Das Aufstellen und Schmücken des Weihnachtsbaums ist eine feste Tradition zum Christfest. Doch wie kam es eigentlich dazu und warum werden die Geschenke unter dem Baum platziert?

Mit der Weihnachtsbotschaft ist uraltes Brauchtum verbunden: Die Aussöhnung zwischen den Menschen, das Beschenken von anderen, die uns lieb und teuer sind, der Weihnachtsmarkt und die weihnachtliche Atmosphäre zu Hause. Hierzu gehören Krippe, Nussknacker, Weihrauchduft, der Gabentisch und als Mittelpunkt der lichterstrahlende Tannenbaum.

Die Heimat der "dannenbäume"

Doch der Tannen- oder Weihnachtsbaum ist erst eine Errungenschaft der neueren Zeit. Unsere Vorfahren liebten es, zu Weihnachten etwas Blühendes oder wenigstens etwas Grünes in der Wohnung zu haben. So wurde es in Süddeutschland Sitte, zum Christfest das Zimmer mit Laubzweigen zu schmücken. Sie wurden am 4. Dezember (Tag der heiligen Barbara) geschnitten und sollten, im Zimmer in Wasser gehalten, bis zum Weihnachtsfest ergrünen und erblühen.

Die Behörden versuchten immer wieder gegen diesen neuen Brauch vorzugehen und verboten das Abschneiden von Zweigen zur Weihnachtszeit. So untersagt 1768 der Nürnberger Rat das Abschneiden von Ebereschen-, Linden-, Kastanien- und Pappelzweigen. Doch ohne Erfolg!

Die erste verlässliche Überlieferung über die Verwendung der Tanne als Weihnachtsbaum kommt 1495 aus Straßburg. Der Dichter Sebastian Brant (1457–1521) schreibt in seiner Chronik: "Auf weihnachten richtete man dannenbäume zu strassburg in den stuben auf, daran hängt man rossen aus vielfarbigem papier geschnitten, äppel, oblaten und zucker." Aber schon hagelt es Proteste gegen diesen neuen Brauch: So wettert der Straßburger Professor Dannhauer gegen dieses "Kinderspiel".

Eine alte Überlieferung teilt uns mit, dass die ersten Tannen im Jahr 1520 in den Wäldern von Schlettstadt bei Straßburg geschlagen wurden. Doch auch hier gibt es behördliche Verbote gegen das Abholzen. Hundert Jahre später scheint sich die Tanne als Weihnachtsbaum im Elsass durchgesetzt zu haben. Damit gilt das Elsass als die Heimat der weihnachtlichen "dannenbäume". Von hier aus verbreitet sich der Tannen- bzw. Weihnachtsbaum zunächst in Mitteldeutschland.

Die Lichter gehen an

Doch den Weihnachtsbäumen fehlte damals noch der Lichterschmuck. Die älteste Nachricht, die diesen erwähnt, stammt 1737 aus Zittau. Ein gewisser Gottfried Kießling beschreibt hier die Weihnachtsbräuche in seiner Heimatstadt und lässt uns wissen, dass der Lichterschmuck sich noch nicht überall durchgesetzt hat. 1765 feiert der junge Goethe als Student im Haus von Körners Mutter in Leipzig das Weihnachtsfest unter einem mit Wachslichtern geschmückten Tannenbaum. Doch das dürfte damals noch eine Ausnahme gewesen sein.

Ende des 18. Jahrhunderts erfreute sich der Christbaum in reichen Familien schon großer Beliebtheit. Um 1825 wurde er im Münchner Raum bekannt und gegen 1860 in Baden und Württemberg. Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich der Weihnachtsbaum fast in ganz Nordeuropa verbreitet und bis heute behauptet. Daran sollten wir uns erinnern, wenn wir zur Weihnachtszeit das Lied anstimmen: "O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter."

Die ersten Weihnachtsgeschenke

Was wäre das Weihnachtsfest ohne Geschenke? Sie sind Ausdruck der Nächstenliebe, mit ihnen wollen wir Menschen, die uns nahestehen, erfreuen. Über die ersten Weihnachtsgeschenke berichtet die Bibel im Matthäus-Evangelium. Als die drei Weisen aus dem Morgenland, dem Stern folgend, in Betlehem ankamen, fanden sie Jesus und seine Mutter Maria: "… da fielen sie nieder und huldigten ihm." Nur das Kostbarste war den drei Weisen für einen Königssohn gut genug, deshalb schenkten sie Jesus Gold, Weihrauch und Myrrhe – damals für Kaiser und Könige würdige Präsente.

Das Überreichen von Geschenken, die Bescherung, ist ein Überbleibsel aus der Römerzeit. So übergab man am ersten Tag des neuen Jahrs in Rom angesehenen Personen, aber auch Vorgesetzten Geschenke. Die Kirche übernahm diesen Brauch aber in dem Sinne, dass nicht nur der Herr Geschenke von seinen Untergebenen erhielt, sondern dass er solche an andere Personen, vor allem Arme und Bedürftige, verteilen solle. Die Weihnachtsgeschenke im Mittelalter bestanden vor allem aus Esswaren und anderen Naturalien. Später wurden hauptsächlich Geld, aber auch Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens geschenkt. Aber auch hier gab es Widerspruch: So erlässt im Jahr 1460 der Rat von Konstanz eine Verordnung, dass selbst der Pate seinen Patenkindern "zu Wihenachten weder Bienenzelten, Brot, Kaß, Hämpli noch just nit anders senden" soll. Und im Jahr 1508 wettert der berühmte Prediger Geiler von Kaisersberg in Straßburg von der Kanzel gegen die Unsitte der weihnachtlichen Bescherung, "dass sie einander gaben schicken, lebkuchen, wein."

Zuerst brachte der Nikolaus die Gaben

Die Reformation brachte Veränderungen. Denn bis ins 16. Jahrhundert brachte der Nikolaus anstelle des Christkinds die Weihnachtsgeschenke. Erst Martin Luther ersetzte den populären Nikolaus durch den "Heiligen Christ", der am 24. Dezember die Geschenke bringt. Damals gab es in den Familien nur Weihnachtspräsente für die Kinder. Das Christkind brachte den artigen Kindern die Geschenke in ein Bündel eingepackt ins Haus. Aus der Niederschrift einer Predigt von 1571 ist zu entnehmen, dass eine solche "Christbürde" fünf Dinge enthalten muss: ein Geldstück, Nascherei, Spielzeug, Kleidungsstücke und Gegenstände für die Schule. An vielen Orten bestand lange die Sitte, dass die Eltern die Geschenke für ihre Kinder zum Abendgottesdienst (Christmette) mit in die Kirche brachten und sie hier den Kindern überreichten. Erst als die Geschenke zahlreicher wurden und nicht mehr in eine "Bürde" passten, wurden sie auf dem Gabentisch unter dem Weihnachtsbaum aufgebaut.

Die älteste Information über die "heilige Christbescherung" stammt aus dem Jahr 1584: Sie teilt uns mit, dass man den Kindern "Klappern, Kästchen, Störche, Schäfchen, Pferdchen, Wägelchen, Äpfel, Birnen, Nüsse, Honigkuchen und andere schöne Sachen" schenkte, wobei immer eine Rute dabeilag. Sie sollte die Kinder erinnern, immer schön folgsam zu sein. Vor allem die schon um 1300 von einem Nürnberger Chronisten erwähnten Pfeffer- oder Lebkuchen durften auf keinem Gabentisch fehlen. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts begannen sich auch die Erwachsenen zu Weihnachten gegenseitig zu beschenken.



Autor:
Ernst-Albert Meyer

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (21) Seite 72-73