Infektionskrankheiten, die während einer (Fern-)Reise erworben werden, machen sich oft erst bemerkbar, wenn der Betroffene wieder zu Hause ist. Woran der Hausarzt in diesem Zusammenhang denken sollte, hängt nicht nur von den Symptomen und dem bereisten Land ab, sondern auch von der Wahrscheinlichkeit der jeweiligen Infektion. In welcher Häufigkeit solche „reiseassoziierten Infektionen“ vorkommen, kann man den Meldedaten des Robert Koch-Instituts entnehmen, die im Folgenden referiert werden sollen.

Die gemeldeten Fälle reiseassoziierter Infektionskrankheiten wurden im Epidemiologischen Bulletin Nr. 43 vom 29. Oktober 20121 berichtet und beziehen sich auf das Jahr 2011.

Malaria

562 Malariafälle wurden gemeldet, darunter einer mit tödlichem Ausgang. Das entspricht etwa der Größenordnung der fünf Vorjahre und einer Inzidenzrate von 0,7 Fällen pro 100 000 Einwohner. Dabei zeigten sich große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. So war die Inzidenz in Hamburg mit 3,2 Fällen/100 000 Einwohner mit Abstand am höchsten, gefolgt von Bremen (2,0) und Berlin (1,0). Die wenigsten Fälle wurden von Thüringen und Sachsen-Anhalt gemeldet. Möglicherweise ist ein Grund dafür darin zu sehen, dass sich Menschen, die aus Endemiegebieten stammen und sich beim Besuch der Heimat infiziert haben, eher in Ballungsgebieten ansiedeln. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern von Jahr zu Jahr recht verschieden – ein Trend ist nicht erkennbar. Überdies ist zu bedenken, dass nicht immer eine klare Zuordnung zwischen Erkranktem und seinem aktuellen Wohnort möglich war. Sofern Angaben zu Wohnort des Patienten oder des behandelnden Arztes fehlten, wurde die Postleitzahl des Labors zugrunde gelegt. So könnten höhere Zahlen dadurch zustande gekommen sein, dass in einigen Bundesländern große überregionale Labors ihren Sitz haben. Auch Unterschiede im Meldeverhalten der Ärzte könnten eine Rolle gespielt haben.

Und wo hatten sich die Patienten mit Malaria infiziert? Zu 89 % in Afrika, und zwar hauptsächlich in Ghana, Kamerun, Nigeria und Togo. Aus Asien stammten 9 % der Erreger, überwiegend aus Indien.

Am häufigsten erkrankten Erwachsene zwischen 25 und 29 Jahren, Männer häufiger als Frauen. Letzteres ist wohl auf andere Reisegewohnheiten oder Schutzmaßnahmen von Männern zurückzuführen, schreiben Dr. Irene Schöneberg und Kollegen. Unter den an Malaria tropica Erkrankten stammten 41 % aus Deutschland, bei Malaria tertiana und quartana waren es 52 %. Plasmodium falciparum ließ sich mit 77 % am häufigsten nachweisen. Über 70 % aller Erkrankten hatten keine Medikamente zur Prophylaxe eingenommen. Von den Patienten, die eine medikamentöse Prophylaxe durchgeführt hatten, befolgten viele nicht genau die Einnahmeempfehlungen. Zum Teil waren auch die falschen Medikamente verordnet worden.

Mit 562 Fällen gehört die Malaria nach wie vor zu den häufig importierten Krankheiten, konstatieren die Experten für Infektionsepidemiologie. Mögliche Maßnahmen, um die Fallzahlen zu verringern, sind ihrer Meinung nach eine adäquate reisemedizinische Beratung, geeignete Prophylaxemaßnahmen und Aufklärung über die Symptome der Malaria, damit im Fall der Fälle sofort ein Arzt aufgesucht wird.

Shigellose

Von den 679 gemeldeten Shigellose-Fällen waren 47 % in Deutschland erworben. Dabei ist nicht klar, ob sich die Betroffenen tatsächlich autochthon in Deutschland infiziert haben oder sekundär durch Kontakt mit im Ausland erkrankten Personen. Von den 53 % im Ausland erworbenen Fällen stammten die Erreger am häufigsten aus Ägypten und Indien. Dies war auch im Vorjahr der Fall gewesen. Anders als in den Vorjahren erkrankten jedoch weniger Kinder unter fünf Jahren.

Reptilien als Salmonellen-Schleudern


Die dem Robert Koch-Institut gemeldeten Salmonellen-Infektionen sind überwiegend durch den Verzehr von Lebensmitteln verursacht und haben seit 2001 tendenziell abgenommen. Mit einer Ausnahme: Der Anteil von Kindern unter zwei Jahren, bei denen seltene Serovare von Salmonellen gefunden wurden, wie sie typischerweise in exotischen Reptilien vorkommen, hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht.

Eine Schildkröte, eine Schlange oder ein Chamäleon als Haustier ist heute keine Seltenheit mehr. Nach Zahlen des Industrieverbands Heimtierbedarf e.V. gab es 2008 430 000 Terrarien in Deutschland und 2009 wurden in 1,2 % aller Haushalte ein oder mehrere Reptilien gehalten. Dass Reptilien in einem sehr hohen Prozentsatz Salmonellenträger sind, weiß man schon lange. Dass insbesondere Säuglingen und Kleinkindern konkrete Gefahren drohen, ist bislang in der Bevölkerung aber noch wenig bekannt, heißt es im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts².

In den Jahren 2003 bis 2005 erreichten das Nationale Referenzzentrum für Salmonellen und andere bakterielle Enteritis-Erreger (NRZ-Salm) insgesamt 701 Einsendungen mit Salmonellen, davon 56 mit Reptilien-assoziierten Serovaren bei Kindern unter zwei Jahren. Im Zeitraum 2009 bis 2011 waren es 519 Salmonellen-Einsendungen, davon 178 mit reptilientypischen Spezies bei Kindern unter zwei Jahren. Die Infektionen von Säuglingen und Kleinkindern durch reptilienspezifische Salmonellen haben sich also verdreifacht.

Die Übertragung kann durch direkten Kontakt mit den Tieren (Bart- und Wasseragamen, Schlangen, Leguane, Schildkröten, Chamäleons, Geckos u. a.) oder indirekt über Gegenstände (z. B. den Boden, über den Tiere und Kinder krabbeln) erfolgen. In erster Linie verursachen diese "exotischen" Salmonellen Gastroenteritiden. Es kommen aber auch schwere Verläufe mit hämorrhagischer Diarrhö, Fieber, Sepsis, Meningitis oder subduralem Empyem vor.

Berichtet wird z. B. der Fall eines 13 Monate alten Kindes, das 2011 verstarb. Sowohl in dessen Kot sowie im Kot des im selben Haushalt lebenden Steppenwarans wurde dieselbe Salmonellenspezies nachgewiesen. VS


Typhus

Es wurden 59 Typhus-Erkrankungen gemeldet, die meisten davon (93 %) als „Reise-Mitbringsel“ aus dem Ausland. 57 % der Erkrankten und damit mit Abstand die meisten importierten die Erreger aus Indien, 16 % aus Pakistan. Der Rest verteilte sich auf Bangladesch, Türkei, Peru, Sri Lanka, Ghana, Irak und Kenia. Was die Altersverteilung angeht, so erkrankten am häufigsten einjährige Kinder sowie Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren.

Paratyphus

Genau wie im Vorjahr wurden auch 2011 57 Fälle gemeldet, die meisten davon aus Bayern und Hessen. 80 % waren importierte Fälle, 31 % aus Indien, 20 % aus Afghanistan und je 11 % aus der Türkei und Bolivien. In 20 % wurde als Infektionsland Deutschland angegeben. Alle Altersgruppen waren vertreten, Männer etwas häufiger als Frauen. Am häufigsten erkrankten Kinder und junge Erwachsene unter 30 Jahren.

Brucellose

Die 24 gemeldeten Fälle entsprachen in etwa den Häufigkeiten der vier Vorjahre. Über die Hälfte waren importierte Fälle, das am meisten genannte Land war die Türkei.

Hämorrhagisches Fieber

In der Kategorie „Virale Hämorrhagische Fieber und sonstige Erreger“ wurden 13 Fälle von Chikungunya-Fieber gemeldet, sechs aus Indien, zwei aus Indonesien und je ein Fall aus Kenia, Malaysia, Mauritius, den Philippinen und Thailand. Regionale Ausbrüche, wie z. T. in den Jahren davor, in denen zwischen 17 und 53 Fälle gemeldet worden waren, wurden diesmal nicht registriert. Auch Fälle von Ebola, Gelbfieber und Lassafieber wurden 2011 nicht gemeldet.

Dengue-Fieber

Seit 2003 gibt es eine eigene Meldekategorie für Dengue-Fieber, da seitdem auch die nicht hämorrhagisch verlaufenden Erkrankungen meldepflichtig sind. 2011 wurden 288 Fälle gemeldet, damit hat sich die Fallzahl im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Zuvor waren die Fälle von 2004 bis 2010 angestiegen. Die meisten Importe stammten aus Thailand (29 %), gefolgt von Indien (14 %), Indonesien (9 %) und Brasilien (7 %). Hämorrhagische Verläufe oder Schocksyndrome wurden nicht gemeldet.

Leishmaniose

Es wurden zehn Fälle gemeldet, davon acht Fälle kutaner und zwei Fälle viszeraler Leishmaniose. Von den kutanen Fällen wurden zwei aus Mallorca, fünf aus Südamerika und eine Infektion aus Ghana importiert. Die Erreger der beiden viszeralen Fälle stammten aus Georgien/Kasachstan und der Dominikanischen Republik. Das Reservoir für Leishmanien, eine Protozoenart, sind Nagetiere, aber auch Hunde. Außerhalb Europas ist die Infektion weit verbreitet, es gibt jedoch auch Infektionsgebiete im Mittelmeerraum (Italien, Spanien).

Seltene Infektionen

Es wurden drei Fälle von Trichinellose gemeldet. Ein Mann hatte sich in Kanada beim Verzehr eines erlegten Eisbären infiziert. Die Infektionsquellen der beiden anderen Erkrankten sind nicht bekannt, als mögliche Infektionsländer wurden Deutschland und Polen genannt.

Es gab vier Fälle von Cholera, importiert aus Pakistan, Indien und der Dominikanischen Republik (zwei Fälle).

Zwei Meldungen über Lepra-Fälle erreichten das RKI, aus Brasilien (Borderline-Lepra) und Indonesien (lepromatöse Lepra).


Dr. med. Vera Seifert


Literatur
1) Dr. Irene Schöneberg, Abteilung für Infektionsepidemiologie des RKI, et al.: Reiseassoziierte Infektionskrankheiten 2011; Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Instituts Nr. 43 vom 29. Oktober 2012
2) Bericht aus dem Nationalen Referenzzentrum für Salmonellen und andere bakterielle Enteritiserreger am Robert Koch-Institut; Epidemiologisches Bulletin Nr. 9 vom 4. März 2013


Tropenmedizin-Online

Ein umfangreicher reisemedizinischer Informationsdienst, der sich sowohl an Reisende als auch an Ärzte und Apotheker wendet, steht unter www.tropenmedicus.dezur Verfügung (Vgl. Abbildung). Man findet dort u. a. reisemedizinische Länderinformationen, Adressen von Beratungsstellen und Gelbfieberberatungsstellen, Formulare für die Impfsprechstunde und die reisemedizinische Beratung, Seminarangebote und aktuelle Nachrichten.

Das 246 Seiten umfassende reisemedizinische Handbuch 2013 für Ärzte, Betriebsärzte, Apotheken und Gesundheitsdienste kann online oder per Fax bestellt werden.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; (9) Seite 14-16