Eine dermatologische Arztpraxis ist ganz sicher kein Arbeitsplatz wie jeder andere. Dennoch gelten auch in der Arztpraxis rechtliche Vorgaben, die man als Arbeitgeber im Blick haben sollte: Das fängt bei der Probearbeit eines potenziellen Mitarbeiters an und endet beim Arbeitszeugnis, wenn ein Mitarbeiter geht und ein solches fordert.

1. Am Anfang alles richtig machen

Bei der rechtlichen Einordnung eines Sachverhalts kommt es häufig auf die korrekte Wortwahl an. So ist es auch bei den Begrifflichkeiten Probearbeit, Probezeit und Einarbeiten. Was auf den ersten Blick ähnlich klingt, ist aus juristischer Sicht komplett anders einzuordnen.

Eine dermatologische Arztpraxis, die einem potenziellen Arbeitnehmer die Gelegenheit geben möchte, den Betrieb im Rahmen einer Probearbeit näher kennenzulernen, denkt sich vielleicht nichts Böses dabei, wenn man den Arbeitnehmer einen oder gar mehrere Tage zum Zwecke des wechselseitigen Kennenlernens arbeiten lässt. Das Wort Probearbeit klingt schließlich recht harmlos. Aber aufgepasst! Probearbeit heißt regelmäßig auch Arbeitsverhältnis – und Arbeitsverhältnis heißt Tarif- bzw. Mindestlohn und natürlich auch die Meldung zur Sozialversicherung. Das ist in diesen Fällen seitens des Arbeitgebers nicht gewollt und wird von den meisten Arbeitnehmern auch nicht erwartet. Jedoch ist sich oft keine der beiden Seiten der hier bereits beginnenden Verantwortung als Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer bewusst.

Darauf aber kommt es nicht an! Es kann dennoch bereits ein Arbeitsverhältnis zustande kommen. Problematisch wird es spätestens in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer juristisch besser geschult ist als die ihn beschäftigenden Ärzte.

Praxisbeispiel: Nachdem ein Bewerber im Rahmen der Probezeit „eindrucksvoll“ gezeigt hat, dass er keine ausreichenden Qualitäten für den angestrebten Job besitzt, und deshalb ohne schriftlichen Arbeitsvertrag nach Hause geschickt wird, verweist dieser auf die Existenz eines bereits mündlich zustande gekommenen Arbeitsvertrages, und das zu Recht: Denn durch die verabredete Probearbeit wurde ein Arbeitsverhältnis wirksam begründet. Zwar nur mündlich und nicht schriftlich, aber das genügt bereits. Wenn nun das von der bisherigen Arbeitsleistung des Jobanwärters enttäuschte Unternehmen seinen Probearbeiter loswerden möchte, muss das bestehende Arbeitsverhältnis erst einmal gekündigt werden. Das geht in aller Regel nur über eine ordentliche, d. h. fristgemäße Kündigung. Und da eine Probezeit nicht verabredet war, beträgt die Kündigungsfrist jedenfalls nach dem Gesetz vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats. Findet die Probearbeit also z. B. am 20. und 21. eines Monats statt, bleibt nur eine Kündigung zum Ende des darauffolgenden Monats. Wegen des einen vollen Monats, den das Arbeitsverhältnis bestanden hat, steht dem Arbeitnehmer auch noch ein Urlaubsanspruch von 1/12 des Jahresurlaubs zu. Keine guten Nachrichten für unseren Arbeitgeber, der gar kein Arbeitgeber sein wollte.

Merke: Die sogenannte Probearbeit stellt in vielen Fällen ein vollständig wirksames Arbeitsverhältnis dar. Die fehlende Schriftform ändert daran nichts. Das Arbeitsverhältnis muss dann u. U. (schriftlich) gekündigt werden, und zwar unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats. Deshalb besser keine Probearbeit vereinbaren!

Lediglich dann, wenn sich dieser Bewerber trotz Arbeitspflicht (es besteht ja ein Arbeitsvertrag) nicht mehr bei dem Arbeitgeber meldet, kommt Letzterer um die ansonsten bestehende Pflicht zur Vergütung des Arbeitnehmers herum. Was also tun? Was hat der Arzt hier falsch gemacht bzw. wie hätte er es besser machen können?

Rechtssicher: das „Einfühlungsverhältnis“

Sie möchten einen Bewerber daraufhin überprüfen, ob er zur Praxis passt und umgekehrt? Dann nutzen Sie dafür am besten das sogenannte „Einfühlungsverhältnis“. Das klingt sprachlich auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnlich, aber sorgt rechtlich für klare und sichere Verhältnisse. Das wechselseitige Kennenlernen als Vorstufe zu einem etwaig späteren Arbeitsverhältnis bezeichnet der Jurist, genauer der Arbeitsrechtler, als Einfühlungsverhältnis.

Drei Vorteile eines solchen Vorgehens: kein Arbeitsverhältnis, kein Mindestlohn, keine Meldung zur Sozialversicherung. Wenn es dann nicht passen sollte, schickt man den „Einfühler“ bzw. die „Einfühlerin“ einfach nach Hause.

Praxistipp: Die Aufgabe ist es ­also, ein solches Einfühlungsverhältnis wirksam zu verabreden. Wo findet man dafür eine passende Vereinbarung über ein Einfühlungsverhältnis? Die Suchmaschine Google aufrufen und dort drei Worte eingeben: Einfühlungsverhältnis – Muster – ETL: Die Suchmaschine listet weit oben einen sogenannten „doc-Link“ auf. Klickt man auf diesen, dann öffnet sich ein Word-Dokument, das sich in wenigen Minuten auf den konkreten Fall in der eigenen Praxis hin anpassen lässt.

Aber aufgepasst: Einfühlen heißt kennenlernen und das geht nicht, wenn der Bewerber in einen Dienstplan eingetragen wird und reguläre Arbeit leisten muss. Denn dann haben wir es wieder mit einem Arbeitsverhältnis zu tun und das ist – wie gezeigt – regelmäßig nicht gewollt.

Merke: Statt eine Probearbeit zu vereinbaren, sollte der Abschluss eines Einfühlungsverhältnisses in Betracht gezogen werden. Dieses führt zu keinerlei wesentlicher arbeitsrechtlicher Bindung zwischen den Beteiligten.

Praktikum als Alternative?

Ein Praktikum stellt grundsätzlich eine gute Alternative zur Probearbeit dar. Auch das Praktikum vermeidet die Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Aber auch hier gilt: Das Praktikum darf kein Arbeitsverhältnis „verbergen“, d. h., auch hier scheidet eine Eintragung in den Dienstplan ebenso aus wie allgemein eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit, möglicherweise sogar über viele Tage hinweg.

Merke: Statt eines Einfühlungsverhältnisses kann auch ein Praktikumsverhältnis begründet werden. Aber auch dieses darf inhaltlich kein Arbeitsverhältnis darstellen.

Jetzt zur Probezeit

Die Probezeit wird in ihrer rechtlichen Bedeutung regelmäßig überschätzt. Der einzige nennenswerte Vorteil einer Probezeit besteht in der während der Probezeit bestehenden Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis innerhalb einer recht kurzen Frist beenden zu können. Nach dem Gesetz beträgt die Kündigungsfrist 14 Tage. Die Kündigung kann zum Ende eines jeden Tages ausgesprochen werden. Im Vergleich dazu beträgt die Kündigungsfrist für den Fall, dass keine Probezeit vereinbart wurde, wie bereits angeführt, vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Monats. Also kein großer Unterschied.

Und was ist mit dem Kündigungsschutz im Rahmen der Probearbeit? Mit dem Kündigungsschutz hat die Probezeit rein gar nichts zu tun. Das weiß jeder, der einmal versucht hat, einer schwanger gewordenen Mitarbeiterin in der Probezeit zu kündigen. Oder einer Mitarbeiterin, die im bereits schwangeren Zustand ihren ersten Arbeitstag hatte. Einer Schwangeren kann man grundsätzlich nicht kündigen — Probezeit hin, Probezeit her!

Merke: Die rechtliche Bedeutung der Probezeit wird überschätzt. Auch kündigungsrechtlich ist die Probezeit weitgehend bedeutungslos.

Los geht’s mit dem Einarbeiten

Die meisten wissen es, manche aber nicht: Das Einarbeiten ist selbstverständlich nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses möglich und rechtfertigt unter keinen Umständen eine Vergütung unterhalb des Mindestlohns bzw. eines ­etwaig anzunehmenden Arbeits- bzw. Tarifentgelts.

Dass die Einarbeitung den Arbeitgeber Zeit und Kraft kostet, ist klar. Ändert aber nichts. Der neue Mitarbeiter arbeitet in dieser Zeit und hat dann natürlich Anspruch auf die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses vereinbarte Vergütung.

2. Ressourcen schonen beim Zeugnis

Auch wenn beim Start alles optimal gelaufen ist, kann es dennoch sein, dass ein Mitarbeiter im Laufe seines Arbeitslebens das Unternehmen wieder verlassen möchte. Ein klassisches Thema, mit dem Sie sich in einem solchen Falle als Arbeitgeber fast automatisch auseinandersetzen müssen, ist das Arbeitszeugnis.

Bin ich zu einem Arbeitszeugnis verpflichtet?

Wir sind uns sicher einig, dass ein beachtlicher Teil der jedes Jahr von Arbeitgebern verfassten Arbeitszeugnisse schriftliche Lügen darstellt. Warum ist das so? Was verlangt das Gesetz eigentlich von einem Praxisinhaber in seiner Funktion als Arbeitgeber? Welche Rechte stehen dem Arbeitnehmer zu? Und welche Folgen ergeben sich daraus für die dermatologische Praxis?

Verschiedene Formen von Arbeitszeugnissen

Zunächst ist es wichtig, zwischen zwei Arten von Zeugnissen zu unterscheiden. Das Gesetz kennt zum einen das einfache Arbeitszeugnis und zum anderen das qualifizierte Arbeitszeugnis. In § 109 Abs. 1 Satz 2 der Gewerbeordnung (abgekürzt GewO) wird das einfache Zeugnis wie folgt beschrieben: „Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten.“ Im nächsten Satz steht dann: „Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.“

Merke: Wenn es der Arbeitnehmer wünscht, ist die Arztpraxis – unabhängig von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses – gesetzlich verpflichtet, ihm ein Zeugnis zu erstellen, welches die Leistung des Arbeitnehmers im Unternehmen sowie sein Verhalten während des Arbeitsverhältnisses beschreibt. Klingt nach viel Arbeit, was aber nicht sein muss, aber dazu später mehr.

Klar und verständlich muss es sein

Weiterhin ist zu beachten, dass das Arbeitszeugnis nach § 109 Abs. 2 Satz 1 GewO klar und verständlich formuliert sein muss. In § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO heißt es: „Es [= das Zeugnis] darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.“

Merke: Das Gesetz fordert die Arztpraxis dazu auf, im Zeugnis keine Codewörter oder anderen Umschreibungen zu verwenden, die versteckt Rückschlüsse darauf zulassen, was der Arbeitgeber lieber nicht ausdrücklich erwähnt haben möchte. Ein Arbeitnehmer, der z. B. im Arbeitszeugnis als „geselliges Wesen“ beschrieben wird, nimmt die Arbeit vermutlich nicht allzu ernst und wäre im schlimmsten Fall ein Alkoholiker.

Formale Vorgaben beachten

Im Rahmen der Rechtsprechung haben sich außerdem einige formale Regeln verfestigt, die man als Arbeitgeber beachten sollte:

  • Das Arbeitszeugnis muss schriftlich erfolgen, im Regelfall auf dem Briefpapier der Praxis.
  • Es sollte ein bis maximal zwei Seiten umfassen.

Praxis schlägt Theorie

Wenn Juristen Gesetzestexte zitieren, sollte man stets aufpassen. Denn auch wenn Gesetze natürlich eine ausreichende Beachtung finden sollten, gilt in der juristischen Praxis der Satz: „Praxis schlägt Theorie“. So ist das auch beim Arbeitszeugnis bzw. dem Zeugnisrecht. Selten werden die Dinge so heiß gegessen wie gekocht. Für das Zeugnisrecht heißt das, dass die beschäftigende Arztpraxis eine ­Reihe von Dingen beachten sollte, die am Ende des Tages in erster Linie für die Praxis von großer Bedeutung sind – Gesetzestext hin, Gesetzestext her. Das bedeutet v. a.: nicht zu viel Arbeit für Vergangenes investieren.

Merke: In dem Moment, in dem ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein Zeugnis erhält, ist das Arbeitsverhältnis im Regelfall bereits beendet – oder aber das Ende steht unmittelbar bevor. Daher spricht das Gesetz auch von der „Beendigung eines Arbeitsverhältnisses“. Investiert eine Arztpraxis an dieser Stelle noch Zeit und Geld, ist das meist kein sinnvoller Aufwand. Mit dem Arbeitnehmer, der – aus welchen Gründen auch immer – geht oder gar bereits gegangen ist, ist nicht mehr viel zu gewinnen. Aber vielleicht noch etwas Wertvolles zu verlieren: Zeit und Geld.

Man sieht sich immer zweimal

Das ist ein bekannter Satz, in dem erfahrungsgemäß viel Wahres steckt. Wer sich beim Abschied noch mal so richtig negativ in das Gedächtnis seines Gegenübers einbrennt, hat gute Chancen, dass das nächste Zusammentreffen keinen guten Verlauf nimmt. Es kommt im Arbeits- und Berufsleben aber durchaus vor, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehrfach begegnen. Die MFA, die vielleicht der Auffassung ist, dass eine dermatologische Arztpraxis aktuell nicht das Richtige für sie ist, mag die Sache nach einem kurzen Ausflug in ein Krankenhaus oder MVZ komplett anders sehen. Genau für solche Fälle sollte die mögliche Rückkehr des Arbeitnehmers an seine frühere Wirkungsstätte nicht durch einen in der Vergangenheit stattgefundenen Streit über das Arbeitszeugnis erschwert werden.

Wer delegieren kann, hat Vorteile

Wenn Angestellte weder Dieb noch Schläger oder gar drogensüchtig sind, dann spricht überhaupt nichts dagegen, dass sie ihr Zeugnis selbst verfassen oder zumindest entsprechend vorbereiten. Es ist in diesem Zusammenhang wahrscheinlich sogar das größte Glück, das einem Arbeitgeber widerfahren kann. So hat die Arztpraxis eine regelmäßig als lästig empfundene Aufgabe erfolgreich delegiert.

Praxistipp: Was tun, wenn sich der Arbeitnehmer über den grünen Klee lobt, obwohl er doch eher unterdurchschnittliche Arbeit geleistet hat? Ja, das ist dann ein moralisches, ein ethisches Thema, aber ganz sicherlich nicht etwas, für das sich die Justiz interessiert. Und Schadensersatzansprüche des nachfolgenden Arbeitgebers gegenüber seinem Vorgänger stellen eher ein Gerücht denn Rechtswirklichkeit dar. Grobe Unrichtigkeiten – wie etwa die Beschreibung von Aufgaben im Zeugnistext, welche der Arbeitnehmer nie übernommen hatte – sind auf jeden Fall zu korrigieren. Das ist aber meist kein großes Thema.

Wenn der Arbeitnehmer das Zeugnis nicht selbst erstellen möchte

Falls der Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis partout nicht selbst erstellen möchte, nutzt man am besten einen der im Internet zahlreich vorhandenen Zeugniskonfiguratoren. Eine ganz Reihe davon ist kostenfrei und erleichtert einem als Arbeitgeber:in das rechtssichere Erstellen eines Arbeitszeugnisses erheblich.

Achtung beim Zwischenzeugnis!

In bestimmten Fällen steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis zu. Das ist etwa der Fall, wenn es zu einer Praxisabgabe kommt. Denn hier kann nur der bisherige Praxisinhaber die bisherige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers korrekt beurteilen.

Merke: Bisweilen kann das Verlangen eines Arbeitnehmers nach einem Zwischenzeugnis der Hinweis darauf sein, dass sich dieser anderweitig bewerben möchte, also einen Arbeitgeberwechsel plant. Dann wäre dies möglicherweise der letzte Zeitpunkt, um mit dem Arbeitnehmer in ein Gespräch zu kommen, um diesen davon zu überzeugen, dass ein Wechsel in ein neues Beschäftigungsverhältnis gar keine gute Idee ist. Anders ist das natürlich wiederum dann, wenn die Wechselabsichten auf Zustimmung des bisherigen Praxisinhabers stoßen. Dann kann das Zwischenzeugnis eigentlich gar nicht positiv genug ausfallen!



Autor:

© privat
Dr. Uwe P. Schlegel

Rechtsanwalt und Dozent,
Geschäftsführer der ETL Rechtsanwälte GmbH

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (9) Seite 10-11