Mit der zunehmenden Zahl von Reisenden in Endemiegebiete der Leishmaniose steigt in Mittel- und Nordeuropa die Zahl kutaner Leishmaniainfektionen. Wegen des breiten klinischen Erkrankungsspektrums und der geringen Erfahrung mit solchen Parasiten besteht Verwechslungsgefahr.

Gegenwärtig sind weltweit rund 12 Millionen Menschen an der Leishmaniose erkrankt. Man schätzt, dass jährlich 2 Millionen neue Patienten hinzukommen, 1,5 Millionen mit kutaner beziehungsweise mukokutaner Leishmaniasis und 500 000 mit der viszeralen Form. Von ihnen sterben 70 000 pro Jahr. Damit sei die Leishmaniose die drittwichtigste vektorübertragene Krankheit auf der Welt, erklärte Prof. Dr. Soner Uzun von der Akdeniz University in Antalya/Türkei.

Rund ums Mittelmeer

Während die Neuwelt-Leishmaniose vor allem im zentralen und nördlichen Südamerika sowie in Mittelamerika verbreitet ist, ist die kutane Leishmaniasis der Alten Welt (Old World – OWCL) von Nordwestchina über Mittelasien, den indischen Subkontinent, den Nahen und Mittleren Osten bis in bestimmte Länder der Subsahararegion zu finden. Zudem sind praktisch alle Staaten rund ums Mittelmeer betroffen, einschließlich der mediterranen Inseln. Dort sollen übrigens Hunde, die als Reservoirtiere eine wichtige Rolle spielen, häufig Träger von Leishmanien sein. Hochendemische Länder der Alten Welt sind Afghanistan, Pakistan, Iran, Syrien, Saudi-Arabien und Algerien. Auch in Mittel- und Nordeuropa treten immer wieder Leishmaniosen auf, zumeist als „Ferienmitbringsel“ aus den entsprechenden Ländern. Infiziert sind aber zunehmend auch Menschen, die aus professionellen Gründen Endemiegebiete aufsuchen müssen, beispielsweise amerikanische oder europäische Soldaten, die etwa aus dem Irak oder aus Afghanistan zurückkehren.

Schmerzlose Ulzera

Weltweit sind 20 Leishmaniaspezies in der Lage, beim Menschen eine Leishmaniose-Erkrankung auszulösen. Wichtige Verursacher der kutanen „Orientbeule“ in der Alten Welt sind Leishmania tropica, L. major und L. infantum. Deren Übertragung erfolgt durch sehr kleine, überwiegend dämmerungs- und nachtaktive Sandmücken (1 – 3 mm) der Gattung Phlebotomus. Nach einer Inkubationszeit von zwei Wochen bis zu mehreren Monaten entwickelt sich auf der Haut eine rote erythematöse Papel, die zu einem Knoten (Abb. 1)oder Plaque (Abb. 2) heranwächst und meistens ulzeriert. Das schmerzlose Ulkus besitzt eine nekrotisierte Basis, ist unregelmäßig konturiert, hat leicht erhabene, manchmal hyperkeratotische Ränder und typischerweise einen krustigen Belag (Abb. 3, 4, 5, 6).

Solche Ulzera heilen bei den Altweltformen in der Regel unter Hinterlassung einer flachen, aber deutlich sichtbaren Narbe spontan ab (Abb. 7). Der Zeitraum dafür kann variabel sein, beispielsweise 6 bis 15 Monate bei L. tropica oder 3 bis 6 Monate bei L. major. Allerdings existiert keine strenge Korrelation zwischen der klinischen Form und der Parasitenspezies. 90 % aller Läsionen sind an den unbedeckten Körperstellen zu finden, 60 % allein an Kopf und Hals. Im Gesicht sind besonders Stirn (12 %), Wangen (10 %), Jochbogen (7 %), Infraorbitalregion (9 %), Nase (7 %), Ohren (4 %) und Lippen (3 %) betroffen.

Neuweltliche Leishmaniosen verlaufen zumeist klinisch schwerer und verheilen deutlich langsamer.

Schlecht heilender Insektenstich

Wegen des breiten klinischen Spektrums der kutanen oder mukokutanen Leishmaniasis ist die Diagnose häufig nicht einfach. Vielfach sind die Ärzte in nicht endemischen Gebieten mit der Erkrankung wenig vertraut, so dass initial an andere Entitäten gedacht wird (Abb. 8). Dazu zählen zum Beispiel unverheilte Insektenstiche/-bisse, Ekthyma oder erosiv-ulzerierte Pyodermie, primäre Hauttuberkulose, Tuberculosis cutis verrucosa, postprimäre Inokulationstuberkulose, atypische Mykobakteriosen, tiefe Trichophytie beziehungsweise entzündlich-pustulöse Tinea, Lues I (ulzerierender Primäraffekt) oder Hauttumoren.

Tatsächlich ähneln manche bakteriellen Hautinfektionen einer kutanen Leishmaniose sehr, betonte Uzun. Läsionen der kutanen Leishmaniose können aber auch Plattenepithelkarzinomen oder Basalzellkarzinomen verblüffend ähnlich sein (Abb. 9). Für die Diagnosestellung ist der Nachweis von Leishmania oder Leishmania-DNA im Gewebe notwendig. Zudem sollte wegen der artspezifischen Therapieempfehlungen auch eine Differenzierung der ursächlichen Leishmaniaspezies ins Auge gefasst werden.

Genehmigter und bearbeiteter Nachdruck aus Ars Medici CongressSelection, Januar 2014

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Soner Uzun, Akdeniz University, Antalya/Türkei.


Literatur:
"Travellers’ Dermatoses", Session am 22. Kongress der European Academy of Dermatology and Venerology (EADV), 3. Oktober 2013 in Istanbul.



Kontakt:
Klaus Duffner

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (8) Seite 34-35