Derzeit wird in der Politik darüber diskutiert, den Genuss von Cannabis zu legalisieren. Auch jetzt schon gibt es viele Menschen, die Cannabis-Präparate nutzen. Dass mit der Nutzung von ­Cannabis auch ein gewisses Allergie-Potenzial verbunden ist, zeigt ein aktueller Übersichtsartikel.

Die Verbreitung von Cannabis-Produkten nimmt zu. Dabei muss es sich nicht nur um Cannabis als Genussmittel oder Medikament handeln, die Hanfpflanze wird auch immer öfter in Nahrungsmitteln oder Textilien verarbeitet. Insofern ist der Blick, den britische Wissenschaftler in einer Übersichtsarbeit auf mögliche allergische Reaktionen auf Cannabis geworfen haben, nicht unbegründet.

Vier Hauptallergene

Tatsächlich existiert eine Vielzahl von Sorten von Cannabis sativa und Cannabis indica, was die Angelegenheit nicht unbedingt einfacher macht. Die britischen Forscher haben aber die vier wichtigsten in den Hanfpflanzen enthaltenen Allergene zusammengefasst. Es handelt sich dabei um das nicht spezifische Lipidtransferprotein (nsLTP) Cans3, das Oxygen-evolving ­Enhancer Protein 2 (OEE2), Profilin und das Pathogenesis-related Protein 10 Homologue. Das größte allergene Potenzial hat wohl das Cans3, denn nsLTP sind hitze- und verdauungsstabile Proteine, die in vielen Pflanzen und Nahrungsmitteln vorkommen und untereinander eine hohe Kreuzreaktivität besitzen. So reagieren Patienten, die gegenüber dem nsLTP Prup3 aus Pfirsichen sensibilisiert sind, auch allergisch auf Cannabis sativa.

Klinisch stelle sich eine Cannabis-Allergie sowohl als Reaktion Soforttyp als auch als solche vom Spättyp dar. Pollen und Rauch können eine Rhinokonjunktivitis oder Keratokonjunktivitis auslösen, aber auch ein vorhandenes Asthma verstärken. An der Haut kann es zu einem generalisierten Juckreiz, einer Kontakturtikaria oder zu Angioödemen kommen. Nach dem Berühren von Cannabisblättern oder -blüten ist eine Kontaktdermatitis möglich, nach dem Inhalieren des Rauchs eine toxische Dermatitis. Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass von solchen Symptomen nicht nur der Konsument selbst betroffen sein kann, sondern auch Personen in seinem Umfeld, wenn sie mit Pollen oder Rauch in Kontakt kommen.

Keine Provokationstests durchführen

Am einfachsten zu erkennen sei eine Cannabis-Allergie, wenn sich in der Anamnese ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Konsum und Symptomen ergebe. Dazu sei es aber erforderlich, dass der Patient seinen Cannabis-Gebrauch nicht verheimlicht.

Da derzeit weder spezifische IgE-Antikörperassays noch standardisierte Extrakte zur Verfügung stehen, müsse man sich mit Prick-to-Prick-Tests oder einem Nativpräparatextrakt für den Skin-Prick-Test behelfen, empfehlen die Autoren. Von Provokationstests raten sie hingegen ab, da es beim Inhalieren zu überschießenden Immunreaktionen kommen könne. Bei der Therapie stehe die Allergenkarenz im Vordergrund, wobei auch auf Kreuzallergien geachtet werden müsse.


Literatur
Skypala IJ et al. (2022) Allergy. DOI: 10.1111/ALL.15237


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (7/8) Seite 6