Die Abdomensonografie gilt als nichtinvasives und kostengünstiges Diagnoseinstrument, das auch in der Hausarztpraxis häufig zum Einsatz kommt. Welche Einsatzmöglichkeiten beim alten Menschen im Vordergrund stehen und was die Ultraschalluntersuchung im Einzelnen leisten kann, lesen Sie im folgenden Beitrag.
Eine generelle Empfehlung für die nicht indikationsbezogene Abdomensonografie bei internistischer Diagnostik – ob durch den Hausarzt oder in der Klinik – wird heute in der Literatur nicht mehr gegeben. In einer englischen Studie (1990) ist die komplette, symptomunabhängige Ultraschalluntersuchung des Abdomens und des Beckens als Grundlage für die weitere Diagnostik noch befürwortet worden [1]. Andere Autoren äußerten sich damals schon kritischer, vor allem wegen des "Kostendrucks" und der "Überdiagnostik" [2]. Der großzügige Gebrauch der Abdomensonografie wird jedoch immer wieder propagiert – idealerweise "als Fortsetzung der körperlichen Untersuchung mit anderen Mitteln" [3, 4].
H. Stege konnte zeigen, dass deren routinemäßiger Einsatz als reine Screeninguntersuchung in der Geriatrie ihren Stellenwert hat. So hatte annähernd jeder fünfte Patient pathologische Befunde, die diagnostische oder therapeutische Konsequenzen nach sich zogen [5].
Beim alten Patienten sollte man allerdings immer die Anwendbarkeit dieser Untersuchung beachten (ggf. multiple Vorerkrankungen/Voroperationen, schlechtere Ultraschallbedingungen durch z. B. abdominelle Luft, Abwehrspannung oder möglicherweise Kontrakturen u. a.). Auch die Häufigkeit pathologischer, sonografisch diagnostizierter Befunde ist beim geriatrischen Patienten anders. Deren Interpretation stellt Allgemein- wie Klinikmediziner immer wieder vor Herausforderungen.
In einer Studie konnten wir zeigen, dass Patienten zur sonografischen Untersuchung des Abdomens nicht nüchtern sein müssen – lediglich die Darstellung der Gallenblase und ggf. des Pankreas gelingt hier besser [6]. Geriatrische Patienten sollten deshalb prinzipiell nicht nüchtern zur Ultraschalluntersuchung vorstellig werden. Gerätetechnische Voraussetzungen sind ein Ultraschallgerät mit mindestens zwei Schallköpfen (3 – 5 MHz Sektor- und 7 – 10/12 MHz Linearsonde). Die Farb-/Powerdoppler- und Duplex-Sonografie ist zwingend erforderlich, die Kontrastmittelsonografie von Vorteil. Der Untersuchungsgang sollte standardisiert erfolgen und sich an den Empfehlungen der DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) orientieren [7]. Im Folgenden werden die häufigsten pathologischen Befunde beim alten Menschen in der Abdomensonografie besprochen:
Aortenaneurysma
Die Prävalenz des Aortenaneurysmas (AAA) variiert deutlich je nach Alter und Geschlecht des Patienten sowie der Größe des Befundes. Kleine AAA ab drei Zentimeter Querdurchmesser haben eine Gesamtprävalenz von 4 – 8 % bei über 65-jährigen Männern und 0,5 – 1,5 % bei gleichaltrigen Frauen [8]. Aneurysmatische Erweiterungen der Bauchaorta werden häufig von Hausärzten entdeckt. 70 % der Allgemeinmediziner haben ein Ultraschallgerät und könnten die abdominelle Aorta somit untersuchen [9]. Die standardisierte Ultraschalluntersuchung des Aortenaneurysmas sollte in der B-Bild-Sonografie anstelle des maximalen Querdurchmessers erfolgen und eine Kontrolle auf drei Ebenen beinhalten. Der maximale Durchmesser wird nach den aktuellen Empfehlungen derzeit von Außendurchmesser zu Außendurchmesser ("Outer-to-outer") empfohlen. Die Lagebeziehung zu den Nierenarterienabgängen (infrarenal vs. juxtarenal vs. suprarenal) sollte dokumentiert werden, wie das Ausmaß einer möglichen Thrombosierung und eventuelle Unregelmäßigkeiten in Form und Größe. Bei über 5,5 cm großen Aneurysmata, rascher Größenzunahme oder bei sakkulären Aneurysmata erfolgt eine sofortige endovaskuläre oder konventionelle Versorgung. Die Überwachungsintervalle kleinerer Befunde hängen von der Wachstumsgeschwindigkeit ab. Die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology [10] empfehlen folgende Überwachungsintervalle:
- alle drei Jahre für AAA: 30-39 mm Durchmesser
- alle zwei Jahre für AAA: 40-44 mm Durchmesser
- jedes Jahr für AAA: ≥ 45 mm Durchmesser
Bei geplanter operativer oder endovaskulärer Versorgung ist die enge Zusammenarbeit mit einem Gefäßzentrum entscheidend. Die Kontrastmittelsonografie kann postoperativ hilfreich sein, um nach Prothesenimplantation bestehende Endoleaks zu detektieren und zu lokalisieren [11, 12]. Ihr Einsatz bleibt jedoch Patienten in der Klinik vorbehalten (Abb. 1).
Gastrointestinaltrakt
Der hohe Stellenwert der Sonografie in der Diagnostik der Divertikulitis (Abb. 2) wurde mehrfach beschrieben [13, 14]. Auch bei der Ileusdiagnostik wird eine, der röntgenologischen Diagnostik wahrscheinlich ebenbürtige, Sensitivität und Spezifität von mehr als 90 % angenommen [15]. Die Diagnostik der mesenterialen Ischämie ist hingegen nicht Domäne der Sonografie. Bei akutem Gefäßverschluss bleibt eine weitere Schnittbildgebung entbehrlich. Meist sollte aber eine sich anschließende Bildgebung nicht verzögert werden. Zu bedenken ist, dass die sonografisch nachweisbaren Veränderungen (Darmwandverdickungen, Ileuszeichen etc.) peritonitische Spätfolgen darstellen.
Leber und Gallengangssystem
Die Prävalenz der nicht-alkoholischen Fettleber (NAFLD) nimmt weltweit stetig zu [16, 17]. Ursächlich sind die Faktoren des metabolischen Syndroms. Beim alten Menschen ist dessen Prävalenz zwar noch höher als bei jüngeren Patienten, der Zusammenhang zur NAFLD aber nicht derart typisch [18]. Einer kürzlich publizierten Studie zufolge korreliert die Schlafqualität mit der hepatischen Fibrosierung. So konnte gezeigt werden, dass die ältere Population Chinas mit nächtlichem Schlaf von weniger als sechs Stunden häufiger eine Fettleber hatte [19]. Zu berücksichtigen ist beim älteren Patienten auch die mit der Steatosis vergesellschaftete reduzierte Knochendichte [20], vor allem im Hinblick auf das erhöhte Sturzrisiko.
In Übersicht 1 sind verschiedene Leberraumforderungen aufgeführt. Fokal noduläre Hyperplasien oder Adenome als hormonell mitbedingte Tumorentitäten sind beim alten Menschen eine Rarität. Leberzirrhose, hepatozelluläre Karzinome oder Leberfiliae gelten ebenso wie Lymphomherde als häufigere Befunde im Alter. Abb. 3 zeigt ein hepatozelluläres Karzinom auf dem Boden einer äthyltoxischen Leberzirrhose. Prinzipiell stellen sich HCC-Herde als runde oder ovale, meist unscharf begrenzte Raumforderungen dar, deren Echogenität variabel ist. Hilfreich ist hier die Anwendung der Farb- und Powerdopplersonografie zum Nachweis der dem hepatozellulären Karzinom eigenen Hypervaskularisation [21, 22] und zur Darstellung eventuell durch den Tumorknoten infiltrierter Gefäßabschnitte. Sensitivität und Spezifität der Sonografie zur Diagnostik der Cholezystolithiasis liegen bei weit über 90 % [23], in Kombination mit Klinik und Labor ist die Diagnose der Cholezystitis Domäne des Ultraschalls [24].
Nieren und ableitende Harnwege
Die Restharnmenge, die eine akute Intervention erfordert, ist umstritten. Selbst in den urologischen Leitlinien werden dafür keine klaren Empfehlungen zu Grenzen von Pathologie und Physiologie gegeben. Restharnmengen zwischen 100 und 300 ml sind eine Grauzone in der Indikationsstellung zur dauerhaften Harnableitung bzw. Einleitung weiterer fachärztlich-urologischer Diagnostik [25, 26].
Aszites
Die Abdomensonografie ist heute Goldstandard der Aszitesdiagnose, bereits 50 - 100 ml Flüssigkeit oder weniger lassen sich so nachweisen. Weiterhin dient die Ultraschalluntersuchung auch der zeitgleichen Evaluation bei Vorliegen einer Leberzirrhose und der portalen Hypertension bzw. anderer Ursachen eines Aszites, z. B. Malignität oder Pankreatitis [27]. Auf Zeichen der dekompensierten Herzinsuffizienz (Pleuraergüsse, Perikarderguss, gestaute Lebervenen) ist hier zu achten.
Notfallsonografie
Portable Geräte spielen besonders im klinischen Umfeld eine Rolle – wegen der Zeitersparnis in der Notfalldiagnostik ist die Sensitivität der Ultraschalldiagnostik jedoch im Vergleich zur Computertomografie (z. B. bei Milz- und Leberverletzungen) geringer. Leitlinien zur Sonografie in der Notfallsituation (2001: American College of Emergency Physicians, "Guidelines for use of ultrasound in emergency medicine") empfehlen sie bei vermuteter Aortendissektion oder Bauchaortenaneurysma, im Rahmen der "FAST-Sonografie": ("Focused assessment sonography for trauma") und der Differenzialdiagnostik akuter Befunde: Cholezystitis, Hernien, Organperforation, Ileus, akute mesenteriale Ischämie, Appendizitis und andere (Divertikulitis, Abszesse, Colitis, Pankreatitis, u. a.).
Zusammenfassung
Die Sonografie ist eine breit verfügbare, kostengünstige und strahlungsfreie Untersuchungstechnik, die relativ leicht erlernt werden kann. Trotzdem ist dabei – neben der strukturierten Ausbildung, z. B. nach DEGUM-Kriterien – viel Erfahrung nötig, die nur über hohe Untersuchungszahlen erzielt werden kann. Als "Bed-Side-Methode" und "Real-Time-Verfahren" erhält der erfahrene Untersucher unmittelbar viele zielführende klinische Hinweise. So kann die Methode ihren Platz als Screeningmethode, aber auch als Teil des "diagnostischen Puzzles" bei differenzialdiagnostischen Überlegungen ausfüllen.

Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (20) Seite 22-26