Frage: Mein Patient (75 Jahre) hat kurz nach einer Augenoperation eine Rosacea ocularis mit vermehrter Gefäßinjektion der Konjunktiven, Brennen, Juckreiz und Fremdkörpergefühl entwickelt. Vorher bestand schon eine Konjunktivitis und Blepharitis. Nach Behandlung mit Oraycea® (Doxycyclin) 50 mg über 56 Tage hat sich der Befund langsam gebessert. Drei bis vier Wochen nach Therapieende treten alle Symptome langsam wieder auf, die Erkrankung verläuft ja auch chronisch. Eine Rosacea besteht anamnestisch nicht und hat sich auch jetzt nicht entwickelt. Ist ein neuer Therapieversuch mit einem anderen oralen Antibiotikum angezeigt oder besteht die Möglichkeit einer lokalen Therapie? Welche zusätzlichen, nicht-medikamentösen Maßnahmen können helfen? Wie ist die Prognose?

Antwort 1

Aufgrund der Anamnese ist eine Ophthalmorosacea per se nicht ausgeschlossen. Jedoch spricht der Zusammenhang mit einer Augenoperation stark für eine iatrogene Ursache der Augenbeschwerden. Vermutlich führt die Therapie mit Oraycea® zu einer Reduktion der Entzündung. Zur konkreten Beantwortung wäre auch die ophthalmologische Begleitmedikation wichtig. Meist besteht diese zumindest aus hyaluronsäurehaltigen Augentropfen. Ggf. besteht dann auch die Möglichkeit, dass eine Typ-IV-Allergie auf Inhaltsstoffe der pflegenden Augentropfen vorliegt.

Insgesamt ist aufgrund der Anamnese und des unmittelbaren Zusammenhangs mit einer Augenoperation ohne zuvor oder gleichzeitig bestehende Rosacea die Diagnose einer Ophthalmorosacea eher unwahrscheinlich, jedoch nicht komplett unmöglich. Daher würde ich dem Patienten empfehlen, sich in einem spezialisierten augenärztlichen Zentrum (am ehesten Universitätsklinikum) in der Sprechstunde des vorderen Augenabschnitts vorzustellen. Hier kann eine Diagnose (iatrogene postoperative Konjunktivitis, andere Form der Konjunktivitis oder Ophthalmorosacea) bestätigt oder ausgeschlossen werden. Erst danach sollte die Empfehlung, wie z. B. an der LMU in München bei Rosacea üblich, für ein interdisziplinäres Therapiekonzept zwischen Augenärzten und Dermatologen erfolgen.

Auch die Prognose oder die Wahl eines weiteren Therapeutikums ist abhängig von der korrekten Diagnosestellung. Diese sollte ein auf den vorderen Augenabschnitt spezialisiertes Zentrum/Universitätsklinikum stellen, da die Diagnose (auch von anderen Erkrankungen/Op.-Komplikationen) oft nicht trivial ist und eine langjährige Expertise erfordert.

Unabhängig von diesem Fall gibt es mehrere Einzelfallberichte von Patienten, die bei Ophthalmorosacea von einer Behandlung der Lider bis zur Lidkante mit Ivermectin Creme (Soolantra® Creme) langfristig profitieren konnten [1, 2]. Jedoch ist die Behandlung der Augenpartie explizit außerhalb der Zulassung des Präparats, so dass hier ein Off-Label-Use vorliegt.


Literatur:
1. Brown M. et al.: Severe demodex-folliculorum-associated oculocutaneous rosacea in a girl successfully treated with ivermectin. JAMA Dermatol. 2014 Jan; 150 (1):61 – 63. doi: 10.1001/jamadermatol.2013.7688.
2. Schaller M., Pietschke K.: Successful therapy of ocular rosacea with topical ivermectin. Br J Dermatol. 2018 Aug; 179 (2): 520 – 521. doi: 10.1111/bjd.16534.

Autor:

PD Dr. med. Markus Reinholz

Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie,
Ludwig-Maximilians-Universität
80337 München


Antwort 2

Da die intensive antientzündliche Therapie mit Doxycyclin nur einen kurzfristigen Erfolg brachte, würde ich eine Wiederholung nicht empfehlen, jedoch den Hautarzt nochmals zu Rate ziehen. Die Behandlung einer Rosacea ocularis bedarf immer einer gemeinsamen Strategie zwischen Ophthalmologen und Dermatologen.

Unter Umständen ist eine lokale Therapie beginnend mit intensiver Lidhygiene, Tränenersatzmitteln und lokalen Entzündungshemmern (nach Abstrich) eine Überlegung wert, soweit dies nicht bereits durchgeführt wurde.

Ein weiterer Ansatz ist meiner Meinung nach auch in der Ernährungsmedizin/alternativen Medizin zu suchen, da zum Beispiel endokrinologische Dysbalancen Einfluss auf die Zusammensetzung des Tränenfilms haben und hierüber eine Besserung der Situation erreicht werden könnte. Eine Prognose ist schwer zu beurteilen. Erfahrungsgemäß zieht sich die Behandlung in diesen Fällen über längere Zeiträume hin.


Autor:

Dr. med. Thomas Katlun

Facharzt für Augenheilkunde
69121 Heidelberg

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (11) Seite 52