Dehydratation ist eine der häufigsten Ursachen für eine Krankenhausaufnahme beim älteren Menschen. Symptome einer Exsikkose können u. a. Verwirrtheit, Hypotonie, Schwindel oder prärenales Nierenversagen sein. Stehende Hautfalten und eine trockene Zunge sind gerade beim älteren Patienten eher unsichere klinische Zeichen. Subkutane Infusionen haben den Vorteil, auch ambulant einsetzbar zu sein, und sind überdies effektiv, sicher und kostengünstig.
Aufgrund des abnehmenden prozentualen Wasseranteils am Körpergewicht bei älteren Menschen fällt eine unzureichende Trinkmenge hier stärker ins Gewicht als bei jungen und gesunden Menschen. Mögliche Ursachen für eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme sind z. B. vermindertes/fehlendes Durstgefühl, Schluckschwierigkeiten, Verwirrtheit, Übelkeit und Erbrechen oder auch unzureichende Hilfestellung bei einem pflegebedürftigen Patienten. Ein vermehrter Flüssigkeitsbedarf entsteht insbesondere im Rahmen von Diarrhoen, aber auch anderen Infekten (vermehrtes Schwitzen). Als Folge ist der geschwächte Patient dann häufig noch weniger in der Lage, Flüssigkeit aufzunehmen. Eine intravenöse Flüssigkeitsgabe über Verweilkanülen ist im ambulanten Bereich gerade auch über einen längeren Zeitraum aus unterschiedlichen Gründen der Praktikabilität oft nicht durchführbar. Krankenhausaufenthalte aufgrund einer Dehydratation sind mit erheblichen Kosten verbunden [1]. Daneben stellt das Verlassen der gewohnten Umgebung häufig ein schwerwiegendes soziales Problem für den älteren Menschen dar.
Alternativ eröffnet sich mit der subkutanen Flüssigkeitssubstitution eine Möglichkeit, Dehydratationszustände zu vermeiden [1 - 3]. Die subkutane Infusion sollte jedoch nicht dazu führen, den natürlichen Weg der Flüssigkeitszufuhr ohne Not zu verlassen, z. B. um die Pflege beim entsprechend hilfsbedürftigen Patienten zu „vereinfachen“.
Von der Subkutis in den Kreislauf
Primär stellt sich bei diesem Verfahren die Frage, wie effektiv subkutan applizierte Flüssigkeit in den Kreislauf aufgenommen wird und hierdurch ein Flüssigkeitsdefizit ausgeglichen werden kann. In Untersuchungen mit Radio-markierter physiologischer Kochsalzlösung wurde eine vollständige Bioverfügbarkeit der subkutan zugeführten Flüssigkeit gezeigt [4]. In randomisierten Studien, in denen die subkutane mit einer intravenösen Flüssigkeitsgabe verglichen wurde, ergab sich kein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Effizienz der beiden Applikationswege. Die Auswirkungen einer subkutanen Applikation auf den Metabolismus sind offenbar schonender [5, 6].
Indikationen und Kontraindikationen
Insbesondere die akute und subakute Dehydratation, meist im Rahmen eines Infekts, stellt die wesentliche Indikation dar. Auch bei Patienten mit rezidivierendem Flüssigkeitsmangel ist eine intermittierende Gabe angezeigt. Diesen Applikationsweg als Alternative für eine abgelehnte, langfristig erforderliche PEG-Sonde zu sehen, ist nicht sinnvoll - zumal auch für die subkutane Flüssigkeitsapplikation, sofern keine Notfallsituation vorliegt, das Einverständnis des Patienten bzw. des gesetzlichen Vertreters erforderlich ist. Nicht indiziert ist eine subkutane Flüssigkeitsgabe beim akuten (Volumenmangel-)Schock und bei Ödemen.
Praktische Durchführung
Die Flüssigkeitslösung wird über eine Butterfly-Kanüle o. Ä. appliziert. Es können auch Teflon-Verweilkanülen, die möglicherweise eine längere Liegedauer haben, eingesetzt werden [7]. Nach ausreichender Desinfektion wird die Kanüle im 45°(bis 60°)-Winkel zur Haut z. B. an der Außenseite des Oberschenkels oder im Bereich des Abdomens eingestochen und nach ausreichender Abpolsterung verbunden. Füllt sich die Kanüle mit Blut, muss der Punktionsort gewechselt werden. Die Handhabung der Kanülierung ist einfach zu erlernen und kann in der Regel in Abwesenheit des Arztes von einer Pflegekraft durchgeführt werden [8 - 10]. Ein Wechsel der Punktionsstelle wird in der Regel nach ein bis vier Tagen empfohlen, allerdings wurden auch nach deutlich längeren Verweilzeiten keine Komplikationen beobachtet.
Meist wird isotone Kochsalzlösung langsam (optimal 1 ml/min, höchstens 500 ml/3 h) appliziert. Pro Injektionsort sind maximal 1,5 Liter pro Tag möglich. Bei zwei räumlich möglichst weit auseinanderliegenden Punktionsstellen können bis zu 3 Liter/24 Stunden gegeben werden. Neben isotoner Kochsalzlösung sind auch 5 % Glukose-Lösungen (Cave: Hyponatriämie), Ringer-Lösung und Halbelektrolytlösungen geeignet. Auch eine Substitution von Kalium ist möglich, die Kalium-Konzentration in der Flüssigkeit sollte nicht über 10 mmol/l liegen, da ansonsten die Gefahr von Nekrosen besteht. Es wurde allerdings eine problemlose Gabe von K-Konzentrationen bis zu 40 mmol/l berichtet [11]. Das Serum-Kalium muss hierbei regelmäßig kontrolliert werden. Eine Zugabe von Hyaluronidase zur Verbesserung der Flüssigkeitsaufnahme aus dem subkutanen Fettgewebe, wie in älteren Untersuchungen berichtet, bringt offenbar keine signifikanten Vorteile und gilt als obsolet [12, 13]. Eine Kalorienzufuhr über die s. c.-Infusion ist nicht möglich.
Nutzen und Risiken
Die subkutane Flüssigkeitsinfusion ist eine effektive, breit verfügbare und leicht anzuwendende Methode, eine ausreichende Hydrierung bei älteren, multimorbiden Patienten zu erzielen [1 - 3, 8 - 10], die im Vergleich zu einer intravenösen Flüssigkeitssubstitution bei ähnlicher Effizienz weniger Komplikationen wie Thrombophlebitiden, Septikämien oder systemische Infektionen aufweist [10]. In seltenen Fällen treten lokale Komplikationen wie Schwellungen, entzündliche Veränderungen und Schmerzen am Applikationsort auf [14].
Prophylaktisch kann lokal z. B. Lidocain injiziert werden. Treten die Schmerzen relativ schnell (innerhalb von 5 bis 20 min) auf, liegt die Nadel möglicherweise zu tief (intramuskulär) und sollte flacher gestochen werden. Später auftretende Schmerzen sprechen eventuell für eine zu schnelle Infusionsgeschwindigkeit. Da aufgrund der langsamen Infusionsrate (s. o.) die Flüssigkeitsaufnahme beschränkt ist, scheint die subkutane Substitution v. a. bei Patienten mit milder bis moderater Exsikkose aussichtsreich [3, 10]. Eine Überwässerung ist über diese Applikationsweise nicht zu erwarten, da der Körper in der Regel nur die benötigte Menge an Flüssigkeit resorbiert. Sie kann auf ärztliche Anordnung vom geschulten Pflegepersonal angelegt werden und durch die Verhinderung der Hospitalisierung können Stresssituationen für die meist multimorbiden Patienten vermieden werden [1, 2, 9, 10, 14]. Zudem ist die subkutane Flüssigkeitsgabe kostengünstiger.
Zusammenfassung
Die subkutane Flüssigkeitssubstitution ist eine nebenwirkungsarme, sinnvolle Alternative zur intravenösen Infusion, die sowohl im Pflegeheim als auch im häuslichen Umfeld eingesetzt werden kann. Sie ist sicher, effektiv und kostengünstig (vgl. Tabelle). Die Auswahl der Substitutionstherapie muss individuell an die klinische Situation des Patienten angepasst werden und darf nicht dogmatisch getroffen werden.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2011; 33 (7) Seite 38-39