Generell beklagen sich heute Allgemeinärzte und hausärztliche Internisten kaum mehr über ihr Honorar. Vor 10 Jahren war das noch ganz anders, da die hausärztlich tätigen Ärzte zu diesen Zeiten verlässlich stets das Ende der Einkommensskala innerhalb der Ärzteschaft zierten. Laut dem neuesten Honorarbericht der KBV erzielten sie nun im Schnitt einen Überschuss von rund 30.000 Euro pro Quartal bei GKV-Versicherten und liegen damit sogar leicht über dem Durchschnitt anderer grundversorgender Fachärzte.

Allerdings haben diese Fachgruppen weit mehr Möglichkeiten, privatärztliche Leistungen abzurechnen, wofür sie ja auch bekanntlich kräftig die Trommel rühren und so vielfach doch wieder mehr Überschüsse erzielen als die Hausärzte. Auch bei den Honorarumsätzen schneiden die Hausärzte leicht unterdurchschnittlich ab, was sie allerdings oft wieder damit kompensieren können, dass sie niedrigere Praxiskosten haben als andere (grundversorgende) Fachärzte. Ist damit nun also alles im Lot bei den Honoraren? Nein: Denn die Hausärzte haben gleich mit 3 Schieflagen zu kämpfen, die die Honorarbilanz in ein ganz anderes Licht rücken:

Große Einkommensdifferenzen

  • Schieflage Nummer 1: Im Vergleich zu den Facharzt-Internisten, Radiologen, Nuklearmedizinern und Augenärzten fällt der Überschuss bei den Allgemeinärzten und hausärztlichen Internisten immer noch um 5.000 bis 10.000 Euro geringer aus. Pro Quartal wohlgemerkt! Im Vergleich mit den Pneumologen summiert sich das Ganze beim Überschuss dann bereits im Jahr auf über 40.000 Euro. Das ist in einer Zeit, in der gerade in der Grundversorgung Ärzte Mangelware sind, in keiner Weise mehr zu rechtfertigen und spornt den Nachwuchs nicht dazu an, den hausärztlichen Bereich zu favorisieren.
  • Schieflage Nummer 2: Die Einkommensdifferenzen innerhalb der Fachgruppe der Hausärzte sind viel zu groß. Das geht beim Umsatz los, weil Allgemeinärzte und Hausarzt-Internisten in Hamburg pro Jahr zwischen 80.000 und 100.000 Euro weniger Honorarumsatz generieren können als z. B. ihre Kollegen in Sachsen-Anhalt. Ähnliche Diskrepanzen zeigen sich auch beim Fallwert (64,50 Euro im Schnitt bundesweit), der im 2. Quartal 2016 in Hamburg gerade mal bei 57,90 Euro, in Thüringen dagegen bei über 70 Euro (70,72 Euro) lag. Selbst unter Berücksichtigung einer Reihe spezifischer Faktoren ist ein Fallwertunterschied von 13 Euro für die prinzipiell gleiche Arbeit in keiner Weise zu rechtfertigen.
  • Schieflage Nummer 3: Bei den schon bisher skandalös unterbezahlten und für viele Hausärzte elementar wichtigen Hausbesuchen wird sich auch in absehbarer Zeit nichts tun. Über die Vergütung von 22 Euro pro Hausbesuch schütteln selbst Patienten den Kopf, wenn sie dies erfahren. Hier ist eine satte Erhöhung um mindestens ein Drittel längst überfällig.

Geld genug wäre da

Warum diese und weitere Ungleichgewichte in Zeiten des gravierenden Ärztemangels nicht beseitigt werden, bleibt ein Rätsel. Dies insbesondere auch deshalb, weil die 110 Krankenkassen inzwischen über mehr als 20 Mrd. Euro Rücklagen verfügen und im Gesundheitsfonds nochmal über 9 Mrd. Euro gebunkert werden. Nur ein Bruchteil dieser Summe würde schon ausreichen, um die Grundversorgung der Patienten substanziell zu verbessern und die unerträglichen Schieflagen zu beseitigen. Man müsste es halt einfach nur wollen, meint

Ihr
Raimund Schmid



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (16) Seite 36