Wenn das Eichamt einen Besuch ankündigt, sollten Arztpraxen gewappnet sein. Nicht nur Medizinprodukte wie Blutdruckmessgeräte oder Tretkurbelergometer werden unter die Lupe genommen. Seit 2015 begutachten die Prüfer mit Inkrafttreten des neuen Mess- und Eichgesetzes (MessEG) und der Mess- und Eichverordnung (MessEV) auch Personenwaagen.

In nahezu jeder hausärztlichen Praxis dürfte eine Personenwaage zur Standardausrüstung gehören. Ob DMP oder Check-up – das Gewicht des Patienten festzustellen, gehört zu so mancher Leistung zwingend dazu. Und genau solche Waagen werden ausdrücklich im Mess- und Eichgesetz erwähnt: Das MessEG ist auch anzuwenden bei "Messgeräten zur Bestimmung der Masse bei der Ausübung der Heilkunde beim Wiegen von Patienten aus Gründen der ärztlichen Überwachung, Untersuchung und Behandlung".

Anzeigepflicht beim Eichamt

Waagen, die vor dem 1.1.2015 in Betrieb genommen wurden, müssen demnach zwingend eine "CE"-Kennzeichnung tragen. Die Kennzeichnung besteht im Einzelnen aus den Buchstaben "CE", der Endnummer der Konformitätsbewertungsstelle, dem Großbuchstaben "M" und den letzten beiden Ziffern der Jahreszahl des Jahres, in dem die Kennzeichnung erfolgte. Fehlt bei einer Waage diese Kennzeichnung, droht der Arztpraxis ein Ordnungsgeld. Betroffen sind aber nicht nur Personenwaagen, sondern auch Haushaltswaagen bis zu 60 kg. Eine regelmäßige Eichung der Waagen ist nicht erforderlich, das CE-Kennzeichen genügt. Nur wer Säuglingswaagen einsetzt, muss diese alle vier Jahre eichen lassen. Es ist im Übrigen völlig unerheblich, ob eine Waage unbenutzt herumsteht. Die Gutachter lassen eine solche Entschuldigung in der Regel nicht gelten!

Für Waagen, die nach dem 1.1.2015 angeschafft wurden, gilt eine "Verwenderanzeige" nach § 32 MessEG. Dieser Anzeigepflicht kann der Arzt online über die bundesweit gültige Homepage www.eichamt.de nachkommen. Hier sind unter anderem Hersteller und Typenbezeichnung der Waage einzugeben. Wenn mehrere Geräte zum Einsatz kommen, muss nicht jedes angegeben werden. Sollten Prüfer vom Eichamt vor der Tür stehen, sollte die Praxis jedoch eine Liste mit Angaben zu Hersteller, Typenbezeichnung und Jahr der Kennzeichnung zu jedem Messgerät vorlegen können. Wird eine neue Personenwaage angeschafft, hat das Praxisteam bis zu sechs Wochen Zeit, diese beim Eichamt zu melden.

Das Medizinproduktebuch muss speziell für Medizinprodukte mit Messfunktion unter anderem folgende Informationen enthalten:
  • Bezeichnung und sonstige Angaben zur Identifikation des Medizinproduktes
  • Beleg über Funktionsprüfung und Einweisung nach § 5 Abs. 1 MPBetreibV
  • Fristen, Datum, durchführende Personen und Ergebnis der vorgeschriebenen messtechnischen Kontrollen, zum Beispiel in Form von Protokollen
  • Meldungen von Vorkommnissen an Behörden und Hersteller
  • Datum, Art und Folgen von Funktionsstörungen und wiederholten gleichartigen Bedienungsfeldern
  • Instandhaltungsmaßnahmen mit Datum und durchführenden Personen

Messtechnische Kontrollen für viele Medizinprodukte

Aber nicht nur die Waagen werden von den Gutachtern kontrolliert. Laut § 6 des Medizinproduktegesetzes müssen auch Medizinprodukte, die in Betrieb genommen werden, eine CE-Kennzeichnung und eine vierstellige Kennnummer der Konformitätsbewertungsstelle tragen. Außerdem müssen diese Arztpraxen bei bestimmten Geräten (Tabelle 1) in regelmäßigen Abständen laut Medizinprodukte-Vertreiberverordnung (MPVertreibV) messtechnische Kontrollen durchführen lassen. Diese messtechnischen Kontrollen führt entweder das Eichamt durch oder dafür "geeignete Personen". Für die in Tabelle 1 aufgeführten Medizinprodukte müssen Praxen ein Medizinproduktebuch mit einem Bestandsverzeichnis führen (Kasten 1). Nur elektronische Fieberthermometer und Blutdruckmessgeräte mit Quecksilber- oder Aneroidmanometer zur nicht invasiven Messung sind nicht explizit aufzuführen.

Praxen, die kein Medizinproduktebuch vorweisen können, dürften bei einer Kontrolle des zuständigen Mess- und Eichamtes in Schwierigkeiten kommen. Neben der Führung des Medizinproduktebuches sollten Praxisteams vorsorglich auch alle Waagen kontrollieren: Ist ein CE-Zeichen vorhanden? Falls nicht, sollten die Waagen aus der Praxis entfernt werden – das gilt auch, wenn sie nur zur Zierde dort stehen beziehungsweise nicht mehr benutzt werden. Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung oben genannter Gesetze drohen Bußgelder, die je nach Schwere mehrere tausend Euro betragen können [1, 2].

Dass einige Geräte in Arztpraxen mangelhaft waren, lässt sich zum Beispiel mit Auszügen aus dem Tätigkeitsbericht 2015 des Landesamtes für Mess- und Eichwesen Rheinland-Pfalz belegen [3]. Bei Kontrollen von 149 medizinischen Elektrothermometern und Infrarot-Strahlungsthermometern fielen 14 bei den Prüfern durch. Von 172 kontrollierten Blutdruckmessgeräten wurden 24 von den Prüfern beanstandet.

Ein Informationsblatt speziell für Arztpraxen zum Medizinprodukterecht und dem Mess- und Eichrecht hat der Staatsbetrieb für das Mess- und Eichwesen des Freistaates Sachsen zusammengetragen: http://www.eichamt.sachsen.de/download/infoblaetter/INFO_152-Arztpraxen.pdf


Literatur:
1) Bußgeldvorschriften Medizinproduktegesetz: http://www.buzer.de/gesetz/3284/a46094.htm
2) Bußgeldvorschriften Meß- und Eichgesetz: http://www.buzer.de/gesetz/10831/a183918.htm


Autorin:
Simone Leisinger

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (6) Seite 80-83