Neben primären Wunden sind in der Allgemeinarztpraxis auch sekundär heilende Wunden zu versorgen. Therapieresistente beziehungsweise chronische Wunden gehen häufig mit einer hohen Keimbelastung einher. Die Heilung kann dann nicht innerhalb von acht Wochen erfolgen. Die Ausprägungen derartiger Problemwunden sind vielfältig, mit modernen Wundauflagen heute aber gut behandelbar.
Häufig sind multimorbide Patient:innen von komplizierten Wunden betroffen (Abb. 1). Alle individuellen Einflussfaktoren müssen daher in einer adäquaten Kausaltherapie berücksichtigt werden. Parallel dazu erfolgt die Lokaltherapie der Wunde mit spezifischen Behandlungsschritten und Wundversorgungsprodukten. Als systemisch relevante Einflussfaktoren gelten etwa Fehl- und Mangelernährung, eingeschränkte Mobilität, Stoffwechselstörungen, unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen, das biologische Alter und Störungen des Herz-Kreislauf-Systems. Zu den lokalen, wundheilungshemmenden Einflussfaktoren zählen Druckschädigungen, Effekte von Scherkräften, Infektionen, Dehydratation, Wunddehiszenzen, Nekrosen oder individuelle Manipulationen.
Krankheitsbilder der Wundversorgung
Die häufigsten Ursachen für komplizierte und chronische Wunden sind CVI (chronisch venöse Insuffizienz) und pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit) infolge venöser oder arterieller Durchblutungsstörungen, DFS (diabetisches Fußsyndrom) infolge von Diabetes mellitus oder Dekubiti (Druckgeschwüre, am häufigsten im Sakralbereich oder an der Ferse) infolge von Druck und/oder Scherkräften.
Adäquate Versorgung von Wunden
Ohne konsequente Maßnahmen in der Kausaltherapie hat die anschließende, lokale Wundversorgung keine Aussicht auf Erfolg und moderne Wundauflagen wären wirtschaftlich nicht vertretbar. Zunächst erfolgt das Débridement (die Abtragung von avitalem Gewebe, Belägen und/oder Entfernung von Fremdkörpern mittels unterschiedlicher Techniken), im nächsten Schritt die Reinigung oder Dekontamination der Wunde. Hierfür wendet man – je nach Grad der Verunreinigung – verschiedene Verfahren an. Wird ein Antiseptikum oder eine antiseptische Wundspüllösung eingesetzt, muss bei der späteren Wundabdeckung auf die Beibehaltung der antiseptischen Wirkstoffidentität geachtet werden. Unterschiedliche antiseptische Substanzen (z.B. Octenidindihydrochlorid, PVP-Iod, Polyhexanid, Silber) dürfen nicht unmittelbar miteinander kombiniert oder gemischt werden. Anschließend erfolgt eine detaillierte Wundbeurteilung. Zur Evaluation werden Wundgröße, -tiefe, -grund, -rand, -umgebung und Quantität beziehungsweise Qualität des Exsudats herangezogen. Inflammations- und Infektionszeichen sind zu berücksichtigen.
Moderne Wundauflagen wirtschaftlich einsetzen
Vor allem bei komplizierten, chronischen Wunden sollte eine moderne Wundauflage, in Abhängigkeit von der Heilungsphase, diverse Kriterien erfüllen. Eine wirtschaftliche und anwenderfreundliche Wundversorgung lässt sich sehr gut mit wundphasenübergreifenden Produkten erzielen. Auch empfiehlt es sich, möglichst nicht mehr als ein bis zwei Produkte pro Wunde einzusetzen. Verbandmittel sind Medizinprodukte und keine Hilfs- oder Arzneimittel und bei medizinischer Erfordernis über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu verordnen. Sie sind jedoch richtgrößenrelevant und unterliegen dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Abhängig von der Art der Wunde setzt man heute Wundversorgungsprodukte ein, welche die Heilung signifikant beschleunigen können. Eine kostenbewusste, ärztliche Verordnung nach den Vorgaben des § 9 der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) bedeutet: Es wird diejenige Behandlungsstrategie gewählt, die bei Berücksichtigung von Tagestherapiekosten und Gesamtbehandlungsdauer am wirtschaftlichsten ist. Bei therapeutisch gleichwertigen Darreichungsformen oder Produkten sollte entsprechend den regulativen Vorgaben das preisgünstigste Angebot gewählt werden, sofern keine medizinischen Gründe dagegensprechen.
Bei der Wundbehandlung zulasten der GKV müssen immer die Erfordernisse der Wundsituation und die Wirtschaftlichkeit (§ 12 SGB V i. V. m. § 9 AM-RL) berücksichtigt werden. Deshalb sind neben der Festlegung auf ein konkretes Produkt auch Verordnungsmengen, Packungsgrößen und Wechselintervalle moderner Wundauflagen entscheidend.
- Einfache Handhabung und universelle Einsetzbarkeit (wundphasenübergreifend)
- Zuschneidbar und Adaption an anatomische Konturen
- Sterile und hypoallergene Beschaffenheit
- Gewährleistung einer atraumatischen, rückstandslosen Entfernung
- Direkter Kontakt mit dem Wundgrund
- Gewährleistung eines Gasaustauschs, d. h. Vermeidung einer Okklusion
- Aufnahme bzw. Weiterleitung des überschüssigen Exsudats
- Erhalt eines optimalen, physiologischen Feuchtigkeitsmilieus
- Gutes Absorptions-, Retentions- und Rehydrierungsvermögen
- Multifunktionelle, synergetische Eigenschaften (z. B. reinigen, dekontaminieren, aktivieren)
- Schutzfunktion: Druck, Dehydratation, Trauma, Fremdpartikel, Sekundärinfektion
- Unterstützung der autolytischen Wundreinigung
- Wundheilungsfördernde (aktive) Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen
- Verwendung nichttoxischer Materialien
- Thermische Isolierung (Verhinderung des Wärmeverlusts)
- Gewährleistung der Wundruhe durch lange Wechselintervalle
- Wenige Verbandswechsel, effiziente Packungsgrößen
- Wirtschaftliche Gesamttherapiekosten (Drittvergleich)
Die verordnende Ärzt:in muss also abwägen, ob der Einzelpreis eines Produkts möglichst niedrig sein sollte oder es bei gegebener Indikation nicht deutlich effektiver und wirtschaftlicher wäre, von Anfang an mit einer modernen, universellen Wundauflage zu agieren. Heute gibt es ein breites Spektrum an Produkten. Neben einer überzeugenden Wirksamkeit muss eine universell einsetzbare Wundauflage möglichst viele weitere Anforderungen erfüllen. Hierzu zählen die Option der Größenanpassung an die Wunde oder multifunktionelle Eigenschaften, wie hohe Saugfähigkeit, Antiseptik und Aktivierung der Wundheilung.
Adhäsive Fähigkeiten einer primären Wundauflage erleichtern das Handling und sind beim Anlegen des Sekundärverbands sehr hilfreich. Auch der verringerte Arbeitsaufwand infolge reduzierter Verbandswechsel sowie die Kombinationsmöglichkeit mit preiswerten Sekundärverbandsstoffen können wichtige Features einer modernen Wundauflage sein. Besonders vorteilhaft erscheinen multifunktionelle Produkte mit synergetischen, aktiven Wirkstoffkombinationen, da man sie wundphasenübergreifend einsetzen kann. Unwirtschaftliche, der jeweiligen Wundheilungsphase angepasste Produktwechsel sind damit obsolet.
Der Einsatz von Hyaluronsäure
Nachfolgend möchte ich eine dreischichtige, multifunktionelle Wundauflage vorstellen (Abb. 2). Durch die Verbindung von Natriumhyaluronat (Hyaluronsäure, Hyaluron) mit antiseptischem Agens Octenidindihydrochlorid (Octenidin) lässt sich diese Wundauflage schon sehr früh in der lokalen Therapie einsetzen – wenn die Wunde noch bakteriell belastet ist. Ihre Aktivschicht hat zudem adhäsive Eigenschaften und haftet bereits beim Auflegen von selbst auf der Wunde an. Zudem verfügt sie über eine Reinigungsschicht für ein mechanisches Débridement oder das Entfernen der Beläge. Die dritte, äußere Transferschicht leitet überschüssiges Exsudat in einen Sekundärverband ab.
- Silberhaltige Wundauflagen
- Antiseptikahaltige Wundauflagen
- Cavity-Produkte
- Hydrogele und Hydrogel-Verbände
- Hydrokolloid-Verbände
- Imprägnierte Wundgazen
- Interaktive Wundauflagen
- Superabsorbierende Verbände, Saugkompressen
- Schaumstoffverbände
- Alginate
- Wunddistanzgitter (hydroaktiv, mit Silikon)
- Wundfolien
- Wirkstoffhaltige Wundauflagen
- Aktivkohleverbände
Der Vorteil dieser Wundauflage: Bei initialer Verwendung eines Antiseptikums oder einer Wundspüllösung mit Octenidin lässt sich eine gleichbleibende, antimikrobielle Wirkstoffidentität sicherstellen. Die hohe Hyaluronsäure-Konzentration ermöglicht zudem eine starke, wundheilungsfördernde Wirkung. Dadurch steigt die Abheilungsrate und die Wundheilung wird beschleunigt. Die Narbenbildung fällt zudem moderater aus.
Hyaluronsäure aktiviert verschiedene Zellprozesse und hat ein intensives regeneratives Potenzial bei epidermaler Proliferation und dermaler Erneuerung. Sie triggert die Makrophagenantwort und induziert die Angiogenese des verletzten Gewebes, stimuliert die Fibroblasten-Proliferation während der gesamten Heilung und unterstützt den Aufbau extrazellulärer Matrix. Hyaluronsäure reguliert zudem die Zellwanderung und ist gut verträglich. Auffallende Nebenwirkungen sind bisher nicht bekannt. Kombinationsprodukte auf Hyaluronsäure-Basis liegen mittlerweile auf dem gleichen Preisniveau wie Produkte mit physikalischen Eigenschaften oder mit Wirkstoffen auf Silberbasis. Durch den antiseptischen Bestandteil lassen sie sich jedoch wundphasenübergreifend anwenden, selbst bei infizierten Wunden.
- Die häufigsten Ursachen für komplizierte und chronische Wunden: CVI, pAVK, DFS und Dekubitus.
- Besonders bei multimorbiden Patient:innen ist eine Kausaltherapie unverzichtbar.
- Eines der wichtigsten Kriterien bei der Wundauflage: einfache Handhabung und universelle Einsetzbarkeit (wundphasenübergreifend).
- Antiseptische Wundauflagen mit Hyaluronsäure sind früh einsetzbar.

Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.
Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (6) Seite 40-42