Sind Impfungen während eines banalen Infekts kontraindiziert? Wie lange muss man ggf. nach einem Infekt mit der Impfung warten?

Hier ist die Antwort eindeutig "Nein!", auch wenn das in der Praxis häufig falsch gemacht wird. "Banale Infekte" werden deshalb von der STIKO sogar ausdrücklich als "Falsche Kontraindikation" aufgeführt. "Banale Infekte" stellen auch dann keine Kontraindikation dar, wenn sie "mit subfebrilen Temperaturen (< 38,5°C) einhergehen". Wenn ein viraler Infekt der oberen Luftwege besteht, sollte zum Beispiel eine indizierte Influenzaimpfung nicht verschoben werden. Sie kann ohne Bedenken durchgeführt werden.

Bei akuten schweren Erkrankungen sollte dagegen erst "nach der Genesung" geimpft werden. Die Unterscheidung zwischen "banalem Infekt" und "akuter schwerer Erkrankung" richtet sich im Einzelfall nach dem Ermessen des Arztes. Bei Fieber >38,5 Grad sollte die Impfung jedenfalls zurückgestellt werden.

Ich persönlich gehe immer dann von einem "banalen Infekt" aus, wenn ein Patient trotz des Infektes noch in der Lage ist, seine üblichen Alltagsaktivitäten – im Beruf und in der Freizeit – auszuüben. In diesem Fall führe ich die Impfung durch – es sei denn, der Patient hat trotz meiner Versicherung, dass eine Impfung bei banalen Infekten ohne erhöhtes Risiko für Komplikationen gegeben werden kann, Bedenken. Diese Patienten neigen nämlich erfahrungsgemäß dazu, Symptome ihres "banalen Infektes" als Nebenwirkung der Impfung zu interpretieren.

Bei akuten schweren Erkrankungen führe ich die Impfung durch, sobald alle Symptome vollständig abgeklungen sind.

Postexpositionelle Impfungen z. B. gegen Tollwut, Tetanus und Hepatitis B müssen auch bei akuten schweren Erkrankungen unverzüglich durchgeführt werden.


Literatur:
Mitteilung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI), Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut – 2016/2017,. Epidemiologisches Bulletin Nr. 34, 29. August 2016, DOI 10.17886/EpiBull-2016-051.4


Autor:

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Dr. Andreas H. Leischker, M.A.

Facharzt für Innere Medizin – Reisemedizin (DTG), Flugmedizinischer Sachverständiger
Gelbfieberimpfstation
Alexianer Krefeld GmbH
47918 Krefeld

Interessenkonflikte: Dr. Leischker hat Honorare/Reisekostenunterstützung von Pfizer, Novartis und Sanofi-Pasteur-MSD erhalten. Er ist Dozent und Mitglied der Akademie des Centrums für Reisemedizin (CRM) Düsseldorf



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (20) Seite 59