Einige Studien legen nahe, dass die atopische Dermatitis (AD) mit Schlaf-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisproblemen einhergeht. In einer US-Studie hatten Betroffene mit schweren Formen dieser Erkrankung ein bis zu dreimal höheres Risiko für Lernstörungen.

Je stärker ein Kind oder Jugendlicher durch eine atopische Dermatitis beeinträchtigt ist, desto höher ist das Risiko, dass es in der Schule zu Problemen kommt. Dies legt eine Querschnittstudie der University of Pennsylvania nahe. Die Forscher hatten dazu Daten von mehr als 2.000 Kindern und Jugendlichen analysiert, diese waren zwischen 2 und 17 Jahre alt und wurden zehn Jahre beobachtet. Vom Arzt bestätigte Lernstörungen wurden am Ende abgefragt.

Je schwerer die Neurodermitis …

Innerhalb der Nachbeobachtungszeit litten insgesamt 0,6 Prozent der Patienten an einer sehr schweren Form der AD, 4,2 Prozent an einer schweren, 17,9 Prozent an einer moderaten, 24,4 Prozent an einer leichten, und 52,2 Prozent waren beschwerdefrei.

… umso größer die Lernschwierigkeiten

Bei 8,2 Prozent der Teilnehmer mit AD waren Lernstörungen festgestellt worden. Dabei zeigte sich, dass Kinder mit Schwierigkeiten in der Schule häufiger schwere Formen der AD hatten als Kinder ohne Lernstörung. 29,8 Prozent der Kinder mit Lernstörung litten an einer moderaten AD, während dieser Anteil bei Kindern ohne Schul­probleme bei nur 17 Prozent lag. Eine schwere bis sehr ­schwere ­AD-Ausprägung fand sich bei 8,9 Prozent der Kinder vs. 4,5 Prozent ohne Lernstörung. Wurden lediglich die Daten zur Schwere der AD-Symptome nach Eigenauskunft berücksichtigt, zeigte sich bei 29,5 Prozent der lerngestörten Kinder eine moderate AD gegenüber 20,7 Prozent bei Kindern ohne Schulprobleme. Bei schweren bis sehr schweren Formen lag der Anteil bei 6,6 Prozent vs. 3,4 Prozent.

In der multivariablen Analyse errechneten Wan und Kollegen für Kinder mit leichter AD ein 1,7-faches, mit moderater AD ein 2,1-faches und mit schwerer bis sehr schwerer AD ein 3,1-faches Risiko für eine Lernstörung gegenüber Kindern mit unbeeinträchtigter oder nahezu unbeeinträchtigter Haut. Dabei wurden Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ethnie, Jahreshaushaltseinkommen, Alter bei Erkrankungsbeginn, familiäre AD-Belastung sowie Komorbiditäten berücksichtigt, um den Einfluss dieser Faktoren auszuschließen.

Kinder mit AD auf Lernstörungen screenen

Eine mögliche Erklärung für die Assoziation zwischen AD und Lernstörungen, so Wan und Kollegen, könnte sein, dass neuroinflammatorische Signale im ZNS auch an üblichen Gedächtnis- und Lernprozessen beteiligt sind, sodass gemeinsame pathophysiologische Wege eine Verbindung zwischen AD und Lernstörung darstellen könnten. Die Ergebnisse dieser Studie sprächen dafür, Kinder mit schweren Formen der AD auf Lernstörungen zu screenen, um frühzeitig entsprechende Unterstützung anbieten zu können.


Literatur
Wan J et al. (2021) JAMA Dermatol. DOI: 10.1001/jamadermatol.2021.0008


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (6) Seite 6