Dass ein Übermaß an Medikamenten bei einigen Patienten auch zu unerwünschten Wechsel- und Nebenwirkungen führen kann, ist bekannt. Eine Studie zeigt nun, dass ein starker Juckreiz ebenfalls von einer Multimedikation herrühren kann.

Dass eine Multimedikation auch negative Folgen für die Gesundheit haben kann, ist mittlerweile gut belegt.

Was macht eine Multimedikation mit der Haut?

Japanische Dermatologen haben nun untersucht, ob die tägliche Einnahme vieler Medikamente sich möglicherweise auch auf Haut auswirkt. In einer Kohortenstudie mit mehr als 3.000 Probanden im mittleren Alter von 49 Jahren waren rund 10 % von solch einer Polypharmazie betroffen, erhielten also 5 oder mehr verschiedene Medikamente. Die Daten zur Medikamenteneinnahme beruhten dabei auf Auskünften der Probanden.

52 % höhere Pruritus-Prävalenz

Schon zu Beginn der Studie waren 14 % der Patienten von Juckreiz betroffen. Bei den Probanden, die 5 oder mehr Medikamente am Tag einnahmen, lag die Prävalenz von schwerem Juckreiz schon bei 21 %.

Im Vergleich dazu klagten in der Gruppe der Probanden, die überhaupt keine medikamentösen Therapien erhielten, lediglich 11 % über Probleme mit Juckreiz. Insgesamt ergab sich daraus eine um 52 % höhere Pruritus-Prävalenz bei den Studienteilnehmern, die eine Polypharmazie aufwiesen. Die Forscher wollten es aber noch genauer wissen und legten eine Längsschnittstudie an mit ca. 1.800 Teilnehmern, die zu Beginn der Studie noch keinen schweren Juckreiz aufgewiesen hatten.

In dieser Kohorte entwickelten 25 % der Probanden, die keine Medikamente einnahmen, innerhalb eines Jahres einen schweren Pruritus. Bei den Probanden, die 1 bis 4 Arzneimittel einnahmen, war dies schon bei 33 % der Fall. Und bei jenen, die eine Multimedikation erhalten hatten, stieg die Zahl der von Pruritus Betroffenen auf 40 %. Innerhalb eines Jahres hatte sich demnach das Risiko, unter einer Multimedikation einen schweren Pruritus zu entwickeln, um 46 % erhöht, jedenfalls im Vergleich zu jenen Probanden ohne Medikamenteneinnahme.

Zu viele Medikamente können Juckreiz auslösen

In der Studie hat sich also bestätigt, dass eine Multimedikation das Risiko von unerwünschten Interaktionen und Nebeneffekten hat und das davon insbesondere auch die Haut betroffen sein kann. So könnte die tägliche Einnahme zahlreicher Medikamente ein Trigger für hartnäckigen Pruritus sein.

Nebenwirkungen im Blick behalten

Den Forschern ist dabei bewusst, dass ihre Ergebnisse ein weiteres Indiz gegen eine überbordende Verordnung von Arzneimitteln darstellen. Sie wollen dies aber nicht als Plädoyer gegen die Notwendigkeit einer kombinierten Arzneimitteltherapie für multimorbide Patienten verstanden wissen. Dennoch müsse man mögliche Nebenwirkungen immer im Blick behalten


Literatur
Kogame T et al. (2021) JEADV. DOI: 10.1111/jdv.17443


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (11) Seite 6