Bei Patienten mit einem Verdacht auf einen malignen Hauttumor lohnt es sich, die histologischen Befunde noch einmal von einem zweiten Experten kontrollieren zu lassen, bevor man gleich zur Operation schreitet. Denn: In jedem zehnten Fall wird die Diagnose korrigiert.

Dass es bei einem Verdacht auf einen malignen Hauttumor durchaus sinnvoll sein kann, wenn nicht nur ein Arzt einen Blick auf die histologischen Befunde wirft, zeigt eine aktuelle Studie aus den USA. Die Dermatologen von der University of California hatten analysiert, wie häufig die ­Diagnose eines malignen Hauttumors der Überprüfung durch dermatopathologische Experten standhielt und welchen Einfluss die Diskrepanz zwischen Erst- und Zweitbefund auf einen geplanten operativen Eingriff hatte. Ihre Schlussfolgerung: So manche unnötige Operation lässt sich womöglich vermeiden.

In einem Drittel der Fälle wurde ein ­anderer Tumortyp festgestellt

In einer retrospektiven Studie hatten die Wissenschaftler die histologischen Befunde von 358 Patienten, die von Januar bis Dezember 2019 von externen Pathologen wegen eines malignen Tumors überwiesen worden waren, mit den Einschätzungen der klinikeigenen Experten verglichen. Dazu muss man wissen, dass am Studienzentrum an der University of California Biopsien von Patienten, die wegen eines dermatologischen Eingriffs eingewiesen werden, grundsätzlich noch einmal von einem Dermatopathologen der Klinik überprüft werden. Das Ergebnis: Bei 10,3 % der dermatologischen Befunde stimmte die Erstdiagnose des externen Dermatologen nicht mit der Beurteilung des Experten der University of California überein. Bei fast einem Drittel (31,6 %) der Biopsien wurde im Rahmen der Zweitbegutachtung ein anderer Tumorsubtyp festgestellt.

Jede zehnte Therapieempfehlung wurde korrigiert

Konkret führte die Zweitbegutachtung in fast jedem zehnten Fall (8,9 %) zu einer Korrektur der Therapie. So konnte bei den meisten Biopsien (87,5 %) mit abweichender Zweitmeinung der Schweregrad herabgestuft werden mit der Folge, dass auf eine Operation ganz verzichtet werden konnte. Bei knapp 60 % dieser Fälle hatte der Erstuntersucher fälschlicherweise ein Plattenepithelkarzinom festgestellt, bei 12,5 % lautetet der Befund irrtümlicherweise auf ein Basalzellkarzinom. Zudem erwiesen sich 15,6 % der Diagnosen bei der Zweitbegutachtung als melanozytäre Läsionen. In der überwiegenden Zahl der Fälle wurde die Erstdiagnose also abgeschwächt. Lediglich bei 3 der 32 abweichenden Zweitdiagnosen ergab sich ein schwerwiegenderer Befund als bei der externen Beurteilung. Hier mussten die Schnittränder bei der Operation also ausgeweitet werden. So stellte sich bei der Zweitbegutachtung zum Beispiel ein atypischer Nävus als Melanoma in situ (MIS) heraus, und ein MIS sowie ein Plattenepithelkarzinom wurden jeweils als invasives malignes Melanom neu diagnostiziert. Interessant war auch ein ­näherer Blick darauf, wer eigentlich die Erstdiagnose gestellt hatte. Bei 80 % aller Biopsien war dies ein externer Dermatopathologe gewesen, 22 % der Erstbefunde waren durch einen Dermatologen ohne dermatopathologische Ausbildung und 5,6 % durch einen Pathologen vorgenommen worden.

Am häufigsten wichen die Beurteilungen von Dermatologen ohne dermatopathologische Ausbildung von der Zweitmeinung der Experten ab: 22,5 % vs. 15,0 % bei den Pathologen und 8,4 % bei den Dermatologen mit entsprechender Qualifikation. Eine dermatopathologische Ausbildung scheint also durchaus von Vorteil zu sein für eine sichere Befundung.


Literatur
1. Lohman ME et al. (2020) J Am Acad Dermatol. DOI: 10.1016/j.jaad.2020.12.022


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (3) Seite 9