Seit dem 1. September 2016 gibt es die neuen "Gelben Hefte" für die Früherkennungsuntersuchungen beim Kind. Seit dem 1. Januar 2017 sind diese auch verbindlich. Eine wichtige Änderung der Kinderrichtlinie betrifft die Früherkennung von Sehstörungen im Kindesalter: Der sogenannte Durchleuchtungstest nach Brückner wird nun verpflichtend in der neuen Kinderrichtlinie für die U-Untersuchungen 4 bis 7 aufgeführt. Das Besondere: Hausärzte oder Kinderärzte können diese Untersuchung ebenso zuverlässig, schnell und ohne großen Aufwand vornehmen wie Ophtalmologen.

Die Amblyopie (Schwachsichtigkeit) tritt in Deutschland mit 5 % im Kindesalter recht häufig auf und ist irreversibel, wenn die Ursachen nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden. In über 90 % der Fälle sind ein Strabismus (Schielen) oder eine Fehlsichtigkeit ursächlich. Um eine frühzeitige Diagnose solcher Sehstörungen sicher zu stellen, wurden in der neuen Kinderichtlinie bestimmte Untersuchungsbestandteile bei Augenuntersuchungen und Sehtests standardisiert. So soll der Durchleuchtungstest nach Brückner (kurz: Brückner-Test) solange verpflichtend durchgeführt werden, bis zuverlässig monokulare und Stereotests möglich sind, was meist ab der U7 / U7a / U8 der Fall ist.

Schnelle Durchführung

Auch für Hausärzte ist diese Untersuchung ohne großen Aufwand durchzuführen und liefert einfach und schnell deutliche Hinweise auf zentrale Augenhintergrundveränderungen, bestimmte Formen der Fehlsichtigkeit und visusrelevante Katarakte (Trübung der Augenlinse). Die Befunde müssen dann durch einen Ophtalmologen weiter abgeklärt und sicher diagnostiziert werden.

Alles, was der Arzt für den Brückner-Test benötigt, ist ein direktes Ophtalmoskop. Mit diesem werden beide Augen des Kindes, zunächst aus kurzer Distanz von 0,2–0,5 m, beleuchtet und vom Arzt durch das Einblickfenster des Ophtalmoskops gleichzeitig betrachtet und verglichen. Durch Verwendung des direkten Ophtalmoskops wird die wichtigste Voraussetzung für ein verlässliches Testergebnis erfüllt: Die Richtung, aus der der Arzt in die Augen des Kindes blickt, muss mit der Beleuchtungsrichtung übereinstimmen.

Von nah und fern beleuchten

Das Kind muss die Lichtquelle fixieren. Hierdurch fällt das Licht durch die Pupille auf den roten Augenhintergrund und wird von dort reflektiert – dies ist durch das rote Pupillenleuchten, den sogenannten Rotreflex deutlich zu beobachten. Normalerweise ist der Augenhintergrund zweier gesunder Augen identisch, so dass das Licht von beiden Augen in gleicher Weise reflektiert wird (Abb. 2a). Schon diskrete Seitenunterschiede sind als pathologisch zu werten. So wird z. B. durch eine Linsentrübung (Katarakt) sowohl das einfallende als auch das reflektierte Licht gestreut, was durch ein getrübtes Pupillenleuchten oder eine Verschattung zu erkennen ist (Abb. 2b). Bei manifestem Schielen ist der Rotreflex am schielenden Auge in der Regel geringfügig heller (Abb. 2c). Fehlsichtigkeiten wie Weitsichtigkeit (Hypermetropie) oder höhere Kurzsichtigkeit (Myopie) können i. d. R. erst aus einer Entfernung von 3–4 m sichtbar werden. Sie sind gekennzeichnet durch einen schwächeren Rotreflex verglichen mit dem Pupillenleuchten aus geringem Abstand oder dem einer "normalsichtigen" Person aus der gleichen Entfernung. So kann bei Unsicherheit z. B. auch mit dem Pupillenleuchten der Mutter, auf dessen Schoß das Kind während des Tests sitzt, verglichen werden (mit Brille, falls vorhanden). Auffällige Befunde sollten noch am gleichen oder am folgenden Tag dem Augenarzt vorgestellt werden.

Genauere Informationen zur Durchführung des Brückner-Tests finden Sie hier


Literatur:
1) Gräf M, Dtsch Arztebl 2007; 104 (11): A 724–729


Autorin:
Yvonne Schönfelder


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (2) Seite 62-63