Sie ist ein sensibles Rezeptor- und Warnorgan: unsere Nase. Riechstörungen sind für die Patienten in der Regel mit einer eingeschränkten Lebensqualität verbunden, da sie Gerüche einfach nicht mehr richtig wahrnehmen können. Die Therapie richtet sich immer nach der Ursache des gestörten Geruchssinns. In der Medikation als effektiv haben sich Steroide erwiesen. Auch tägliches Riechtraining über einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr zeigt gute Erfolge.
Der Geruchssinn ist von entscheidender Bedeutung im täglichen Leben. Er hilft uns z. B.,verdorbene Lebensmittel zu erkennen, lässt uns Brandgeruch wahrnehmen und spielt eine Rolle bei der Partnerwahl. Daher verwundert es nicht, dass Einschränkungen des Geruchssinns mit Beeinträchtigungen der Lebensqualität einhergehen [5].
Es gibt altersabhängige, postvirale, posttraumatische, neurodegenerative und idiopathische olfaktorische Dysfunktionen [1]. Einschränkungen des Geruchssinns erfolgen nach quantitativer Einteilung. So liegt bei der Hyposmie eine verminderte Riechsensitivität vor. Bei der funktionellen Anosmie ist quasi keine olfaktorische Funktion mehr vorhanden – im täglichen Leben macht das keinen Unterschied im Vergleich zur kompletten Anosmie.
Es gibt zudem qualitative, olfaktorische Riechstörungen: die Parosmie und die Phantosmie. Während bei einer Parosmie die Patienten an einer veränderten, typischerweise unangenehmen Duftwahrnehmung in Anwesenheit einer Duftquelle leiden, nehmen sie bei einer Phantosmie Düfte wahr, obwohl gar keine Duftquelle vorhanden ist. Generell treten Riechstörungen häufig auf: Rund 20 % der Bevölkerung haben diese Erkrankung [22, 25]. 5 % der Gesamtbevölkerung leiden an einer funktionellen Anosmie, hiervon sind vor allem ältere Menschen betroffen [4, 7].
Riechstörungen diagnostizieren
In Europa werden zur standardmäßigen psychophysischen Diagnostik von Riechstörungen vor allem die "Sniffin’ Sticks" verwendet, bei denen die Duftstoffe in Filzstift-ähnlichen Behältern präsentiert werden. Aus den Einzeltests Schwellen-, Diskriminations- und Identifikationstest wird ein Summenscore gebildet, der mit altersabhängigen Normwerten abgeglichen werden kann [17]. Ein objektivierendes Korrelat der Riechfunktion lässt sich aus dem EEG in Form sogenannter olfaktorisch ereigniskorrelierter Potenziale ableiten. Dieses aufwendige Verfahren ist jedoch nur wenigen Zentren vorbehalten [33].
Operative Therapieverfahren
Die Grundlage aller Therapien bei Riechstörungen bildet die Besonderheit des olfaktorischen Systems, sich regenerieren zu können: die Plastizität [32]. Eine der häufigsten Krankheitsursachen sind sinunasale Erkrankungen. Bei einer verlegenden Septumdeviation ist z. B. zu überlegen, eine Begradigung der Nasenscheidewand durchzuführen, um den Zustrom der Duftmoleküle zur Riechspalte zu erleichtern. Jedoch ist der Einfluss von rein strukturellen, nasalen Obstruktionen auf das Riechvermögen eher gering und daher eine potenzielle Verbesserung – außer bei extremen anatomischen Veränderungen – schwer vorherzusagen [13].
Eine weitere Ursache einer sinunasalen Riechstörung ist die chronische Rhinosinusitis mit und ohne Nasenpolypen. Bei einer therapierefraktären Rhinosinusitis wird zumeist die Indikation zur endoskopischen Nasennebenhöhlen-Op. gestellt, die als Hauptziel die Wiederherstellung der physiologischen Funktion der Nasennebenhöhlen verfolgt. Sie kann zudem zu einer Verbesserung des Riechvermögens beitragen [30].
Bei jeder sinunasalen Operation, die als Nebenziel ein verbessertes Riechvermögen anvisiert, muss mit dem Patienten auch eine mögliche Verschlechterung besprochen werden [13, 26]. Dies ist umso wahrscheinlicher, je besser das Ausgangsriechvermögen der Patienten war [30].
Medikamentöse Ansätze
Ein oft angewandter Therapieansatz bei chronischen Sinusitiden ist ein "absteigendes Steroidschema" (orale Prednisolongabe, z. B. beginnend mit 40 mg, bei Reduktion der Dosis alle zwei Tage unter Beachtung entsprechender Kontraindikationen und Nebenwirkungen), gefolgt von einem topischen Steroidnasenspray. Zumindest für die chronische Rhinosinusitis zeigte sich hier eine Wirksamkeit bezüglich des Riechens, wenn auch eine komplette Normalisierung nicht immer erreicht wird [8, 13].
Bei der Applikation des Nasensprays ist vor allem die Anwendungsmethode wichtig. Um wirken zu können, muss das Spray in die Riechspalte gelangen. Hier hat sich die Kaiteki-Position in Kopf-Seit-Kipp-Lage als effektiv und gleichzeitig bequem erwiesen [24] (Abb. 1). Empfohlen wird zudem, 10 bis 20 Minuten vor der Verwendung des Sprays die Nasenschleimhaut mit Hilfe einer Nasendusche, die mit isotonischer Lösung gefüllt ist, abzuschwellen [24]. Bei der traditionellen Anwendung von Nasensprays konnte gezeigt werden, dass nur ein minimaler Anteil des Sprays zur Riechspalte gelangte [3].
Möglicherweise hat auch die Kombination der Steroidtherapie mit oral verabreichtem Zink einen positiven Effekt auf das Riechvermögen [20]. Dies konnte für traumatisch bedingte Riechstörungen gezeigt werden, bedarf jedoch noch weiterer Studienergebnisse, zumal dieser positive Effekt von Zink auf das Riechvermögen in anderen Studien nicht nachgewiesen werden konnte [23, 27]. Aufgrund der aktuellen Studienlage kann derzeit eine Therapie mit anderen Medikamenten wie Östrogen [9, 15], oder systemischem Vitamin A [19, 28] nicht eindeutig empfohlen werden.
Weitere Therapieansätze werden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit aktuell noch kontrovers diskutiert, dazu gehört z. B. die Akupunktur [31]. Einen schwach positiven Effekt auf die olfaktorische Funktion konnten z. B. Hähner et al. für Rasagiline bei Parkinsonpatienten zeigen [12]. Hummel et al. wiesen einen positiven Effekt von α-Liponsäure nach viermonatiger Therapie auf das Riechvermögen bei Patienten mit postviralen olfaktorischen Dysfunktionen nach, allerdings in einer nicht-kontrollierten Untersuchung [16].
Riechtraining mit Düften
Als ergänzende bzw. folgende Therapiemöglichkeit wurde in mehreren Arbeiten zudem ein Riechtraining evaluiert und dessen Effektivität bestätigt [11, 18]. Als Trainingsdüfte eignen sich z. B. Rose, Eukalyptus, Zitrone und Gewürznelke. Diese vier Düfte repräsentieren die Duftkategorien blumig, fruchtig, würzig und harzig [14]. Das Riechtraining muss zweimal täglich je knapp zehn Sekunden (und auch nicht häufiger) für sechs bis neun Monate durchgeführt werden.
Altundag et al. demonstrierten, dass die Effektivität des Trainings noch gesteigert werden kann: durch eine Verlängerung der Dauer und einen Austausch des trainierten Riechquartetts. Die Düfte wurden alle drei Monate gewechselt, das Riechtraining für 36 Wochen fortgeführt [2]. Zudem scheinen die Ergebnisse des Trainings umso besser zu sein, je kürzer die Riechstörung vorliegt.
Keine Therapie – was dann?
Eine Spontanerholung des Riechvermögens ist im Lauf der Jahre bei etwa 10 – 20 % der posttraumatischen [13, 21] und bei ca. 60 % der postviral [13] aufgetretenen Riechstörungen zu erwarten. Als prognostisch günstige Faktoren haben sich diesbezüglich ein jugendliches Alter, ein hohes Restriechvermögen, initiale Parosmie, keine Seitenunterschiede bei der Riechfunktion, weibliches Geschlecht und Nichtraucherdasein erwiesen [13]. Zudem scheint auch die Zeitdauer der Riechstörung bedeutend zu sein [29]. Die Spontanerholungsrate des Riechvermögens beträgt bei posttraumatischer Riechstörung wenigstens 10 – 20 % und bei postviraler Riechstörung ca. 60 %.
Und wenn nichts weiterhilft ...
Wenn all diese Therapiemöglichkeiten keinerlei Besserung zeigen, ist ein MRT des Schädels zum Ausschluss einer intrakraniellen Raumforderung indiziert [10]. Bei idiopathischen Riechstörungen ist eine cMRT-Untersuchung ggf. schon bei Erstvorstellung des Patienten zu überlegen.
Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (18) Seite 50-52