Die Tabakentwöhnung gehört zu den wichtigsten Präventivangeboten des Hausarztes, um seine Patienten vor Herz-Kreislauf-Problemen, Lungen- und Krebserkrankungen zu schützen. Für die ärztliche Sprechstunde erweisen sich Minimalinterventionen als ideal: Sie kosten wenig Zeit, lassen sich gut in den ärztlichen Alltag integrieren und können Rauchern nachweislich beim Aufhören helfen.

Rauchen ist der Hauptrisikofaktor für eine Vielzahl von Erkrankungen und für vorzeitiges Sterben in entwickelten Ländern. Über die Hälfte der Raucher stirbt an den Folgen einer tabakrauchbedingten Erkrankung [6, 2] – jeder zweite vor dem 70. Lebensjahr [4]. Neben der Lunge als primärem Filter für den Tabakrauch – dieser enthält über 5.000 chemische Substanzen – sind von dessen schädigendem Einfluss fast alle Organe betroffen. Herz-Kreislauf-, Lungen- und Krebserkrankungen stehen hier an der Spitze. Die meisten Raucher sind sich dieser gesundheitlichen Risiken bewusst und mit dem eigenen Rauchverhalten unzufrieden: 90 % wollen das Rauchen beenden oder zumindest deutlich reduzieren [3].

Angesichts solcher Zahlen könnte man intensive gesellschaftliche und insbesondere medizinische Bemühungen erwarten, um Rauchern beim Aufhören zu helfen. Interventionen zur Tabakentwöhnung (TE) finden im ärztlichen Alltag jedoch kaum statt. Die Hauptgründe: Zeitmangel, fehlende Kostenerstattung und mangelnde eigene Qualifikation. Dabei können schon Minimalinterventionen von wenigen Minuten effektiv helfen. So lässt sich allein schon die Quote derer erhöhen, die danach in Kontakt mit entsprechenden Einrichtungen für eine TE treten. Solche praktikablen Minimalinterventionen können auch gut in den ärztlichen Alltag implementiert werden.

Minimalintervention "5A"

Ärzte und Raucher können bei jedem Kontakt, den sie innerhalb des Gesundheitssystems pflegen, das Thema Rauchen aufgreifen und Hilfen anbieten beziehungsweise erhalten. Eine der besten Chancen birgt der Zeitpunkt eines neuen Befundes oder einer neuen Diagnose. Die bekannteste Minimalintervention ist hier die "5A-Strategie" (Abb. 1) [5].

Der Arzt erhebt zunächst den Rauchstatus (A1: Ask). Danach sollte ein unmissverständlicher Ratschlag zum Rauchstopp erfolgen (A2: Advice). Häufig lässt sich dies mit einem vorliegenden Befund sogar medizinisch im Sinne eines Feedbacks untermauern. Diese beiden Maßnahmen werden in der Regel durchgeführt. Anders sieht es beim nächsten Schritt aus: der Frage nach der Aufhörmotivation (A3: Assess willingness). Diese wird – vielleicht aus Angst vor Endlosgesprächen – sehr häufig nicht angegangen.

Offene Frage zur Aufhörbereitschaft

Dabei geht es ganz leicht: Mit einer einfachen offenen Frage kann man dem Raucher den Ball zuspielen, so dass er seine Position zunächst offen und wertfrei äußern kann. Nach meiner Erfahrung antworten die meisten Raucher auf die Frage "Was denken Sie selbst über das Rauchen?" mit einem klaren, aber ebenso unentschiedenen "Ich würde ja gerne aufhören, aber …" Der Aufhörwunsch ist bei den meisten Patienten vorhanden. Sie sprechen diesen auch offen aus, äußern aber gleichzeitig Schwierigkeiten oder Hindernisse. Hier können wir als Arzt – abhängig von den eigenen Ressourcen und der eigenen Qualifikation – entweder selbst aktiv werden oder den Raucher an ein Entwöhnungszentrum verweisen (A4: Assist). Nach der offenen Frage zur Aufhörbereitschaft eignet sich vor allem das Widerspiegeln (Reflexion) der Äußerungen des Rauchers, um ihn durch das weitere Gespräch zu führen. Folgender Musterdialog soll diese Schritte zeigen:

Musterdialog
Arzt (A): "Sie haben im Aufnahmebogen angegeben, dass Sie rauchen." (A1: Rauchstatus erheben)

Patient (P): "Ja, so circa 20 Zigaretten pro Tag."

A: "Mit dem heutigen Befund (z. B. Lungenfunktion, Zucker- und Cholesterinwerte, Carotisduplex – Befunde als Feedback nutzen) möchte ich Ihnen dringend raten, mit dem Rauchen aufzuhören (A2: Ratschlag zum Aufhören geben), da sich die Werte sonst aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Jahren verschlechtern werden. Dass dieser Rat von mir als Arzt kommt, war Ihnen vermutlich schon im Vorfeld klar. Mich würde interessieren, was Sie selbst über das Rauchen denken?" (A3: Aufhörbereitschaft mit einer offenen Frage eruieren)

P: "Ich weiß, es tut mir nicht gut, und eigentlich würde ich gerne aufhören, aber ich habe es schon so oft versucht, ich schaffe das eigentlich nicht."

A: "Sie wollten schon öfters aufhören, aber es hat mehrere Male nicht geklappt. Ich höre aber heraus, dass Sie prinzipiell aufhören möchten (Reflexion). Würden Sie denn einen Aufhörversuch angehen, wenn Ihnen jemand helfen könnte, die Schwierigkeiten zu lösen, die bisher im Weg standen?"

P: "Ja, eigentlich schon, aber ich kenne dafür keine Anlaufstelle."

A: "Wir arbeiten mit XY zusammen. Die kümmern sich intensiv um aufhörbereite Raucher. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir Ihre Kontaktdaten an XY weitergeben, die würden sich dann mal unverbindlich mit Ihnen in Verbindung setzen?" (A4: Assist = Weiterverweisen)

P: "Ja gerne, ich kann mir auf jeden Fall anhören, was die so anbieten."

Mit wenigen Sätzen ist in diesem Dialog – ohne jegliche Konfrontation im Gespräch – ein Kontakt mit einem Entwöhnungszentrum hergestellt und damit dem Raucher die Möglichkeit gegeben, mit professioneller und evidenzbasierter Tabakentwöhnung in Kontakt zu kommen. Der Ressourcenverbrauch ist mit nur wenigen Minuten (in der Regel 2 – 5 min) minimal und durch den zu erwartenden Benefit bei erfolgreichem Rauchstopp mehr als lohnenswert. Zur Vorbereitung auf künftige Gespräche mit Rauchern sind in Tabelle 1 einige der häufig genannten Hindernisse und entsprechende Erläuterungen oder Lösungsmöglichkeiten aufgeführt.

Medikamente bei Abhängigkeit

Ist der betreuende Arzt mit den Methoden der Tabakentwöhnung gut vertraut, kann er z. B. bei einer Tabakabhängigkeit auch selbst Medikamente zur Entwöhnung anbieten. Zugelassen sind hier Nikotinersatzprodukte, Vareniclin und Bupropion [1]. Der Abhängigkeitsgrad kann beispielsweise mit dem Fagerströmtest für Zigarettenabhängigkeit erhoben werden (vgl. Tabelle 2).

Ist eine intensivere Unterstützung zur Verhaltensänderung notwendig und der Arzt hierfür qualifiziert beziehungsweise erfahren, sollte er diese in der Regel außerhalb der regulären Sprechstunde in Einzelberatungen oder Gruppenkursen anbieten. Braucht der Raucher intensivere Hilfe, sind zwei Kernelemente der Tabakentwöhnung anzuwenden: Verhaltenstherapeutische Unterstützung und Medikamente.

Verhaltenstherapeutische Unterstützung

Verhaltenstherapeutische Unterstützung bedeutet, dem Raucher Alternativen zum Rauchen in den bisherigen Rauchsituationen aufzuzeigen: Was kann ich künftig anders machen, z. B. beim Morgenkaffee, bei der Fahrt zur Arbeit im Auto, beim Warten an der Bushaltestelle, in der Mittagspause, nach dem Essen, bei Stress oder Ärger – anstatt wie bisher zu rauchen? Häufige Alternativen sind etwa: Wasser trinken, zwei- bis dreimal tief ein- und ausatmen, Obst oder Gemüse essen, Kaugummi kauen oder ein Bonbon lutschen, sich bewegen (Treppen steigen, um den Block gehen, Sport machen). Empfehlenswert ist auch die Raucherdose, ein Behälter mit Asche und Zigarettenstummeln, den die Person bei einem Rauchimpuls öffnet, um daran zu riechen – selbst hartgesottene Raucher empfinden dabei ein Ekelgefühl. Die Liste an alternativem Verhalten ist nahezu endlos. Dem Raucher kommt die Aufgabe des "Trainings" dieser Alternativen zu, das unter Alltagsbedingungen stattfindet. Je häufiger er etwa die Situation "Morgenkaffee ohne Zigarette" erlebt, desto normaler wird sie für ihn. Damit polt er auch die Pawlow’sche Konditionierung um und gewöhnt sich die Kopplung "Situation XY – Zigarette" ab.

A5: Nachfassen

Der letzte strategische Schritt der hier vorgestellten 5A-Minimalintervention ist das Wiederaufgreifen des Themas und das Nachfragen bei einem Folgekontakt (A5: Arrange Follow up). Dabei hat sich eine Markierung auf der Krankenakte bewährt. In der eigenen Praxis nutzen wir auf der elektronischen Akte z. B. ein Rauchersymbol. So wird das Thema im hektischen Alltag nicht vergessen.

Fazit für die Praxis

Rauchern kann man mit wenig Aufwand im ärztlichen Alltag den Weg zu einer evidenzbasierten Tabakentwöhnung bahnen. Durch das Weiterverweisen an ein Entwöhnungszentrum erhalten auch "hartnäckige" Fälle eine fachlich qualifizierte Unterstützung. So erhöht sich die Chance auf einen erfolgreichen Rauchstopp. Eine unmittelbare Unterstützung kann bei entsprechender Erfahrung des betreuenden Arztes auch direkt bei ihm erfolgen. Hauptelemente einer evidenzbasierten Tabak-entwöhnung sind hier die verhaltenstherapeutische und die medikamentöse Unterstützung.


Literatur:
1. (2010). Empfehlungen zur Therapie der Tabakabhängigkeit ("Raucherentwöhnung"), Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. 37.
2. (2015). The tobacco epidemic. Basel (CH), Karger.
3. Breitling, L. P., Rothenbacher, D., Stegmaier, C., Raum, E. and Brenner, H. (2009). "Older smokers’ motivation and attempts to quit smoking: epidemiological insight into the question of lifestyle versus addiction." Dtsch Arztebl Int 106(27): 451-455.
4. Doll, R., Peto, R., Boreham, J. and Sutherland, I. (2004). "Mortality in relation to smoking: 50 years’ observations on male British doctors." BMJ 328(7455): 1519.
5. Fiore, M., Jaén, C. R., Baker, T. B. and al., e. (2008). Treating Tobacco Use and Dependance: 2008 update. U. S. D. o. H. a. H. Services, Public Health Service.
6. Jha, P., Ramasundarahettige, C., Landsman, V., Rostron, B., Thun, M., Anderson, R. N., McAfee, T. and Peto, R. (2013). "21st-century hazards of smoking and benefits of cessation in the United States." N Engl J Med 368(4): 341-350.


Autor:

Dr. med. Alexander Rupp

Pneumologische Praxis im Zentrum (PiZ)
70173 Stuttgart

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (6) Seite 14-17