Visiten mittels der Menopause-Rating-Scale II (vgl. Tabelle) erfasst. Die Häufigkeit und Schwere der Hitzewallungen wurden zusätzlich täglich in einem Patientinnentagebuch festgehalten.

Nach zehn Wochen Therapie beobachteten die Prüfärzte eine signifikante Abnahme der klimakterischen Beschwerden, wobei die Therapieerfolge während der ganzen Studiendauer anhielten. Am Ende der Studie konnten die Prüfärzte gegenüber den Ausgangswerten eine signifikante Reduktion der klimakterischen Symptome um 50 % feststellen. Bei Hitzewallungen wurde sogar ein signifikanter Rückgang um 80 % beobachtet. Die mehrfach durchgeführten Messungen der Endometriumdicke ergaben weder eine Zunahme der Dicke noch Hinweise auf eine Endometriumhyperplasie. Durch mammographische Untersuchungen konnte auch ein Einfluss des Prüfpräparates auf die Dichte des Brustgewebes ausgeschlossen werden.

In einer weiteren Langzeitstudie mit Klimadynon® über ein Jahr [4] ergaben Leberfunktionstests keinen Hinweis auf leberschädigende Effekte. Auch in dieser Studie einer Langzeiteinnahme hat sich das Phytopharmakon als wirksam und gut verträglich erwiesen. Diese Studienergebnisse lassen den Schluss zu, dass der Spezialextrakt BNO 1055 eine wirksame und unbedenkliche Alternative zur Hormonersatztherapie darstellt.


Literatur:
1. HMPC Monographie Cimicifuga
2. Beilage in Frauenarzt, 52. Jahrgang, Januar 2011
3. Raus K et al. First-time proof of endometrial safety of the special Black cohosh extract (Actaea racemosa or Cimicifuga racemosa extract) CR BNO 1055, Menopause 2006, 13; 1-14
4. Nasr A, Nafeh H. Influence of black cohosh (Cimicifuga racemosa) use by postmenopausal women on total hepatic perfusion an liver functions. Fertil Steril 92(5) (2009): 1780-1782


Autor:

Ernst-Albert Meyer

Fachapotheker für Offizin-Pharmazie und Medizin-Journalist
31840 Hessisch Oldendorf

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (6) Seite 45-46