Die Mutter eines schulpflichtigen Kindes muss sich einer Operation unterziehen und kann sich für mehrere Tage nicht um die Tochter und den Haushalt kümmern. Ein 70-jähriger, alleinstehender Mann benötigt nach einem längeren Krankenhausaufenthalt grundpflegerische Leistungen und Hilfe im Haushalt. Wer hat einen gesetzlichen Leistungsanspruch auf eine Haushaltshilfe und wo liegt der Unterschied zur hauswirtschaftlichen Versorgung? Wie werden beide beantragt? Unser Experte zum Thema Sozialmedizin klärt auf.

Definition
Haushaltshilfe Die Hilfe für den Haushalt ist im § 38 SGB V geregelt. Zielgruppe sind Menschen, die aus medizinischen Gründen VORÜBERGEHEND ihren Haushalt nicht mehr selbstständig führen können, die aber ansonsten keine große Hilfestellung benötigen. Die Verordnung erfolgt auf einem krankenkassenspezifischen Formular, welches der Patient selbst anfordert.

Hauswirtschaftliche Versorgung Die hauswirtschaftliche Versorgung (wie auch die Grundpflege) ist eine ZUSATZLEISTUNG bei Patienten, die in der Regel auch Behandlungspflege und VORÜBERGEHEND Hilfe im Haushalt sowie grundpflegerische Leistungen benötigen. Dies ist geregelt im § 37 SGB V. Die Verordnung erfolgt auf dem in diesem Jahr (2017) geänderten Muster 12.

Haushaltshilfe und hauswirtschaftliche Versorgung haben denselben Leistungsinhalt, nämlich die Hilfe bei der Hauswirtschaft, aber sie sind in unterschiedlichen Paragraphen geregelt, haben unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen und dementsprechend gibt es unterschiedliche Formulare, auf denen sie verordnet werden.

Haushaltshilfe

Bei der Haushaltshilfe unterscheidet man zwischen der gesetzlich im § 38 festgelegten Leistungsvoraussetzung und den möglichen Satzungsleistungen. Fast jede Krankenkasse hat hier den Gestaltungsspielraum genutzt und für ihre Versicherten Zusatzleistungen festgelegt. Diese können und müssen wir Hausärzte nicht kennen. Hier kann der Patient zur Beratung an seine Krankenkasse verwiesen werden.

Gesetzlicher Leistungsanspruch

Anspruch auf eine Haushaltshilfe besteht bei

  • Krankenhausbehandlung
  • Stationärer Vorsorgekur
  • Reha-Maßnahme

Voraussetzung hierfür ist: Im Haushalt lebt ein Kind unter 12 Jahren bzw. ein behindertes Kind. Der Anspruch gilt dann für die Zeit der Abwesenheit. Darüber hinaus besteht auch Anspruch auf Haushaltshilfe bei schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit (insbesondere im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt, eine ambulante Operation oder Krankenhausbehandlung). Die Dauer beträgt in diesem Fall längstens vier Wochen (ohne Kind), kann aber auf 26 Wochen verlängert werden, falls ein Kind unter 12 Jahren oder ein behindertes Kind im Haushalt lebt. Diese Leistung wird nicht gewährt bei Vorliegen des Pflegegrades 2 bis 5. Diese Einschränkung gilt aber nicht zur hauswirtschaftlichen Versorgung des Kindes.

Gesetzliche Leistungen

Anspruch besteht auf

  • Stellen einer Haushaltshilfe (z. B. Nachbarschaftshilfe über Sozialstation)
  • Erstattung von Kosten für selbstbeschaffte Haushaltshilfe

Dies gilt aber nicht für Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grad (§ 38, Abs. 4). Für diese kann Verdienstausfall erstattet werden, aber maximal bis zu den Kosten einer "professionellen" Haushaltshilfe.

Beispiel: Kommt die Mutter eines 4-jährigen Kindes in ein Krankenhaus, zahlt die Krankenkasse die Haushaltshilfe, die von der Sozialstation z. B. im Rahmen der Nachbarschaftshilfe bezahlt wird. Sie kommt in diesem Fall vom Ende des Kindergartenaufenthalts bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Vater des Kindes die Betreuung wieder übernehmen kann, zum Einsatz. Alternativ kann der Vater Sonderurlaub nehmen und das Kind und den Haushalt selbst versorgen. Er erhält dann von der Krankenkasse den Verdienstausfall – allerdings nicht den kompletten Betrag, sondern maximal die Summe, die die Kasse auch an die Sozialstation hätte zahlen müssen. Gerne verlangen in solchen Fällen die Betroffenen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von ihrem Hausarzt, weil dann keine Differenz zwischen Verdienstausfall und Beitrag der Krankenkasse anfällt. Dies ist natürlich weder korrekt noch legal.

Schwangerschaft und Entbindung

In § 24h ist geregelt, dass Haushaltshilfe gewährt wird, wenn der Haushalt wegen Schwangerschaft oder Entbindung nicht weitergeführt werden kann. Die oben genannten Einschränkungen entsprechend § 38 Abs. 4 (selbstbeschaffte Haushaltshilfe) gelten auch hier.

Hauswirtschaftliche Versorgung

Die hauswirtschaftliche Versorgung kann im Rahmen der häuslichen Krankenpflege verordnet werden und ist in § 37 SGB V geregelt. Die Verordnung erfolgt auf Muster 12. Unterschieden wird, ob die häusliche Krankenpflege zur Vermeidung einer Krankenhausbehandlung ("Vermeidungspflege") entsprechend § 37 Abs. 1 oder zur Sicherstellung der ärztlichen Behandlung ("Sicherungspflege") entsprechend § 37 Abs. 2 erforderlich ist.

Bei "Ersatz einer stationären Behandlung" (sog. Krankenhausvermeidungspflege) darf zusätzlich zur Behandlungspflege auch Grundpflege und/oder hauswirtschaftliche Versorgung auf dem Formular Muster 12 verordnet werden. Die maximale Dauer einer solchen Krankenhausvermeidungspflege beträgt 4 Wochen; eine Verlängerung ist nur möglich, wenn der MDK die weitere Notwendigkeit feststellt. In der Regel handelt es sich hier um akut aufgetretene Krankheitsbilder oder um die Zeit unmittelbar nach einem (verkürzten) Krankenhausaufenthalt (§ 37 Abs. 1 SGB V).

Davon abzugrenzen ist die sog. Unterstützungspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V: Hier handelt es sich um den Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt, eine ambulante Operation oder Krankenhausbehandlung oder um schwere Krankheit bzw. akute Verschlimmerung einer Krankheit. Hauswirtschaftliche Versorgung ist hier immer ohne Behandlungspflege verordnenbar, allerdings nur, wenn keine Pflegebedürftigkeit nach SGB XI oder bei bestehender Pflegebedürftigkeit lediglich der Pflegegrad 1 vorliegt. Die maximale Dauer entspricht den oben genannten Regeln des § 37 Abs. 1.

Bei "Sicherung der ärztlichen Behandlung" kann die Krankenkasse hauswirtschaftliche Versorgung und/oder Grundpflege zusätzlich zu Behandlungspflege leisten, wenn die Satzung dies erlaubt. Ausgeschlossen ist dies allerdings, sobald der Patient Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung (SGB XI) erhält. Ausnahme: Besteht der Pflegegrad 1, ist die Verordnung dennoch möglich.


Literatur:
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Häusliche Krankenpflege-Richtlinie): http://https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1400/HKP-RL_2017-03-16_iK-2017-06-02.pdf


Autor:

Dr. med. Jürgen Herbers

Facharzt für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin, Sportmedizin, Ernährungsmedizin (DAEM/DGEM), Naturheilverfahren und Palliativmedizin;
74385 Pleidelsheim

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (17) Seite 72-75