Wer sich lange ungeschützt der Sonne aussetzt, hat ein vielfach erhöhtes Risiko, sogenannten "weißen Hautkrebs" zu entwickeln. Vor allem Personen, die langjährig beruflich in natürlichem UV-Licht arbeiten, sind für weißen Hautkrebs und dessen Vorstufen prädestiniert. Seit 1. Januar 2015 gibt es eine neue Berufskrankheit "Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung". Mehr als 6.000 Meldungen sind dazu schon eingegangen. Was muss der Hausarzt wissen über beruflich bedingten Hautkrebs und versicherungsrechtliche Aspekte?

Viele wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Personen, die über Jahre hinweg durch ihre berufliche Tätigkeit in erhöhtem Maße natürlicher UV-Strahlung durch Sonnenlicht ausgesetzt waren, ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen der Haut und deren Frühformen (aktinische Keratosen und Morbus Bowen) aufweisen [2, 3, 4, 5, 6]. Diese Erkenntnis bildet die epidemiologische Grundlage für die neue BK-Nr. 5103: "Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung"), die seit Januar 2015 gilt [1]. Von der BK-Nr. 5103 besonders betroffen sind Personen, die beruflich in großem Umfang Tätigkeiten im Außenbereich ausführen (sogenannte "Outdoor Worker"). Neben Landwirten gehören hierzu auch Maurer, Dachdecker und Straßenbauer sowie Seeleute, Förster, Gärtner, Bademeister, Skilehrer und viele weitere Berufsgruppen.

UV-Schutz oft vernachlässigt

Wird durch die berufliche Tätigkeit die UV-Lichtexposition, die im Schnitt in der Allgemeinbevölkerung im gleichen Zeitraum zu erwarten ist, um 40 % erhöht, verdoppelt sich das Risiko, einen UV-Licht-bedingten Hautkrebs zu entwickeln [1, 2]. Erschwerend kommt oftmals hinzu, dass der Schutz vor der natürlichen UV-Strahlung durch viele Außenbeschäftigte vernachlässigt wird.

Im akuten Stadium ist ein Sonnenbrand die Folge, als Spätkomplikation – zumeist im höheren Lebensalter – das Auftreten von nicht-melanozytärem Hautkrebs ("weißer Hautkrebs"). Dieser zeigt sich zunächst als "In-situ-Stadium" des Plattenepithelkarzinoms (aktinische Keratosen, M. Bowen). Das sind Formen von Hautkrebs, welche die Basalmembran der Epidermis noch nicht durchbrochen haben und deshalb auch keine Metastasen setzen. Später entwickeln sich daraus invasive Plattenepithelkarzinome. Typischerweise treten diese an Hautarealen mit der höchsten Sonnenlichtexposition auf. Neben der Schädelkalotte, dem Gesicht, Nacken und den Ohrhelices sind dies insbesondere auch die Handrücken.

Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Basalzellkarzinom, das die häufigste Variante des weißen Hautkrebses darstellt, und der beruflichen UV-Lichtexposition ist im Gegensatz dazu wissenschaftlich noch nicht so gut belegt. Daher sind derzeit Basalzellkarzinome nicht über die BK-Nr. 5103 anerkennungsfähig. Diesbezüglich werden jedoch aktuell weitere epidemiologische Studien zur Frage der beruflichen Ursache durchgeführt. Hinsichtlich des malignen Melanoms wird auf Basis der derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse ein wesentlicher Kausalzusammenhang mit der beruflichen, d. h. fortgesetzten kontinuierlichen UV-Lichtexposition verneint.

Dem Unfallversicherungsträger gemeldet werden sollten (ehemals) beruflich langjährig sonnenexponierte Personen, bei denen mindestens ein invasives Plattenepithelkarzinom der Haut oder mindestens sechs aktinische Keratosen in zwölf Monaten bzw. ein flächiges Auftreten von aktinischen Keratosen (sogenannte Feldkanzerisierung) von mehr als 4 cm² in (ehemals) beruflich UV-Licht-exponierten Arealen festgestellt wurden. Mittlerweile wird auf die histologische Sicherung mindestens einer der aktinischen Keratosen überwiegend verzichtet. Die klinische Diagnose durch einen Hautfacharzt ist hierbei ausreichend, eine bioptische Sicherung mindestens einer Läsion ist gleichwohl empfehlenswert. Eine histologische Sicherung eines invasiven Plattenepithelkarzinoms ist obligat.

Sollte die zuvor aufgeführte Konstellation der Krankheitsbilder sowie der Schwellenwert von 40 % zusätzlicher beruflicher UV-Strahlungsexposition vorliegen, muss eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit der Nr. 5103 erstellt werden. Zur groben Orientierung gilt: Lebensalter bei erstmaliger Erfüllung der oben genannten Kriterien geteilt durch drei entspricht der Zahl an Jahren, die der Patient in einem Outdoor-Beruf voll gearbeitet haben sollte.

Bei Anerkennung einer BK-Nr. 5103 können die Kosten der Behandlung der Hautkrebserkrankung, aber auch von erforderlichen Lichtschutzpräparaten direkt mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Berufsgenossenschaft, Unfallkasse etc.) vergleichbar mit der Liquidation der Privatpatienten nach der UV GOÄ abgerechnet werden. Hierfür gelten dann die Grundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung, wonach anders als bei der GKV die Behandlungen "mit allen geeigneten Mitteln" erfolgen können. Weiterhin fallen für alle Verordnungen keine Rezeptgebühren an. Da es sich bei der Lichtschädigung um eine chronische Schädigung der Haut handelt und jederzeit mit dem erneuten Auftreten von Tumoren zu rechnen ist, müssen regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen vorgenommen werden. Diese sind ebenfalls zu Lasten des Unfallversicherungsträgers zu erbringen. Darüber hinaus kann sich auch abhängig von der Schwere der Hautkrebserkrankung und der Zahl der Rezidive ein Rentenanspruch durch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ergeben.

Besserer Arbeitsschutz

Mit der Aufnahme dieser neuen Berufskrankheit in die Berufskrankheitenliste wird sich zusätzlich der Arbeitsschutz der sogenannten "Outdoor Worker" erheblich verbessern, da nun das Bundesarbeitsministerium und die Unfallversicherungsträger im Rahmen von Paragraph 3 der Berufskrankheitenverordnung umso mehr gehalten sind, der Entstehung der BK-Nr. 5103 durch geeignete Präventionsmaßnahmen entgegenzuwirken. Als besonders effektive Maßnahmen können hierbei moderne Strategien zur Primärprävention UV-Licht-bedingter Hauttumoren mit praktikablen und evaluierten Lichtschutzkonzepten im Beruf genannt werden (u. a. die sogenannten "vier Hs": Hemd, Hose, Hut, hoher Lichtschutz) [7]. Ebenfalls bedeutsam ist die Etablierung interdisziplinärer Schulungsmaßnahmen, wie die Integration von Lichtschutzseminaren als integraler Bestandteil betrieblicher Gesundheitsvorsorge.

Bei bereits erkrankten Patienten gilt es, die Erstellung nachhaltiger Behandlungsalgorithmen zum Management aktinischer Keratosen und damit die Prävention invasiver Plattenepithelkarzinome voranzutreiben. Hierzu werden derzeit entsprechende Verhandlungen mit den Unfallversicherungsträgern geführt. In enger Zusammenarbeit mit dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen sind die Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) sowie die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO) als zuständige Fachgesellschaften der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) – sowohl für die gesetzliche Sozialversicherung als auch für die Patienten – zentrale Ansprechpartner. Die Anstrengungen für eine bessere Prävention werden derzeit mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch auf Ebene der Europäischen Kommission und des EU-Parlaments vorangetrieben. Mit den beruflichen Ekzemerkrankungen, die 35 % als Verdachtsanzeigen ausmachen, entfallen 2015 in Deutschland voraussichtlich 42 % aller Meldungen beruflicher Erkrankungen auf das Hautorgan.


Literatur:
1. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2014, Teil I, Nr. 62: 3. Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22.12.2014. 29.12.2014, S. 2397
2. Armstrong BK, Kricker A (2001) The epidemiology of UV induced skin cancer J Photochem Photobiol B. 63(1-3):8-18
3. Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Berufskrankheitenverordnung. Hier: Empfehlungen des ärztlichen Sachverständigenbeirates "Berufskrankheiten". Bek. d. BMAS vom 01.07.2013: Hautkrebs durch UV-Licht. Gemeinsames Ministerialblatt, 64. Jahrgang, 671-693 (2013)
4. Schmitt J et al. (2011) Berufliche UV-Exposition als Risikofaktor für nichtmelanozytären Hautkrebs – epidemiologische Evidenz zur Frage einer neuen Berufskrankheit, Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 59, Nr. 2/2011, S. 60-66
5. Schmitt J et al. (2011) Occupational UV-Light exposure increases the risk for the development of cutaneous squamous cell carcinoma: A systematic review and meta-analysis. Br J Dermatol 2011, 164, 291-307
6. Schmitt J, Diepgen T, Bauer A (2010) Occupational exposure to non-artificial UV-light and non-melanocytic skin cancer - a systematic review concerning a new occupational disease. J Dtsch Dermatol 8(4):250-64.
7. P. Knuschke, G. Ott, M. Janßen, K. Mersiowsky, A. Püschel, H. Rönsch, St. Beissert und A. Bauer (2014 )Die neue BK 5103 "Hautkrebs" – Notwendigkeit und Möglichkeiten der Primärprävention, Ergebnisse aus dem BAuA-Forschungsprojekt F 2036. Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 62, Nr. 4/2014, S. 153–164



Autor:

Prof. Dr. med. Swen Malte John

Arzt für Dermatologie und Venerologie
Universität Osnabrück, Fachbereich Dermatologie
49090 Osnabrück

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (16) Seite 44-46