Sie ist eine seltene Erkrankung, die meist die Leber befällt: die Echinokokkose. Eine Unterscheidung zwischen alveolärer Echinokokkose durch den Fuchsbandwurm und zystischer Echinokokkose durch den Hundebandwurm ist anhand von Anamnese und Ultraschallbild in fast allen Fällen möglich und auch wichtig wegen der unterschiedlichen Therapie und Prognose.

Epidemiologische Untersuchungen zeigen, dass einfache Zysten, Hämangiome und fokale Minderverfettungen in Segment IVa zu den häufigsten fokalen Leberläsionen zählen [6]. Bei komplexeren zystischen oder tumorösen Raumforderungen, die oft bei asymptomatischen Patienten vorzufinden sind, ist die Echinokokkose eine mögliche Differenzialdiagnose. Hier kann und muss grundsätzlich zwischen zwei Arten von Echinokokken-Erkrankungen unterschieden werden [8]. Die alveoläre Echinokokkose (Fuchsbandwurm-Erkrankung), verursacht durch den Parasiten Echinococcus multilocularis, ist eine Erkrankung der einheimischen Bevölkerung und bei uns vor allem in Süddeutschland verbreitet und bekannt. Die zystische Echinokokkose (Hundebandwurm-Erkrankung), verursacht durch Echinococcus granulosus, ist in Deutschland nicht endemisch und wird überwiegend bei Patienten mit Migrationshintergrund, vor allem aus Südosteuropa und Nordafrika, diagnostiziert (Abb. 1). Bei zystischen Raumforderungen der Leber wird differenzialdiagnostisch durchaus an die seltene Echinokokkose gedacht, wobei die Fuchsbandwurm-Erkrankung sich nicht als Zyste darstellt. Die Hundebandwurm-Erkrankung manifestiert sich dagegen durch komplexe Zysten mit abgrenzbarer Wand und gegebenenfalls Binnenstrukturen (Abb. 2). Da sich Fuchs- und Hundebandwurm-Erkrankung in Diagnostik, Therapie und Prognose unterscheiden, ist deren Differenzierung wichtig.

Sowohl bei der alveolären als auch bei der zystischen Echinokokkose ist die Sonographie eine der wichtigsten diagnostischen Säulen. Für die sonographische Beurteilung der alveolären Echinokokkose ist eine – jedoch ausschließlich morphologisch beschreibende – Klassifikation, die Echinococcus-multilocularis-Ulm-Klassifikation für Ultraschall (EMUC-US), verfügbar [7], mit der die fünf häufigsten Ultraschall-Muster beschrieben sind. Die Aktivitätsbeurteilung der alveolären Echinokokkose erfolgt mittels FDG-PET-CT-Untersuchung. Auch über ein MRT mit Diffusionswichtung und kon-trastmittelgestütztem Ultraschall ist dazu eine Aussage möglich. Bei der alveolären Echinokokkose wird beim Erstbefund oftmals an atypische Hämangiome (hämangiomartiges Muster) oder noch häufiger an einen malignen Tumor (Sturm- und Hagelmuster, pseudozystisches Muster, metastasenartiges Muster) gedacht [7] (Abb. 3). Eine einfache Zyste ist, wie bereits erwähnt, nie das Korrelat einer Fuchsbandwurm-Erkrankung.

Bei der zystischen Echinokokkose kann aufgrund der typischen Sonomorphologie auf die Aktivität der Erkrankung geschlossen werden. Dies wird in der Klassifikation der WHO-Informal Working Group on Echinococcosis (IWGE-WHO) beschrieben [2, 4, 12]. Die Stadien CE I – CE III werden als viable Stadien eingestuft, die Stadien CE IV und V hingegen als inaktive Stadien betrachtet [2, 4, 12].

Symptome der Echinokokkose

Die Infektion mit dem Fuchs- und Hundebandwurm erfolgt letztlich durch orale Aufnahme der Eier von Echinococcus multilocularis bzw. Echinococcus granulosus aus der Umwelt. Die Inkubationszeit beider Echinokokkosen beträgt Monate bis Jahre [1]. Frühsymptome zeigen sich beim Menschen bei beiden Erkrankungen meist nicht. Mitunter erfolgt bei unspezifischen Symptomen wie Schmerzen, Fieber und Gewichtsabnahme eine bildgebende Diagnostik mit Nachweis einer Leberläsion. Bei abdominellen Beschwerden oder Ikterus liegt in der Regel eine fortgeschrittene Fuchsbandwurm-Erkrankung vor. Über 60 % der Patienten mit zystischer Echinokokkose sind asymptomatisch. Symptomatische Patienten zeigen – neben Beschwerden durch den Lokaleffekt der Zyste – gelegentlich immunologische Symptome wie Urtikaria, Asthma oder Anaphylaxie [8].

Besteht bildgebend der Verdacht auf eine Echinokokkose, ist eine Echinokokken-Serologie zu empfehlen. Zunächst werden Rohantigene als sensitive Suchtests eingesetzt. Fallen diese positiv aus, erfolgt im nächsten Schritt der Einsatz rekombinanter Antigene. Eine positive Serologie ohne morphologisches Korrelat in der Bildgebung erfüllt nicht die Falldefinition einer Echinokokkose-Erkrankung [2, 8]. Für spezielle Fragestellungen sollten Referenzlaboratorien hinzugezogen werden. Bei der alveolären Echinokokkose wird für den Suchtest eine Sensitivität von 94 – 97 % und für den Bestätigungstest eine Sensitivität von 90 – 100 % angegeben. Es bleibt also festzuhalten, dass bei der Fuchsbandwurm-Erkrankung in fast allen Fällen spezifische Antikörper nachweisbar sind. Bei der zystischen Echinokokkose sind hingegen bis zu 25 % der Patienten serologisch negativ. Dies trifft insbesondere für das hochaktive CE1-Stadium zu (erklärbar durch fehlenden Austritt von Antigenen bei dicker Zystenwand) [3, 9].

Therapie der Echinokokkose

Alveoläre Echinokokkose (Fuchsbandwurm-Erkrankung)

Aufgrund des potenziell malignen Charakters der alveolären Echinokokkose besteht grundsätzlich immer eine Indikation zur Therapie. Diese erfolgt in der Regel zunächst medikamentös mit Benzimidazolen (BMZ) [10, 11], in erster Linie Albendazol, nur selten Mebendazol [10, 11]. Albendazol wird in einer Dosis von 10 – 15 mg/kgKG/d in zwei geteilten Dosen zu fettreichen Mahlzeiten eingenommen, um die Resorption zu gewährleisten. Mebendazol mit 40 – 50 mg/kgKG/d wird auf drei Dosen verteilt [2, 5, 8, 11]. Vor allem in den ersten Monaten der BMZ-Therapie sind regelmäßige Laborkontrollen (Blutbild, Leberwerte) erforderlich, um eventuelle medikamentös toxische Effekte frühzeitig zu erfassen. Auch die Albendazol-Spiegel-Bestimmung ist allgemein empfohlen. Nur etwa ein Drittel der Patienten wird in einem lokal operablen Stadium diagnostiziert [5]. Hier ist die komplette operative Resektion (R0) des parasitären Herdes der Leber in einem Zentrum empfohlen [5]. Kombiniert mit der zeitlich begrenzten BMZ-Nachbehandlung über zwei Jahre ist damit eine Heilung zu erreichen.

Zystische Echinokokkose (Hundebandwurm-Erkrankung)

Für die Behandlung der zystischen Echinokokkose gibt es keine Standardleitlinien. Die Therapie richtet sich nach Organbefall und Stadium. Je nachdem kommt eine "Watch-and-Wait"-Strategie oder die chirurgische oder sonographisch gesteuerte perkutane Therapie, jeweils kombiniert mit BMZ periinterventionell, zum Einsatz [2, 5, 8]. Die Entscheidung über die optimale Therapie hängt zum einen von Aktivität und Befallsmuster, zum anderen von der individuellen Situation des Patienten (Alter, Komorbidität) und den verfügbaren Ressourcen ab [5]. Von einer vorschnell eingeleiteten Behandlung ist abzuraten, da bei der potenziell benignen Erkrankung ausreichend Zeit für die Diagnostik und Therapieplanung sowie gegebenenfalls die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit einem Referenzzentrum vorhanden ist [5].

Probleme in der ambulanten Versorgung

Bei der alveolären Echinokokkose handelt es sich um eine sehr seltene Erkrankung, die in Deutschland endemisch ist, und über die in den letzten Jahren ein langsamer Anstieg der Fallzahlen berichtet wird. Die zystische Echinokokkose ist weltweit häufiger und wird in Deutschland nahezu ausnahmslos bei Patienten mit Migrationshintergrund diagnostiziert. Somit ist auch hier von einer Zunahme auszugehen.

Schnittstelle Hausarzt und Spezialist

Wie erwähnt gibt es in Deutschland nur wenige spezialisierte Zentren, die sich mit Echinokokkose-Erkrankungen beschäftigen. Um der Problematik dieser seltenen Erkrankungen und deren schwieriger Diagnostik kompetent begegnen zu können, wird derzeit eine neue Internet- und Beratungsplattform entwickelt, die ab Mitte 2017 online geht und sich an Ärzte sowie Patienten richtet. Unter http://www.echinokokkose.eu können Interessierte ihre Informationslücken schließen. Diagnostik und Therapie dieser seltenen Erkrankungen sollen langfristig verbessert werden.


Literatur:
1. Ammann RW. Cestodes. Echinococcus. Gastroenterol Clin North Am 1996; 25 (3): 655
2. Brunetti E, Kern P, Vuitton D. Expert consensus for the diagnosis and treatment of cystic and alveolar echinococcosis in humans. Acta Tropica 2009; DOI: 10.1016/j.actatropica.2009.11.001
3. Frosch M. Labordiagnose der zystischen und alveolären Echinokokkose. J Lab Med 2003; DOI: 10.1046/j.1439-0477.2003.03072.x
4. Gharbi HA, Hassine W, Brauner MW, Dupuch K. Ultrasound examination of the hydatic liver. Radiology. 1981. 139(2):459-63
5. Henne-Bruns D, Barth TF, Graeter T, Hillenbrand A, Kratzer W, Schmidberger J, Gruener B. Echinokokkosen der Leber. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date. 2016. 10(05):369-394
6. Kaltenbach TE, Engler P, Kratzer W, Oeztuerk S, Seufferlein T, Haenle MM, Graeter T. Prevalence of benign focal liver lesions: ultrasound investigation of 45,319 hospital patients. Abdom Radiolg. 2016. 41(1):25-32
7. Kratzer W, Grüner B, Kaltenbach T, Ansari-Bitzenberger S, Kern P, Fuchs P, Mason R, Barth T, Haenle M, Hillenbrand A, Oeztuerk S, Graeter T. Proposal of an ultrasonographic classification for hepatic alveolar echinococcosis: Echinococcosis multilocularis Ulm classification-ultrasound. World J Gastroenterol. 2015; DOI: 8.3748/wjg.v21.i43.12392
11. Pawlowski Z, Eckert J, Vuitton D. WHO/OIE Manual on Echinococcosis in Humans and Animals: a Public Health Problem of Global Concern: Echinococcosis in humans: clinical aspects, diagnosis and treatment.
9. Reiter-Owona I, Grüner B, Frosch M, Hoerauf A, Kern P, Tappe D. Serological confirmatory testing of alveolar and cystic echinococcosis in clinical practice: results of a comparative study with commercialized and in-house assays. Clin Lab 2009; 55 (1-2): 41–48
10. Reuter S, Jensen B, Buttenschoen K, Kratzer W, Kern P. Benzimidazoles in the treatment of alveolar echinococcosis: a comparative study and review of the literature. J Antimicrob Chemother. 2000;46:451–6.
11. Vuitton DA. Benzimidazoles for the treatment of cystic and alveolar echinococcosis: what is the consensus? Expert Rev Anti Infect Ther. 2009;7:145–9. doi:10.1586/14787210.7.2.145.
12. WHO Informal Working Group. International classification of ultrasound images in cystic echinococcosis for application in clinical and field epidemiological settings. Acta Trop. 2003. 85(2): 253-61
13. Wuestenberg J, Gruener B, Oeztuerk S, Mason RA, Haenle MM, Graeter T, Akinli AS, Kern P, Kratzer W. Diagnostics in cystic echinococcosis: serology versus ultrasonography. Turk J Gastroenterol. 2014. 25(4):398-404



Autor:

Julian Schmidberger, MPH

Projektkoordinator Nationale Echinokokkose-Datenbank
Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Innere Medizin
89081 Ulm

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (8) Seite 30-34