Juckende, verstopfte Nase, zugeschwollene Augen, Schnupfen - für viele Allergiker sind das die ersten Frühlingsboten. Wie können Sie Ihren heuschnupfengeplagten Patienten am besten Linderung verschaffen? Wir geben Ihnen einen Überblick über die internationalen Empfehlungen.

Die Therapie bei allergischer Rhinitis sollte sich nach der Schwere der Symptome (Tabelle 1) und dem Alter des Patienten richten, zitieren Denise K. Sur und Stephanie Scandale [1] die „Allergic Rhinitis and Its Impact on Asthma Guidelines” [2]. Diese Empfehlungen, die die Nichtregierungsorganisation ARIA zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation WHO 2001 erstellt und 2010 überarbeitet hat, propagierten einen Kurswechsel. Denn früher galt als maßgeblich, wie und wie häufig die Belastung auftritt - gelegentlich, saisonal oder ganzjährig. Zur optimalen Behandlung gehört nach diesem Verständnis neben der gezielten medikamentösen Symptomkontrolle und ggf. einer Untersuchung auf Asthma übrigens auch eine Schulung der Allergiker. Zusätzlich zum richtigen Einsatz ihrer Medikation soll ihnen vermittelt werden, warum sie aufs Rauchen verzichten sollten und wie sie den Kontakt mit den relevanten Allergenen vermeiden können.

Pharmakotherapie

Als medikamentöse Optionen zur Linderung von allergischem Schnupfen und seinen Begleitsymptomen stehen in Deutschland intranasale Kortikosteroide, orale und topische Antihistaminika, abschwellende Mittel, Mastzellstabilisatoren und Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten zur Verfügung. Eine tabellarische Übersicht über die Einzelsubstanzen in den jeweiligen Gruppen, ihre Altersindikation und Wirkweise finden Sie auf unserer Homepage (www.allgemeinarzt-online.de, Menüpunkt: Leserservice/Downloads)

1. Intranasale Kortikosteroide

Kortikoidsprays haben sich in zahlreichen Studien gegenüber Antihistaminika (oral wie intranasal) als effektiver erwiesen - besonders bei der Verbesserung der Lebensqualität, berichten Sur und Scandale. Initial und bei milder bis moderater allergischer Rhinitis wird daher empfohlen, Erwachsene und Kinder mit einem intranasalen Kortikosteroid zu behandeln. Die anderen Substanzen gelten als zweite Wahl und bleiben moderaten bis schweren Verlaufsformen vorbehalten.

Die Wirkung der Kortikoidsprays tritt binnen 30 Minuten ein und nimmt über Stunden bis Tage zu. Gewöhnlich wird die maximale Effektivität nach zwei- bis vierwöchigem Gebrauch erreicht, fasst das US-amerikanische Autorenteam zusammen. Es gibt keine Evidenz dafür, dass eine Substanz aus der Gruppe wirksamer wäre als die anderen. Den Ausschlag für die Wahl eines Wirkstoffes geben daher unterschiedlich gefasste Indikationen (z.B. hinsichtlich des Alters oder des Einsatzes bei Schwangerschaft) oder die Darreichungsform. So gilt ein Mometason-Spray (Nasonex®) als besonders einfach zu bedienen für Patienten mit rheumatoider Arthritis.

Als häufigste Nebenwirkungen der Kortikoidsprays wurden Kopfschmerz, Rachenreizung, Nasenbluten, Stechen, Brennen und trockene Nase beschrieben. Die Sorge um mögliche systemische Effekte (inkl. Suppression der Hypothalamus-Hypophysen-Achse) wurde für die am Markt verfügbaren Produkte nicht bestätigt. Allerdings tragen sie den Warnhinweis, dass eine Langzeittherapie bei Kindern das Wachstum bremsen kann. Denn in einer randomisierten Studie mit 90 Kindern zwischen sechs und neun Jahren zeigten sich nach einjähriger Therapie mit Beclometason geringere Wachstumsraten, referieren Sur und Scandale. Andere Studien z. B. mit Mometason verzeichneten keinen solchen Effekt. Für nasales Fluticason wurde gezeigt, dass es die endogene Kortisolausscheidung reduziert, die Auswirkung auf das Wachstum ist jedoch unklar.

2. Antihistaminika

Antihistaminika lindern wirksam Histamin-vermittelte Beschwerden wie Niesen, Pruritus, Rhinorrhö und Augensymptome, können aber weniger gegen zugeschwollene Nasen ausrichten wie intranasale Kortikosteroide (Tabelle 2). Die Wirkung tritt bei oraler Einnahme typischerweise binnen 15 bis 30 Minuten ein. Sprays wirken in 15 Minuten und bis zu vier Stunden, fasst das Autorenteam zusammen.

Innerhalb der Gruppe der oralen Antihistaminika bestehen große Unterschiede beim Sicherheitsprofil: Weil sie fettlöslicher sind und die Blut-Hirn-Schranke leichter überwinden, können Antihistaminika der ersten Generation wie Clemastin erhebliche Nebenwirkungen haben (Sedierung, Fatigue und reduzierte geistige Leistungsfähigkeit). Ihr Einsatz ist beispielsweise verbunden mit schwachen schulischen Leistungen, eingeschränkter Fahrtüchtigkeit und einer höheren Zahl an Verkehrs- und Arbeitsunfällen. Mit Ausnahme von Cetirizin haben orale Antihistaminika der zweiten Generation ein besseres Verträglichkeitsprofil und sind deshalb zu bevorzugen. Ihre komplexere chemische Struktur erschwert das Überschreiten der Blut-Hirn-Schranke, so dass weniger zentralnervöse systemische Effekte auftreten. Substanzen wie Desloratadin, Levocetirizin, Fexofenadin und Loratadin gelten als nützlich für Patienten mit milden Symptomen, die lediglich eine Bedarfstherapie benötigen, betonen Sur und Scandale. Den Vorteil von intranasalen Antihistaminika wie Azelastin oder Levocabastin sehen sie im Vergleich zu den oralen Substanzen darin, dass höhere Wirkstoffkonzentrationen ans Zielgebiet gelangen und weniger Nebenwirkungen zu befürchten sind. Nachteilig sind jedoch die höheren Kosten als bei oraler Applikation und die geringere Effektivität im Vergleich zu Kortikoidsprays. Intranasale Antihistaminika gelten laut ARIA als Option für Erwachsene und Kinder mit saisonalen Beschwerden, die sich mit oralen Antihistaminika der zweiten Generation nicht lindern lassen. Unerwünschte Effekte sind bitterer Nachgeschmack, Kopfschmerz, gereizte Nase, Epistaxis und Sedierung.

3. Abschwellende Mittel

Abschwellende Mittel wie Oxymetazolin, Tramazolin, Tetryzolin und Xylometazolin sind hierzulande in erster Linie als Sprays verfügbar. Als allgemeine Nebenwirkungen wurden Niesen und trockene Nase, erhöhter Blutdruck, Schwindel, Arrhythmien und Unruhe, bei Kindern auch Halluzinationen beschrieben. Ein Einsatz dieser Substanzen über mehr als drei bis fünf Tage ist nicht zu empfehlen, da eine Rhinitis medicamentosa sowie eine rezidivierende Schwellung (sog. rebound effect) droht. Allerdings zeigen einzelne Studien z. B. mit zehntägiger Oxymetazolin-Gabe keinen solchen Effekt. Bei Patienten mit kardiovaskulären Grunderkrankungen, Glaukom oder Hyperthyreoidismus ist ein enges Monitoring erforderlich, betonen Sur und Scandale. Die ARIA-Leitlinien befürworten einen kurzzeitigen Einsatz lediglich bei Erwachsenen mit schwerer nasaler Obstruktion und raten von einer Gabe an Kinder im Vorschulalter ab.

4. Mastzellstabilisatoren

Die Präparate mit Cromoglicinsäure (oral und intranasal) und Nedocromil gelten im Allgemeinen als sicher und gut verträglich, jedoch auch als weniger effektiv als Antihistaminika oder intranasale Kortikosteroide, fassen Sur und Scandale zusammen. Als weiterer Nachteil gilt, dass einige Präparate bis zu viermal täglich verabreicht werden müssen.

5. Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten

Obwohl der Leukotrien-LTD4-Rezeptor-Antagonist Montelukast für die Behandlung der allergischen Rhinitis zugelassen ist, zeigte ein systematisches Review von 20 Studien mit Erwachsenen nur eine minimale, klinisch nicht relevante Verbesserung bei zugeschwollener Nase. Sur und Scandale fassen zwei große, unabhängige Metaanalysen zusammen: Demnach wirkt Montelukast zwar besser als Plazebo, ist jedoch nicht so effektiv wie intranasale Kortikoide oder Antihis­taminika und deshalb lediglich als Zweit- oder Drittlinientherapie zu betrachten. Die ARIA-Leitlinien raten von einem Einsatz bei Erwachsenen mit ganzjährigen Beschwerden ab.

6. Kombinationstherapie

Eine Kombinationstherapie ist nach Einschätzung des Autorenteams nicht effektiver als die Einzeltherapie mit intranasalen Kortikoiden. Sie gilt lediglich als Option bei schweren oder persistierenden Symptomen. Das Duo Fluticason und Azelastin erwies sich in einer Studie an Patienten mit moderatem bis schwerem allergischem Schnupfen als überlegen gegenüber den Einzelsubstanzen.

Immuntherapie

Patienten mit moderaten bis schweren persistierenden Symptomen, die nicht auf die übliche orale oder topische Behandlung ansprechen, sollten eine Hyposensibilisierung erhalten. Sie wird sublingual oder subkutan verabreicht (cave: Anaphylaxie!) und dauert typischerweise drei bis fünf Jahre. Ihr Nutzen bei Erwachsenen ist bestätigt, Studien bei Kindern endeten mit gemischten Resultaten, berichten Sur und Scandale. Die ARIA-Leitlinien betrachten die subkutane Gabe als Option bei Erwachsenen mit Hausstauballergie und bei Kindern. Eine sublinguale Therapie könne für Erwachsene mit Pollen- oder Hausstauballergie und für Kinder mit Pollenallergie in Betracht gezogen werden. Unerwünschte lokale Reaktionen seien jedoch häufig.

Eine neue Option zur Immuntherapie - bislang nur bei schwerem allergischem Asthma - ist Omalizumab (Xolair®). Der Anti-Immunglobulin-E-Antikörper reduziert nasale Symptome nachweislich effektiv und verbessert die Lebensqualität. Allerdings sind die Therapiekosten hoch.

Alternative Therapieoptionen

Der Nutzen von Akupunktur bei allergischer Rhinitis ist nach Meinung von Sur und Scandale nicht hinreichend belegt, ebenso wenig die Effektivität und Sicherheit von pflanzlichen Arzneien und Homöopathika. Auch die Evidenz zum Einsatz von Milbenschutzbezügen, Luftfilteranlagen oder zum Schutzeffekt von mindestens dreimonatigem ausschließlichen Stillen ist unzureichend.Als hilfreich bei chronischer Rhinorrhö hat sich jedoch eine Befeuchtung der Nasenschleimhäute erwiesen - alleine oder als adjuvante Maßnahme. Dabei ist eine Nasendusche gegenüber Meersalzsprays zu bevorzugen.

Stefanie Lindl-Fischer


Literatur
1) Sur DK, Scandale S. Am Fam Physician. 2010 ; 81 (129) : 1440 - 1446
2) www.whiar.org/docs/ARIAReport_2010.pdf

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2012; 34 (6) Seite 30-32