Die von der neuen Bundesregierung angefachte Diskussion um überlange Wartezeiten für Patienten ist noch in vollem Gange. Währenddessen hat die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) einmal das Verhalten der Patienten genauer unter die Lupe genommen. Eine Umfrage unter niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten ergab, dass auch unzuverlässige Patienten dazu beitragen, dass in den Praxen ein hoher Zeitdruck herrscht und unnötige Wartezeiten entstehen können.

Was die Termintreue ihrer Patienten betrifft, falle das Stimmungsbild unter den Ärzten eher betrüblich aus, so die KVB. Rund ein Drittel der fast 400 Praxen, die an der Umfrage teilgenommen hatten, berichtete von 5 bis 10 % an Terminen pro Woche, die von Patienten trotz Vereinbarung nicht wahrgenommen werden. Fast jeder fünfte Arzt oder Psychotherapeut sprach gar von 10 bis 15 % solcher Terminausfälle.

Patienten sagen selten ab

Erschwerend komme hinzu, dass mehr als die Hälfte der Patienten, die einen Termin nicht wahrnehmen, in der Praxis nicht absagen.

Gerade bei reinen Bestellpraxen oder auch bei aufwendigeren Untersuchungen sei dies für die Kolleginnen und Kollegen ein gravierendes Problem, beklagt die KVB. Einen solchen Ausfall könnten nur die Ärzte kompensieren, die ihre Praxis überwiegend als offene Sprechstunde organisiert haben. In reinen Bestellpraxen hingegen führe die mangelnde Termintreue der Patienten zu Ausfallzeiten und einem echten Honorarverlust. Gleichzeitig würden die Wartezeiten für andere Patienten auf diese Weise künstlich verlängert.

Privatpatienten halten Termine eher ein

Interessant ist ein Blick auf die Kommentare, die von den teilnehmenden Ärzten abgegeben wurden. Demnach tritt das Problem der Terminuntreue vornehmlich bei gesetzlich versicherten Patienten auf, bei Privatpatienten käme so etwas hingegen kaum vor. Bei Neupatienten nähmen bis zu 40 % ihren Ersttermin nicht wahr, wenn man sie nicht einige Tage vorher telefonisch aktiv daran erinnere. Jüngere Patienten neigten zudem häufiger zu Terminuntreue als ältere.Einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf das Einhalten von Arztterminen scheint auch das Wetter zu haben, wie einige Kommentare nahelegen. So sei schönes Wetter im Frühjahr, Sommer und Herbst ein echter Terminkiller. Im Winter hingegen lässt extrem schlechtes und winterliches Wetter die Patienten lieber zu Hause bleiben. Und manchmal ist es auch einfach nur ein dringender Termin beim Friseur, der einem Arztbesuch den Rang abläuft.

Terminvergabestelle brächte unnötige Bürokratie

Der Vorstand der KVB nutzt die Ergebnisse der Umfrage nicht zuletzt auch als willkommenen Anlass, der Forderung der Politik nach einer Vier-Wochen-Frist für Facharzttermine eine Absage zu erteilen. Eine neue Bürokratiehürde durch eine sogenannte Terminvermittlungsstelle, etwa bei den Krankenkassen, sei deshalb überflüssig. Zudem seien Ärzte und Psychotherapeuten keine Angestellten der Kassen. Wer dringend einen Facharzttermin benötige, der bekomme diesen auch – insbesondere, wenn der Hausarzt selbst bei dem Kollegen nachfrage. Dies sei seit vielen Jahrzehnten gelebte Praxis in Deutschland.

Dr. Ingolf Dürr


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (5) Seite 86-87