Die Ankündigung einer Betriebsprüfung ist für jeden Arzt unangenehm, da Steuernachzahlungen drohen können. Die Fragen, wie sich Ärzte für die Prüfung wappnen können und wie das Unternehmen Arztpraxis gestaltet werden sollte, um das Risiko aus einer Betriebsprüfung zu minimieren, waren Themen in einem Seminar im Rahmen des 33. Seminarkongresses in Lüneburg.

Insbesondere die Berufsgruppe der Ärzte sieht sich bei einer Betriebsprüfung mit einem Informationsdilemma konfrontiert: der Zwiespalt zwischen gesetzlicher Mitwirkungspflicht bei der Prüfung und der gleichzeitigen Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht. Darüber hinaus können Veränderungen des Leistungsangebotes und der Praxisorganisation zu ungeahnten umsatz- und gewerbesteuerlichen Risiken führen.

Betriebsprüfung – Hintergründe kennen und verstehen

Doch die Risiken aus einer Betriebsprüfung können minimiert werden. Dies gelingt am besten, wenn man die Hintergründe der Prüfung kennt und versteht. Die Betriebsprüfung ist Bestandteil des deutschen Besteuerungsverfahrens, um die gleichmäßige Besteuerung der Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Es handelt sich um ein gesetzlich angeordnetes Verfahren durch eine Prüfungsanordnung. Grundsätzliche Voraussetzung für die Bekanntgabe einer Betriebsprüfung ist, dass die zu prüfenden Steuerarten noch nicht der sogenannten Festsetzungsverjährung unterliegen.

In Arztpraxen steht die Überprüfung der steuerlichen Sachverhalte mittlerweile deutlich stärker im Fokus der Finanzämter als noch vor zehn Jahren. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die ärztlichen Behandlungsmethoden vielfältiger und komplexer geworden sind. Arztpraxen erbringen neben der klassischen Heilbehandlung zunehmend Leistungen, die nicht zwangsläufig der Diagnose, Linderung oder Behandlung von Krankheiten dienen müssen.

Mit Krankenkassen können beispielsweise besondere Verträge abgeschlossen werden, deren Leistungsbestandteile unter Umständen umsatz- und/oder gewerbesteuerliche Risiken enthalten können. Neben der Angebotsvielfalt werden auch die zivil- und vertragsarztrechtlichen Strukturen jährlich anspruchsvoller. Die Berufsausübung in Berufsausübungsgemeinschaften, Teil-Berufsausübungsgemeinschaften oder mittels sogenannter Kostengemeinschaften kann erhebliche umsatz- und/oder gewerbesteuerliche Risiken mit sich ziehen. Selbst Inhaber von Einzelpraxen können unwissentlich den Status des umsatzsteuerlichen Kleinunternehmers verlieren, z. B. bereits dann, wenn eine Photovoltaikanlage auf dem privaten Wohnhaus alleine betrieben wird. Diese speziellen Sachverhalte werden mittlerweile durch besonders geschulte Betriebsprüfer zunehmend kontrolliert. Darüber hinaus wendet die Finanzverwaltung digitale Prüfungsmethoden an, um die Vollständigkeit der Praxiseinnahmen oder die Zulässigkeit der Praxisausgaben überprüfen zu können.

Gründe einer Betriebsprüfung

Auch wenn die Zulässigkeit einer Betriebsprüfung in der Abgabenordnung gesetzlich verankert ist – tatsächlich wird eine Arztpraxis während ihres Bestehens nur unregelmäßig geprüft.

Das Betriebsprüfungsrisiko steigt insbesondere bei folgenden Sachverhalten:

  • Es werden wesentliche Veränderungen in der Praxis vollzogen, z. B. durch Gesellschafterwechsel in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), Erweiterung einer Einzelpraxis durch Gründung einer BAG oder bei altersbedingter Praxisaufgabe.
  • Die Praxiseinnahmen schwanken stark über mehrere Jahre und trotzdem bleiben die Praxisüberschüsse gleich.
  • Betriebsprüfungen der Vorjahre führten zu hohen Steuernachzahlungen.
  • Auf der Praxishomepage werden Leistungen angeboten, die nicht unter die umsatzsteuerfreie Heilbehandlung fallen könnten. Noch vor Erlass einer Prüfungsanordnung können bereits Internetrecherchen nach Schlüsselbegriffen wie "kosmetisch" oder "ästhetisch" im Zusammenhang mit dem angebotenen Leistungsspektrum erfolgen.

Die Mitwirkungspflichten des Praxisinhabers

Den Praxisinhaber treffen grundsätzlich die gleichen steuerlichen Anforderungen wie andere Freiberufler und Gewerbetreibende. Immer gilt das Grundprinzip "keine Buchung ohne Beleg". Darüber hinaus gelten jedoch einige Branchenbesonderheiten, die nachfolgend näher dargestellt werden.

Ein häufiger Irrglaube ist, dass sich der Praxisinhaber auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen kann, welches ihm in der Eigenschaft als Arzt/Ärztin zusteht. Selbstverständlich sind die Grundsätze der ärztlichen Schweigepflicht auch im Rahmen einer Betriebsprüfung zu wahren, sie führen aber nicht so weit, dass sich der Arzt einer Prüfung komplett entziehen kann. Sämtliche Unterlagen, die dazu dienen, den Sachverhalt darzulegen, müssen auf Nachfrage vorgelegt werden. Soweit die angeforderten Unterlagen patientenindividuelle Informationen aufweisen, sind diese zu anonymisieren. Die vollständige Anonymisierung sämtlicher Patientendaten im Vorhinein ist wirtschaftlich jedoch nicht sinnvoll und auch die Einholung einer patientenbezogenen Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht ist eher unpraktikabel.

Die Betriebsprüfer sind jedoch häufig diskussionsbereit und ziehen ihre Stichproben auf Basis von Patientennummern oder ähnlichen neutralen Angaben. Dann sind lediglich die Unterlagen der Stichproben entsprechend zu schwärzen.

Besonders hilfreich ist eine leistungsfähige Praxissoftware, die insbesondere eine vollständige Anonymisierung sämtlicher patientenbezogener Daten ermöglicht. Unsere Erfahrungen zeigen jedoch, dass es an dieser wichtigen Funktionalität häufig fehlt.

Prüfungsschwerpunkte der Betriebsprüfer und mögliche Risiken

Zum einen gibt es natürlich die klassische Belegprüfung: Sind alle Einnahmen vollständig erfasst? Waren sämtliche geltend gemachte Betriebsausgaben auch tatsächlich betrieblich? Zudem werden zunehmend aber auch die Praxisorganisation und das angebotene Leistungsspektrum kritisch geprüft. Hier geht es insbesondere um die Feststellung, ob umsatz- und/oder gewerbesteuerpflichtige Einnahmen erzielt werden.

Wird Umsatzsteuerpflicht festgestellt, schuldet der Praxisinhaber 19 % der betroffenen Einnahmen als Umsatzsteuer, es entsteht also unmittelbar eine wesentliche finanzielle Mehrbelastung. Umsatzsteuerpflicht kann immer dann gegeben sein, wenn die angebotene ärztliche Leistung nicht originär als Heilbehandlung einzustufen ist. Vortrags- und schriftstellerische Tätigkeiten sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Insofern sollte bei verändertem Leistungsangebot grundsätzlich mit einem Steuerberater Rücksprache gehalten werden. Gerade um den Jahreswechsel herum kann die Umsatzsteuerpflicht häufig vermieden werden, indem Rechnungen erst im neuen Jahr versendet werden. Es ist ratsam, sämtliche Einnahmearten getrennt buchhalterisch zu erfassen.

Ärzte erzielen grundsätzlich freiberufliche Einkünfte und unterliegen insofern keinen gewerbesteuerlichen Verpflichtungen. Sollte die Gewerbesteuerpflicht dennoch festgestellt werden, kann dies unmittelbar zu einer Liquiditätsmehrbelastung des Praxisinhabers führen. Gewerbesteuerpflicht kann sich insbesondere in folgenden Fällen ereignen:

  • Anstellung von Fachärzten der gleichen oder einer anderen Fachrichtung, sofern der Praxisinhaber keine Kontrolle der Arbeitsergebnisse durchführt und die angestellten Ärzte vollkommen weisungsfrei Patienten behandeln können. In diesem Fall fehlt der sogenannte "Stempel der Persönlichkeit" des Praxisinhabers. Hier müssen die organisatorischen Vorkehrungen angepasst werden. Der Praxisinhaber sollte sich insbesondere das Recht vorbehalten, komplexe Behandlungen selbst durchzuführen sowie Arbeitsergebnisse der angestellten Ärzte fortlaufend zu kontrollieren.
  • Der Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln und sonstige Tätigkeiten, die auch durch einen Gewerbetreibenden erbracht werden könnten, führen zur Gewerblichkeit der Einkünfte. In Einzelpraxen können die Sachverhalte in der Regel buchhalterisch getrennt erfasst werden mit der Folge, dass nur die tatsächlich erzielten Gewinne aus dem Verkauf der Nahrungsergänzungsmittel der Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Bei Berufsausübungsgemeinschaften besteht allerdings das Risiko, dass durch Überschreitung eines Umsatzvolumens von 24.500 Euro oder einer Überschreitung von 3 % der Gesamtumsätze der Praxis sämtliche Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen können.

Im Grunde wird die zu zahlende Gewerbesteuer zwar auf die Einkommensteuer angerechnet, damit keine Doppelbesteuerung derselben Einkünfte erfolgt. Allerdings kommt es gerade in Ballungszentren häufig zu einer faktischen Doppelbesteuerung, da die Anrechnung der gezahlten Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer der Höhe nach begrenzt ist und einige Städte und Kommunen Gewerbesteuerhebesätze oberhalb des Anrechnungshöchstbetrages fordern.

Lösungsansätze zur Minimierung des Betriebsprüfungsrisikos

Feststellungen in einer Betriebsprüfung führen zu einer steuerlichen Mehrbelastung des Praxisinhabers, die zusätzlich auch noch pro Jahr mit 6 % verzinst wird. Erweiterungen der angebotenen Dienstleistungen, aber auch organisatorische Veränderungen Ihrer Praxis sollten immer zeitnah mit Ihrem Steuerberater besprochen werden. Dieser kann beurteilen, ob aus dem angebotenen Leistungsspektrum bzw. der angepassten Organisationsstruktur möglicherweise umsatz- und/oder gewerbesteuerliche Pflichten resultieren. Durch rechtzeitiges Handeln kann das Betriebsprüfungsrisiko von vornherein minimiert werden.



Autor:

Björn Sievers

Steuerberater, Dipl.-Kfm.,
Fachberater für den Heilberufebereich (IFU/ISM gGmbH)
Ackermann, Meyer & Partner mbB,
21335 Lüneburg

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (13) Seite 62-64