Immer mehr Tests auf SARS-CoV-2 werden pro Tag durchgeführt, insgesamt deutlich über eine Million (Stand 7.4.2020). Deutschlands Labore arbeiten unter Hochdruck. Noch sind genügend Kapazitäten vorhanden. Doch das Standardverfahren – der klassische PCR-Test aus Abstrichmaterial – braucht Zeit, bis das Ergebnis vorliegt. Können neue Schnelltests, die von verschiedenen Anbietern gerade auf den Markt drängen, die Situation verbessern? Und welchen Stellenwert haben Antikörpertests?

Die Akkreditierten Labore in der Medizin – ALM e.V. geben derzeit wöchentlich Auskunft über die aktuellen Zahlen zur Dia
gnostik im Rahmen der Corona-Pandemie. Von ihnen stammen 85 bis 90 % der an das RKI gelieferten Daten. Am 7.4. erklärte Dr. Michael Müller, 1. Vorsitzender des ALM e.V., im Rahmen einer Online-Pressekonferenz, dass in der Kalenderwoche 14 (30.3. – 5.4.) von insgesamt 100 teilnehmenden Laboren 332.444 Tests und damit 18.457 mehr als in Kalenderwoche 13 stattgefunden hätten. Damit fiel der Anstieg der durchgeführten Tests deutlich milder aus als in den Wochen davor. 9,2 % der getesteten Proben waren positiv (vgl. Tabelle 1).

Testkapazitäten reichen aus

Die Testkapazitäten der Akkreditierten Labore wurden ausgebaut (Tabelle 2) und liegen derzeit bei knapp 100.000 Tests pro Tag, was für die derzeit angeforderten Tests auf jeden Fall locker ausreicht, erklärte Evangelos Kotsopoulos, ALM-Vorstand. Voraussetzung ist allerdings, dass es keine Engpässe bei der Zulieferung der Diagnostika gibt und dass die Teststrategie so bleibt wie bisher. Das RKI empfiehlt einen Test auf SARS-CoV-2 bisher nur bei

  • akuten respiratorischen Symptomen und Kontakt zu einem bestätigten Fall
  • Personen auch ohne Kontakt, aber mit klinischen oder radiologischen Hinweisen auf eine virale Pneumonie ohne Alternativdiagnosen
  • akuten respiratorischen Symptomen und Tätigkeit in der Pflege, in einer Arztpraxis oder im Krankenhaus
  • respiratorischen Symptomen als Angehöriger einer Risikogruppe.

Bislang werden asymptomatische Personen in der Regel nicht getestet. Auch regelmäßige, bestenfalls tägliche Tests bei Angehörigen von Gesundheitsberufen, wie es von einigen Seiten gefordert wird, finden nicht statt. Wollte man das tun, würden die Labore dann doch an ihre Grenzen kommen.

Neue Testverfahren nötig?

Davon abgesehen kann bekanntermaßen nicht jeder Patient, bei dem ein Test indiziert ist, auch tatsächlich zeitnah ein Testergebnis erhalten – sei es wegen mangelnder Logistik vor Ort oder längerer Transportwege der Probe.

Welche Alternativen gibt es, um mehr Menschen pro Zeiteinheit testen zu können oder schneller ein Testergebnis zu erzielen? Auf diese Fragen scheinen verschiedene Firmen eine Antwort gefunden zu haben und bringen im Eilverfahren neue Tests auf den Markt. Dar
über hinaus sollen möglicherweise demnächst verstärkt Antikörpertests zum Einsatz kommen. Was leisten die verschiedenen Verfahren? Ein Überblick:

Der Klassiker

Im Standardverfahren, der RT-PCR, wird zunächst die Virus-RNA in DNA übersetzt (Reverse Transkription), in einem zweiten Schritt findet die Amplifikation von DNA durch die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) statt. Die RT-PCR ist ein sehr empfindlicher Test und spricht schon auf geringe Mengen Virus-RNA an. Das Ergebnis liegt in vier bis fünf Stunden vor. Allerdings erfordert das Verfahren mehrere zeitaufwendige Arbeitsschritte im Labor – so muss z. B. die Virus-RNA aus dem Abstrich befreit und gereinigt und die Probe mehrmals erhitzt und wieder abgekühlt werden [1]. Außerdem muss die Probe zuerst von der Praxis bzw. Teststelle ins Labor gelangen, so dass der Patient mitunter ein bis zwei Tage auf sein Ergebnis warten muss.

Neue molekulare Schnelltests

Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat z. B. die Firma Bosch Healthcare Solutions in Zusammenarbeit mit der nordirischen Firma Randox Laboratories einen Schnelltest entwickelt, der mit Kartuschen arbeitet. Dabei wird die mittels Abstrich entnommene Probe direkt in die Kartusche gegeben, die bereits sämtliche für den Test erforderlichen Reagenzien enthält. Außerdem könne mit dem neuen Test gleichzeitig auf zehn verschiedene Virenarten von viralen Atemwegserkrankungen mit ähnlichen Symptomen getestet werden, verspricht die Firma [2]. Auf diese Weise ließen sich mit einem speziellen automatisierten und leicht bedienbaren Analyse-Gerät bis zu zehn Tests pro 24 Stunden durchführen. Das Ergebnis liege in weniger als 2 ½ Stunden vor. Das klingt jetzt zwar immer noch nicht gerade rasant, aber da die Analyse vollautomatisiert abläuft, hätte das Labor-Personal, während der Test läuft, Zeit für andere Dinge. Laut Bosch wäre das Verfahren, da es so einfach ist, auch für Krankenhaus- oder Arztpraxispersonal geeignet. Transportwege für die Probe könnten so entfallen.

Doch es geht noch schneller. Abbott Laboratories hat in den USA bereits im Schnellverfahren die Marktzulassung für einen molekularen Schnelltest erhalten, der das Testergebnis in längstens 13 Minuten liefern soll (im positiven Fall sogar in nur 5 Minuten) und ebenfalls für Arztpraxen geeignet sein soll. Das Testgerät hat laut Abbott die Größe eines kleinen Toasters und ist leicht zu transportieren [3].

Ebenfalls im Schnellverfahren von der FDA zugelassen wurde ein molekulares Testverfahren der Firma Roche. Die cobas® 6800/8800 Systeme von Roche, die für die Durchführung des SARS-CoV-2-Tests verwendet werden, liefern Ergebnisse für die ersten 96 Tests nach drei Stunden, so der Hersteller, Zeiten für höhere Probenmengen würden vom System abhängen. Der Test sei darauf angelegt, große Probenmengen in kurzer Zeit analysieren zu können [4].

Das US-Unternehmen Cepheid wirbt dafür, dass ihre PCR-Analysegeräte das Testergebnis binnen 45 Minuten "ausspucken" [5].

Einen neuen Weg in Sachen Geschwindigkeit haben Frankfurter Forscher beschritten. Experten des Deutschen Roten Kreuzes und des Instituts für Medizinische Virologie haben ein Verfahren – Mini-Pools genannt – entwickelt, mit dem man fünf Proben gleichzeitig testen kann. Ist das Ergebnis des Pools negativ, gilt das für alle Proben. Nur bei einem positiven Ergebnis müssen die Proben einzeln nachuntersucht werden [6]. Der Pooltest ist allerdings nur sinnvoll bei Gruppen mit einer geringen Infektionswahrscheinlichkeit, also vor allem bei symptomlosen Personen, die regelmäßig getestet werden sollen, wie medizinisches Personal oder Heimbewohner.

Wie valide sind die neuen Tests?

Bei dieser verwirrenden Vielfalt an Testverfahren, deren Aufzählung noch nicht einmal Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, drängt sich die Frage nach der Zuverlässigkeit der einzelnen Verfahren auf, zumal die Zulassung oft in Windeseile erfolgte. Dazu bemerkt das Paul-Ehrlich-Institut, dass derzeit alle COVID-19-Tests der EU-Richtlinie über In-vitro-Diagnostik unterliegen, die deren Marktzulassung regelt. Danach "können die Hersteller die COVID-19-Tests als "IVD niedrigen Risikos" noch selbst zertifizieren und auf eine unabhängige Überprüfung der Tests verzichten, bevor sie auf den Markt gebracht werden" [7]. Die Validierung der Tests sei daher nicht gesichert, bemängelt das Bundesinstitut. Das soll sich in der künftigen IVD-Verordnung ändern, aber erst in zwei Jahren.

Antikörpertests

Seit einigen Wochen wird diskutiert, eine SARS-CoV-2-Infektion mit Hilfe von Antikörpertests nachzuweisen. In wissenschaftlichen Einrichtungen und Routinelabors sind diese Tests nun seit Kurzem erhältlich. Sie werden bislang aber nur im Rahmen von Studien oder in bestimmten Indikationen – z. B. bei nicht eindeutigem Ergebnis des PCR-Tests – eingesetzt, so ALM-Vorstandsmitglied Kotsopoulos. Für den breiten Einsatz hält er sie für ungeeignet. Zum einen könne man damit ja nur eine durchgemachte und keine akute Infektion feststellen. Zudem sei noch unklar, ob ein Antikörpernachweis gleichbedeutend sei mit einer erlangten Immunität, dazu seien weitere Studien notwendig. Außerdem müsse befürchtet werden, dass es Kreuzreaktionen mit anderen Coronaviren geben könnte, der Test also nicht spezifisch genug ist.


Literatur
1) https://www.spektrum.de/news/wie-funktionieren-die-neuen-corona-tests/1718968
2) https://www.bosch.com/de/stories/vivalytic-covid-19-schnelltest/
3) https://www.abbott.com/corpnewsroom/product-and-innovation/abbott-launches-novel-coronavirus-test.html
4) https://www.roche.de/medien/meldungen/schneller-nachweis-des-neuartigen-coronavirus-5114.html
5) https://www.cepheid.com/coronavirus
6) https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/pool-testen-von-sars-cov-2-proben-erhoeht-die-testkapazitaet-weltweit-um-ein-vielfaches/
7) https://www.pei.de/DE/newsroom/hp-meldungen/2020/200323-covid-19-nat-tests.html



Autorin:
Dr. med. Vera Seifert



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (8) Seite 36-38