Notfälle am oder im Wasser ereignen sich vergleichsweise seltener als an Land und werden in den Ausbildungscurricula des Allgemeinarztes nur am Rande berücksichtigt. Allerdings ist bei diesen Notfällen die schnelle und richtige Anwendung von oftmals speziellen Rettungsmaßnahmen ausschlaggebend für die Prognose der Betroffenen.

In der folgenden Übersicht werden insbesondere die Erstmaßnahmen beim Ertrinkungsunfall, bei der Hypothermie und beim schweren Tauchunfall dargestellt.

Ertrinkungsunfall

Das Ertrinken wird definiert als Tod durch Ersticken nach Eintauchen in eine Flüssigkeit (Immersion), wobei dies unter Aspiration von Flüssigkeit oder ohne ebensolche (sogenanntes trockenes Ertrinken infolge Laryngospasmus) geschehen kann. Demgegenüber wird das Beinahe-Ertrinken als ein Ertrinkungsunfall verstanden, welcher mindestens 24 Stunden überlebt wird. Abzugrenzen vom direkten Ertrinken ist das indirekte, auch als Badetod oder Tod im Wasser bezeichnete Ertrinken, welches sekundär nach anderen Ursachen (z. B. Tauchunfall etc.) auftreten kann.

Während pathophysiologisch die Aspiration von hypotoner gegenüber hypertoner Flüssigkeit abzugrenzen ist, so münden beide Unfallmechanismen in einer Reduktion der pulmonalen Gasaustauschfläche mit nachfolgender Hypoxie. Für das klinische Management der Verunfallten wird die Unterscheidung zwischen Süß- und Salzwasserertrinken daher heute nicht mehr als relevant erachtet.

Entscheidend ist nach zügiger Bergung der Verunfallten aus dem Wasser die Bekämpfung der Hypoxie. Bei fehlenden Vitalparametern sollte sofort mit der kardiopulmonalen Reanimation begonnen werden. Die Beatmung sollte mit 100 % Sauerstoff erfolgen bzw. beim spontan atmenden Patienten die Inspirationsluft mit Sauerstoff angereichert werden. Die Indikation zur endotrachealen Intubation sollte großzügig gestellt werden, da einerseits plötzliche Zustandsverschlechterungen mit Ausbildung eines Lungenödems häufig sind und andererseits die Beatmung mit einem erhöhten endexspiratorischen Druck (PEEP) einen günstigen Einfluss auf den Verlauf hat. Weitere (stationäre) Überwachung ist wegen der Gefahr einer akuten Verschlechterung notwendig. Da es während des Ertrinkens oft zum Verschlucken von großen Flüssigkeitsmengen kommt, sollte nach der Erstversorgung und Stabilisierung des Verunfallten der Magen per Magensonde entlastet werden.

Hypothermie

Eine Unterkühlung oder Hypothermie liegt vor, wenn die körperliche Kerntemperatur auf unter 35 oC abfällt. Man unterscheidet die akzidentelle Hypothermie mit einer sehr raschen Unterkühlung von der subakuten akzidentellen Unterkühlung mit einem eher allmählichen Temperaturabfall. Unfälle im Wasser gehen in der Regel mit einer raschen Abkühlung einher, da Wasser eine sehr viel höhere Wärmeleitfähigkeit und auch Wärmekapazität als Luft hat. Der Schweregrad der Auskühlung hängt dabei vor allem von der Wassertemperatur und der Verweildauer ab sowie vom Verhältnis der wärmeabgebenden Körperoberfläche zum wärmeproduzierenden Körpervolumen. Dieses ist insbesondere bei Kindern besonders ungünstig, so dass Kinder im Wasser rascher als Erwachsene und schlanke Menschen rascher als adipöse abkühlen.

Pathophysiologisch führt die Unterkühlung zur Aktivierung des Sympathikus mit konsekutiver peripherer Vasokonstriktion, Tachykardie, Steigerung des Herzzeitvolumens und der Atemfrequenz. Bei einem weiteren Abfall der Körperkerntemperatur kommt es zur Bradykardie und einem Abfall des Herzzeitvolumens. Im weiteren Verlauf kann dies zu Asystolie und Kammerflimmern führen. Bereits unter moderater Hypothermie können kardiale Arrhythmien auftreten. Diesen Hypothermiefolgen steht beim Beinahe-Ertrinken ein zerebroprotektiver Effekt entgegen, wahrscheinlich verursacht durch periphere Vasokon­striktion und nachfolgend beschleunigte zerebrale Perfusion und Abkühlung mit reduziertem Stoffwechsel. Spektakuläre Berichte beschreiben erfolgreiche Reanimationen von unterkühlten ertrunkenen Kindern nach Apnoezeiten von mehr als einer Stunde.

Zur Ersthilfe bei einer Unterkühlung gehört die Vermeidung weiterer Wärmeverluste durch z. B. metallbeschichtete Rettungsfolien (Abb. 1) und passive externe Erwärmung in einem warmen Raum. Bei schweren Erfrierungen sollte der Betroffene sich nicht selbstständig bewegen, sondern transportiert werden. Nasse Kleidung sollte nur dann entfernt werden, wenn dies ohne starke Manipulationen (z. B. durch Aufschneiden) möglich ist. Ist die unterkühlte Person ansprechbar, tragen warme, kohlenhydratreiche Getränke zum Aufwärmen bei. Zu beachten ist das Phänomen des sogenannten Afterdrops, früher auch als „Bergungstod“ bezeichnet: Durch die Lageveränderungen des Körpers während der Rettung kann es zu einem Zustrom von kaltem Blut aus der Peripherie nach zentral kommen und damit zu einem weiteren Abfall der Körperkerntemperatur mit der Folge von Herzrhythmusstörungen, Kammerflimmern oder Asystolie. Bei Patienten mit ausgeprägter Hypothermie sollte daher das Vorgehen bei Umlagerung, Bewegung und sonstigen Manipulationen mit großer Vorsicht erfolgen.

Tauchunfälle

Der schwere Tauchunfall ist ein vergleichsweise seltener Notfall, geht aber mit einer hohen Morbidität und Sterblichkeit einher, insbesondere wenn zu spät gehandelt wird. Er ist in den allermeisten Fällen ein sogenannter Dekompressionsunfall, da das Trauma während der Auftauchphase oder Druck­entlastungsphase (Dekompression) auftritt. Pathophysiologisch sind zwei grundsätzlich verschiedene Mechanismen zu unterscheiden, denen jedoch das Auftreten von irregulärem Gas im Körper gemeinsam ist:

  1. Die Dekompressionserkrankung tritt auf, wenn im Blut und den Körpergeweben zusätzlich gelöster Stickstoff bei Umgebungsdruckminderung (während des Auftauchens) nicht abgeatmet wird, sondern Stickstoffgasblasen ausperlen und Symptome durch lokalen Druck oder embolischen Verschluss von Gefäßen verursachen.
  2. Infolge der physikalischen Gesetzmäßigkeit des Zusammenhangs von Druck und Volumen eines Gases dehnt sich im Körper befindliches Gas beim Auftauchen aus. Wenn die sich in der Lunge ausdehnende Luft nicht fortwährend abgeatmet wird, kann es zum pulmonalen Barotrauma kommen, welches durch Gasaustritt aus der Lunge in angrenzendes Gewebe oder Blutgefäße gekennzeichnet ist. Im schlimmsten Fall führt dies zur lebensbedrohlichen arteriellen Gasembolie. Auch ein Pneumothorax oder Mediastinalemphysem sind möglich.

Während das Risiko für eine Dekompressionskrankheit mit zunehmender Wassertiefe und Zeitdauer steigt und in den ersten 10 m unter der Wasseroberfläche quasi nicht existiert, können pulmonale Barotraumen auch beim Tauchen mit Tauchgerät in sehr geringen Wassertiefen wie beispielsweise im Schwimmbad auftreten.

Symptome des schweren Tauchunfalls sind unspezifisch und können bereits während, unmittelbar nach einem Tauchgang oder auch mit einer zeitlichen Latenz von bis zu 24 Stunden auftreten, so dass in letztgenannten Fällen ein zeitlicher Zusammenhang der Symptomatik für den herbeigerufenen Notarzt nicht offensichtlich sein muss. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Risiko des Fliegens nach dem Tauchen hingewiesen, denn in fast 25 % aller Fälle von Dekompressionserkrankungen werden Beschwerden während oder nach dem Fliegen beklagt. Während des Fluges auf üblicher Reiseflughöhe fällt der Kabinendruck gegenüber dem normalen Atmosphärendruck ab und diese weitere Dekompression kann bestehende Stickstoffblasen vergrößern. Diese Überlegungen gelten natürlich auch, wenn die Rückfahrt nach dem Tauchen z. B. über hochgelegene Gebirgspässe erfolgt.

Beim schweren Tauchunfall und insbesondere im Falle einer arteriellen Gas­embolie treten die Symptome jedoch akut und im klassischen Fall bei entsprechender Lokalisation in zerebrale Gefäße schlaganfallähnlich auf. Eine schnellstmögliche Behandlung des schweren Tauchunfalls ist ausschlaggebend für den Therapieerfolg. Diese besteht vor allem in der sofortigen Sauerstoffgabe (angestrebte FiO2 1,0) und der Infusionstherapie. Bei bewusstseinsklaren und ansprechbaren Patienten sollte die Inspirationsluft mit Sauerstoff angereichert (100 %) und Flüssigkeit oral zugeführt werden. Die definitive Therapie der arteriellen Gasembolie und/oder der Dekompressionskrankheit besteht in der Verabreichung von hyperbarem Sauerstoff in einer Therapiedruckkammer. Bis zum Erreichen derselben sind allerdings die Sauerstoff(be-)atmung und Flüssigkeitszufuhr unbedingt kontinuierlich durchzuführen. Der empfohlene Flüssigkeitsersatz beträgt als Initialdosis 1 000 bis 2 000 ml in der ersten Stunde mit einer Erhaltungsdosis von bis zu 500 ml/h in der Folge, ggf. abhängig von den klinischen Parametern. Für die Infusion eignen sich sowohl kolloidale als auch kristalloide Infusionslösungen.

Ein Pneumothorax muss vor Beginn einer Therapie mit hyperbarem Sauerstoff in einer Therapiedruckkammer drainiert werden. Bei entsprechender neurologischer Symptomatik kann zudem die Anlage eines Blasenkatheters notwendig sein.

Zu den Details des Tauchunfallmanagements wird auf die umfassende Leitlinie zur Tauchunfallbehandlung von der zuständigen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaft – Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) – verwiesen, die ständig aktuell gehalten wird (http://www.gtuem.org/223/Downloadbereich.html)


Interessenkonflikte:
keine deklariert

Priv.-Doz. Dr. med. Kay Tetzlaff


Kontakt:
Priv.-Doz. Dr. med. Kay Tetzlaff
Universitätsklinikum
72076 Tübingen

Priv.-Doz. Dr. med. Claus-Martin Muth
Universitätsklinikum
89075 Ulm

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2012; 34 (13) Seite 32-34