Eine peranale Blutung ist ein häufiges Ereignis. In den meisten Fällen steckt eine anorektale Erkrankung dahinter, die der Hausarzt diagnostizieren und oft auch behandeln kann. Lässt sich die Blutungsquelle nicht klären oder ist der Patient über 50, sollte eine Koloskopie veranlasst werden. Und bei schweren Blutungen kann sogar eine notfallmäßige Einweisung notwendig sein.

Pro Jahr entdecken in Deutschland 13 Millionen Menschen beim Stuhlgang Blut. Meistens steckt dahinter ein vergleichsweise harmloses Problem. Allerdings wird das Thema oft tabuisiert und beim Arztbesuch nicht angesprochen. Nach einer Bevölkerungsstudie aus Minnesota konsultieren nur 14 % der Personen, denen Blut im Stuhl aufgefallen war, einen Arzt. Deshalb sollte der Arzt immer aktiv die Frage nach Blut im Stuhl stellen.

Leitsymptom: peranale Blutung

Das Leitsymptom der unteren gastrointestinalen Blutung (UGIB) ist die peranale Blutung. Diese hat eine große Bandbreite und kann sich sehr unterschiedlich manifestieren. Sie reicht von der harmlos blutenden Analfissur bis zur lebensbedrohlichen arteriellen Blutung.

In der Praxis ist die frische hellrote Blutung am häufigsten und hat in der Regel ihren Ursprung im Anorektum. Die Hämatochezie hingegen, bei der Stuhl mit Blut vermischt ist, stammt vorwiegend aus dem Kolon, kann aber auch, wenn sie massiv ist, aus dem oberen Gastrointestinaltrakt kommen. Bei der Meläna ist der Stuhl teerfarben und ist ein Hinweis für eine Blutung im oberen Gastrointestinaltrakt oder bei Kindern und Jugendlichen aus einem Meckel-Divertikel. Circa 85 % der peranalen Blutungen haben ihren Ursprung im Kolon und Anorektum, bis 5 % im Dünndarm und 11 % im oberen Gastrointestinaltrakt. Die Inzidenz der unteren gastrointestinalen Blutung beträgt 20 – 27 pro 100 000 und Jahr und steigt im Vergleich zum 20. bis zum 90. Lebensjahr um den Faktor 200 an.

Ursachen der peranalen Blutung

Die Problematik bei der Diagnostik der akuten intestinalen Blutung liegt in der Identifizierung der Blutungsquelle, was trotz modernster Verfahren in bis zu 10 % der Fälle nicht gelingt. In der hausärztlichen Praxis haben 90 % der Patienten mit peranaler Blutung eine anorektale Erkrankung wie Hämorrhoiden (Abb.1) oder Analfissur. Nur in 10 % der Fälle stammt das Blut aus Divertikeln, Neoplasien oder einer Kolitis (Abb. 2). Blutungen aus Angiodysplasien können heftig sein, kommen aber eher selten vor (Abb. 3).

Bedeutung der Blutungsanamnese

Zuerst muss die Dringlichkeit des weiteren Vorgehens bestimmt werden (Übersicht 1). Diese kann mit einer gezielten Blutungsanamnese rasch geklärt werden. Durch Fragen, wie es blutet (hellrot, tropfend, spritzend oder nur Blut am Papier oder Koagel sichtbar) und wann es blutet (spontan oder bei bzw. nach der Defäkation), kann die Situation eingeschätzt werden. Auch sollte immer nach der Ernährung am Vortag wie Rote Bete gefragt werden, da dies eine Hämatochezie vortäuschen kann. Diese Fragen können die Blutungsquelle eingrenzen und rasch zwischen einer proktologischen Erkrankung und einer Blutung aus dem Kolon differenzieren.

Wenn es durch die Blutung zum Stuhldrang und zu Tenesmen kommt und der Patient dunkles Blut mit Stuhl vermischt absetzt, muss rasch gehandelt und der Patient zur weiteren Abklärung stationär eingewiesen werden. Die Kreislaufparameter sind in der Anfangsphase der Blutung wenig aussagekräftig, nur bei stärkeren oder länger anhaltenden Blutungen geben sie Hinweise auf die Dringlichkeit des Geschehens.

Primärdiagnostik in der Praxis

Nach der Anamnese sind digitale Untersuchung und Prokto-/Rektoskopie die ersten Maßnahmen, die auch vom Hausarzt durchgeführt werden können. Mit diesen Untersuchungen erkennt man, ob das Blut von einer anorektalen Erkrankung stammt oder aus dem Kolon kommt und wie dringlich das weitere Vorgehen ist.

Wann ist die Koloskopie erforderlich?

Wenn eine adäquate Blutungsquelle z. B. aus Hämorrhoiden oder Fissur gefunden wurde und die Blutung nach der Therapie sistiert, ist bei sonst gesunden Patienten unter 40 Jahren keine weitere Diagnostik erforderlich. Nach Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie (DGK) (Übersicht 2) sollte bei einer Hämatochezie bei Patienten über 50 Jahren eine Koloskopie durchgeführt werden, auch wenn eine anorektale Erkrankung vorhanden ist. Bei einer singulären peranalen Blutung sollte eine Koloskopie bei Patienten über 50 Jahren und zumindest eine Sigmoidoskopie bei Patienten unter 50 Jahren erfolgen. Bei rezidivierender Blutung ist unabhängig vom Alter immer eine Koloskopie erforderlich. Chronische Blutungen bleiben klinisch häufig okkult und werden oft zufällig im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen (Hämokkulttest) oder bei einer Blutbildbestimmung (Anämie) detektiert.

Risiko für ein Kolonkarzinom

Mit dem Alter nimmt das Risiko für ein Kolonkarzinom zu und dessen Wahrscheinlichkeit steigt bei einer rektalen Blutung laut Stallmach bei über 60-Jährigen auf 7 % an. Weitere Alarmsymptome für das Vorliegen eines kolorektalen Karzinoms sind Veränderungen der Stuhlgewohnheiten, Gewichtsverlust und die Anämie und erfordern eine Abklärung durch Koloskopie. Auch bei positiver Familienanamnese ist das Darmkrebsrisiko deutlich erhöht. Es steigt auf das Fünffache, wenn mehrere Verwandte ersten Grades an Darmkrebs erkrankten oder wenn Darmkrebs in der Familie vor dem 50. bis 60. Lebensjahr aufgetreten ist. Deshalb sollte bei diesen Risikogruppen bei Auftreten einer peranalen Blutung immer die komplette Koloskopie erfolgen.

Vorgehen in der Klinik

In der Klinik kann durch Notfallkoloskopie in 80 % der Fälle die Diagnose gesichert und bei 20 % die Blutung gleichzeitig interventionell zum Stillstand gebracht werden. Divertikelblutungen kommen in 80 % spontan zum Stillstand, die meisten Patienten sind älter als 45 Jahre und haben keine Divertikulitis. Bei 25 % kommt es zu Rezidivblutungen. Nur in seltenen Fällen sind weitere diagnostische Schritte zur Lokalisation der Blutung wie Angiographie und Szintigraphie notwendig. Wenn die Blutungsquelle nicht lokalisierbar ist und eine kreislaufwirksame Blutung nicht zum Stillstand kommt, ist eine Notfalloperation erforderlich. Dies sind vorwiegend Blutungen bei Kolitis, Angiodysplasie und Divertikeln (Übersicht 3).

Zusammenfassung

Die peranale Blutung ist häufig und stammt vorwiegend von einer anorektalen Erkrankung, die der Hausarzt durch Rekto- und Proktoskopie diagnostizieren und oft gleichzeitig effektiv therapieren kann. Aber hinter einer vermeintlich harmlosen Hämorrhoidalblutung kann auch mal ein kolorektales Karzinom stecken. Deshalb ist in der täglichen Praxis die Abklärung der Blutungsursache und die Veranlassung einer Koloskopie von entscheidender Bedeutung. Die starke peranale Blutung kann eine vitale Bedrohung sein und stellt den Arzt im Notfalldienst vor eine große Herausforderung, da der Patient sofort im Krankenhaus versorgt werden muss. Hier bestimmt die Intensität der Blutung die Dringlichkeit des Vorgehens. Durch interventionelle Maßnahmen bei der Koloskopie sind die meisten Blutungen beherrschbar, so dass Notfalloperationen nur in Ausnahmefällen notwendig sind.



Autoren:

Dr. Bernhard Strittmatter, Freiburg

Praxisklinik 2000, Koloproktologie
79110 Freiburg i. Br.

Co-Autor(in): E.-M. Stang

Interessenkonflikte: keine deklariert


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (18) Seite x-x