Was tun, wenn eine Frau gegen Röteln geimpft wird und sich danach herausstellt, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger war?
Die Schwangerschaft muss nicht abgebrochen werden! Sie können die Schwangere zudem beruhigen: Bisher wurde keine einzige Schädigung des Fetus nach Verabreichung von Masern-, Mumps- oder Röteln-Impfstoffen an schwangere Frauen beschrieben.
Auch wenn ein theoretisches Risiko nicht ausgeschlossen werden kann, wurde bei mehr als 3.500 empfänglichen Frauen, die ohne Kenntnis einer Frühschwangerschaft mit Röteln-Impfstoffen geimpft wurden, kein einziger Fall von Rötelnembryopathie berichtet.
Bei einer Untersuchung in Lateinamerika wurden 2.894 Frauen identifiziert, die im Monat nach ihrer Röteln- und Masern-Impfung ein Kind empfangen hatten oder in der Frühschwangerschaft geimpft worden waren. Im Nabelschnurblut konnte zwar später bei 70 Kindern Röteln-spezifische IgM nachgewiesen werden. Keines der Neugeborenen zeigte Symptome einer Embryopathie.
Daher sollte eine versehentliche Impfung von unwissentlich schwangeren Frauen mit Masern-, Mumps- und Röteln-Impfstoffen kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch sein. Trotzdem ist bei bekannter Schwangerschaft eine Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln kontraindiziert. Laut Fachinformation soll nach einer MMR-Impfung "eine Schwangerschaft über einen Zeitraum von einem Monat verhindert werden". Grund hierfür ist das theoretisch bestehende "Restrisiko", dass durch die Impfung eine Rötelembryopathie ausgelöst werden könnte. Die oben genannten retrospektiven Studien sprechen aber dagegen. Zulassungsstudien bei Schwangeren wurden und werden aus ethischen Gründen nicht durchgeführt.
Dr. Andreas H. Leischker, M.A.
Interessenkonflikte: Dr. Leischker hat Honorare/Reisekostenunterstützung von Pfizer, Novartis und Sanofi-Pasteur-MSD erhalten. Er ist Dozent und Mitglied der Akademie des Centrums für Reisemedizin (CRM) Düsseldorf
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (20) Seite 58