Die Anzahl der Patient:innen, die an einem Bauchaortenaneurysma erkranken, nimmt seit Jahren zu. Die Gefäßaussackung selbst macht in der Regel keine Symptome, weist aber mit zunehmender Größe ein sehr hohes Risiko einer Ruptur auf. Die meisten Patient:innen versterben, wenn das Bauchaortenaneurysma reißt. Daher können Screeninguntersuchungen lebensrettend sein.

Albert Einstein starb daran, ebenso Thomas Mann oder Charles de Gaulle. Die Mortalität einer präklinischen Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas liegt bei ca. 90%. Schaffen es die Patientennoch in den Operationssaal, dann sterben im Stadium der Ruptur noch etwa 20% bis 70%. Wurde das Bauchaortenaneurysma jedoch rechtzeitig erkannt und die Patient:innen der Gefäßversorgung elektiv zugeführt, sinkt die Mortalität auf ca. 1–5%.

Unter einem abdominellen Aortenaneurysma (AAA) versteht man das Aussacken der Gefäßwand der Hauptschlagader des Bauchraumes (Abb. 1). Am häufigsten tritt das AAA infrarenal auf, also unterhalb des Abganges der Nierenarterien. Etwa 250.000 Menschen leiden in Deutschland an einem AAA. Bis zu 10.000 Menschen versterben jährlich daran.

Schleichende Gefahr

Ein AAA wird meistens von den Betroffenen nicht bemerkt, das Fortschreiten der Erkrankung kann völlig schmerzlos erfolgen. Warnsignale gibt es kaum oder werden übersehen.

So sind 30 bis 60% der Fälle asymptomatisch, zeigen sich jedoch Symptome, erscheinen diese häufig als unspezifische Bauch- oder Flankenschmerzen, gelegentlich wird eine pulsierende Bauchgeschwulst bemerkt. Manchmal werden auch ischialgiforme Beschwerden, Obstipation, Erbrechen oder auch fehlender Appetit benannt. So gibt es nur selten ein typisches klinisches Zeichen, das auf eine drohende Bauchaortenruptur hinweisen könnte. Und falls der Patientvon Symptomen berichtet, werden diese oft fehlinterpretiert.

Die Hauptrisikofaktoren sind neben dem männlichen Geschlecht die kardiovaskulären Risikofaktoren wie das Alter, Nikotinabusus und die arterielle Hypertonie. Aber auch Übergewicht und Diabetes mellitus können die Ausbildung eines AAA begünstigen. In wenigen Fällen liegen andere Krankheitsbilder wie Bindegewebserkrankungen zugrunde, beispielsweise das Marfan-Syndrom oder das Ehlers-Danlos-Syndrom, mit einer hohen Rate der Patienten, die an einem AAA leiden. Eine familiäre Disposition erhöht das Risiko, selbst an einem AAA zu erkranken. Auch können Infektionen das Entstehen eines AAA begünstigen.

Mehr als 90% der Patient:innen mit AAA weisen weitere vaskuläre Krankheitsbilder auf wie eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, eine koronare Herzerkrankung oder eine zerebrovaskuläre Erkrankung aufgrund der in den meisten Fällen gemeinsam zugrunde liegenden Arteriosklerose, so dass gerade bei diesen Patientenein systematisches Screening durchgeführt werden sollte.

Der normale Durchmesser der Bauchaorta liegt bei ca. 1,2 bis 2,4 cm, ab 2,5 cm spricht man von einer Aortenektasie. Von einem echten Aneurysma der Bauchschlagader spricht man, wenn der Durchmesser des Gefäßes über 3 cm liegt, also etwa das 1,5-Fache des Normaldurchmessers. Die Rupturgefahr steigt mit dem Durchmesser, das Risiko einer Ruptur liegt bei 2 – 4% bei Aneurysmen unter 5 cm, steigt ab 5 cm dann rapide auf 25% an und beträgt bei Aneurysmen mit einem Durchmesser von über 7 cm etwa 75%.

Screening

Patient:innen, die ein Screening der Bauchaorta erhalten sollten, sind aufgrund ihres erhöhten Risikos nach den Leitlinien alle Männer ab 65 Jahren, Frauen ab 65 Jahren mit positiver Nikotinanamnese und alle Patienten mit Geschwistern 1. Grades, die an einem AAA leiden. Nichtraucherinnen mit fehlender Familienanamnese müssen einer Screening-Untersuchung nicht zugeführt werden.

Männer sind fünfmal häufiger betroffen als Frauen. Ist ein AAA festgestellt worden, sollten die Kontrolluntersuchungen für Männer und Frauen in unterschiedlichen Überwachungsintervallen erfolgen. Mit fortschreitender Größe steigt das Risiko von Frauen, an einer Ruptur der Aorta zu versterben, über das der Männer. Daher werden Frauen mit zunehmendem Durchmesser des AAA engmaschiger überwacht.

Überwachungsintervalle Männer:

  • Alle zwei Jahre für AAA mit einem Durchmesser von 3,0 – 3,9 cm
  • Einmal jährlich für AAA mit einem Durchmesser 4,0 – 4,9 cm
  • Alle sechs Monate für AAA mit einem Durchmesser 5,0 – 5,4 cm

Überwachungsintervalle Frauen:

  • Alle zwei bis drei Jahre für AAA mit einem Durchmesser von 3,0 – 3,9 cm
  • Alle sechs Monate für AAA mit einem Durchmesser von 4,0 – 4,5 cm
  • Alle drei Monate für AAA mit einem Durchmesser von > 4,5 – 4,9 cm

Bildgebung

Methode der Wahl ist die Ultraschalluntersuchung als einfache B-Bildsonografie in Echtzeittechnik, welche unkompliziert und kostengünstig ist. Gemäß den Leitlinien wird die Aorta in transversaler Ebene und in AP-Ebene in ihrem größten Durchmesser orthogonal vermessen (Abb. 2). Weiterhin sollte der Bezug zu den Nierenarterien dargestellt und die Iliakalbifurkation beurteilt werden. Das sog. Leading-Edge-Messverfahren liefert dabei die treffsichersten Ergebnisse. Bestenfalls wird vom Außenwandreflex zum gegenüberliegenden Innenwandreflex gemessen, d.h. vom äußeren Beginn des echoreichen Wandreflexes zum lumennahen Reflexpunkt der Gegenseite in senkrechter Messung und im rechten Winkel zur Längsachse des Gefäßes. In unklaren Fällen ist die computertomografische Angiografie die alternative Untersuchungsmethode.

Konservative Therapie

Die konservative Therapie besteht zunächst in der absoluten Nikotinkarenz. Ein Nikotinstopp kann das Risiko für ein Auftreten um fast 30 % senken und bei bereits bestehendem AAA das Rupturrisiko bis um die Hälfte reduzieren. Dazu profitieren Patient:innen mit einem AAA von einer adäquaten Blutdruckeinstellung und von einer Statintherapie, falls keine Kontraindikationen bestehen. Bei gleichzeitig vorhandener koronarer Herzkrankheit sollten auch Patienten mit einem AAA Thrombozytenaggregationshemmer empfohlen werden.

Invasive Therapie

Eine invasive Therapie des AAA wird für Frauen aufgrund ihres erhöhten Ruptur- und Sterberisikos ab einer Größe von 5 cm erwogen. AAA bei Männern können bis zu einer Größe von 5,4 cm beobachtet werden, ab einem Durchmesser von 5 cm sollten auch Männer gefäßchirurgisch vorgestellt werden. Eine Größenzunahme von 1 cm in einem Jahr stellt unabhängig von der Größe oder dem Geschlecht eine Indikation zur operativen oder endovaskulären Versorgung dar.

Die operative Versorgung erfolgt seit etwa 50 Jahren mit Einlage einer Prothese, die als eine Art neue Innenwand eingenäht wird. Seit fast 20 Jahren besteht auch die Möglichkeit der endovaskulären Ausschaltung des Bauchaortenaneurysmas (EVAR).

Zusammenfassung:

Patienten, die an einem Bauchaortenaneurysma leiden, treten seit Jahren mit steigender Prävalenz auf, so dass die Anzahl dieser Patienten:innen in den hausärztlichen Praxen auch in Zukunft zunehmen wird. Da das Risiko einer potenziellen Ruptur sehr hoch ist, bietet das Screening eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit, diese Patientenfrühzeitig zu erkennen, rechtzeitig zu behandeln und so Leben zu retten.

Wichtig für die Sprechstunde
  • Die Ruptur eines bislang unerkannten Bauchaortenaneurysmas endet in ca. 90% tödlich.
  • Mit fortschreitender Größe steigt das Rupturrisiko.
  • Je nach Größe sollten regelmäßige Kontrollen stattfinden und man sollte ggf. operieren.


Autorin

© privat
Dr. Britta Bozzi

Fachärztin für Allgemeinmedizin
MVZ Gefäßzentrum am Rudolfplatz
50674 Köln
Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.



Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (7) Seite 40-42