Wissenschaftler haben untersucht, wie sich juckende Dermatosen auf das Schlafverhalten und die Psyche der Patienten auswirken. Und diese Beschwerden sind offenbar erheblich und sollten bei der Behandlung mehr Beachtung finden.

Für ihre Studie befragten die Forscher der Berliner Charité rund 800 Patienten, die unter chronischer spontaner Urtikaria, chronisch induzierter Urtikaria, Psoriasis, AD, chronischer Prurigo, kutanem T-Zell-Lymphom, kutanem B-Zell-Lymphom, Masto­zytose, chronischem Pruritus auf primär unveränderter Haut, Parapsoriasis en plaques, bullösem Pemphigoid, Lichen planus und Urtikaria-Vaskulitis litten. Als Maß für die Schlafstörungen wurde der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) herangezogen, der von 0 bis 21 reicht, wobei ein Wert von > 5 auf einen schlechten Schlaf hinweist. Die Intensität des Juckreizes wurde mit der visuellen Analogskala (VAS) gemessen.

Zwei Drittel schlafen schlecht

Die Diagnose „schlechter Schlaf“ könnte dabei bei zwei Dritteln der Patienten (66,2 %) gestellt werden, egal um welche Dermatose es sich handelte. Der durchschnittliche Gesamt-PSQI betrug 8,0 ± 4,3. Am stärksten litten Patienten mit chronischer Prurigo (Gesamt-PSQI: 9,7 ± 4,4) und bullösem Pemphigoid (9,7 ± 3,8) unter Schlafstörungen. Stark beeinträchtigt waren Patienten mit bullösem Pemphigoid (93 %), Urtikaria-Vaskulitis (83 %), chronischer Prurigo (82 %), chronischem Pruritus auf primär unveränderter Haut (76 %), chronischer spontaner Urtikaria (74 %) und Lichen planus (73 %). Der Mehrheit der Betroffenen machte vor allem das Einschlafen (82,9 %) oder das Aufwachen (76,3 %) Probleme.Auffällig war, dass die Stärke des Juckreizes über den Tag nicht konstant war, sondern abends und nachts zunahm, was sich dann besonders negativ auf das Schlafverhalten auswirkte.

Schlafstörungen belasten Psyche

Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass Schlafstörungen sich auch auf die Psyche niederschlagen und häufig mit depressiven Stimmungen, Angststörungen, psychischem Stress und einer verminderten Lebensqualität einhergehen. Bei Patienten, die unter Pruritus litten, waren Schlafstörungen mit einer verminderten gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie mit reduzierter Produktivität bei der Arbeit und reduzierter Aktivität verbunden. Psychischer Stress war der stärkste Vorhersagewert für Schlafstörungen, gefolgt von einer Zunahme des Pruritus während der Nacht und der Stärke des Juckreizes.

Die Ergebnisse der Studie sind nicht wirklich überraschend, aber sie verdeutlichen noch einmal, dass Schlafstörungen Patienten mit chronischen Dermatosen erheblich belasten können. Eine Empfehlung der Wissenschaftler lautet daher: Überschreitet der durchschnittliche Wert des Pruritus auf der visuellen Analogskala 5 Punkte, dann sollten die Betroffenen auf Schlafstörungen hin untersucht werden. Dass dieser Grenzwert nicht überschritten wird, sollte Teil der Juckreiztherapie sein. Eine ergänzende Psychotherapie sollte dabei die psychischen Belastungen der Patienten in den Blick nehmen.


Literatur
Spindler M et al. (2021) J Am Acad Dermatol. DOI: 10.1016/j.jaad.2021.04.015


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (4) Seite 6