Hat Napoleon die Schlacht bei Waterloo wirklich verloren, weil er wegen eines akuten Hämorrhoidalprolapses sein Pferd nicht besteigen konnte? Wir wissen es nicht genau. Worüber sich die Wissenschaft aber heute einig ist: Hämorrhoidalleiden haben vier Schweregrade und bei jedem stehen andere Symptome im Vordergrund, die unterschiedlich bekämpft werden müssen.

Hämorrhoiden zählen zu den häufigsten proktologischen Leiden. Etwa 60 % aller Erwachsenen klagen im Lauf ihres Lebens über Beschwerden in der Analregion.

Definition

  • Stadium I: leichte Vergrößerung, mit dem Proktoskop sichtbar, kein Prolaps
  • Stadium II: Prolaps beim Stuhlgang, der sich spontan reponiert
  • Stadium III: Prolaps bei Druck, der manuell reponiert werden muss
  • Stadium IV: außen fixierter Hämorrhoidalprolaps

Ätiologisch spielt die genetische Disposition vermutlich die größte Rolle. Die häufigsten Symptome sind hellrote Blutungen, Juckreiz, Brennen, Nässen, Nachschmieren nach dem Stuhlgang, das Gefühl unvollständiger Entleerung, das Fremdkörpergefühl und der Prolaps. Hämorrhoiden bereiten per se keine Schmerzen, außer es treten Komplikationen auf, wie eine Thrombosierung oder eine Inkarzeration.

Die Diagnostik erfolgt durch die proktologische Basisuntersuchung mittels Inspektion (dabei sollte der Patient auch pressen), Palpation (Hämorrhoiden sind nur bei starker Ausprägung tastbar) und Proktoskopie. Vor Therapiebeginn sollte – vor allem bei vorausgegangenen Blutungen – auch eine Rektoskopie durchgeführt werden, ggf. auch eine Koloskopie. Eine Blutung gilt so lange als karzinomverdächtig, bis der Verdacht ausgeräumt ist.

Behandlungsziel ist nicht die Ausrottung des Corpus cavernosum, sondern die Beseitigung der Beschwerden und die Wiederherstellung der normalen Anatomie und der Physiologie.

Basistherapie

Die Behandlung aller Hämorrhoidenstadien sollte mit der Basistherapie beginnen. Sie beinhaltet eine Stuhlregulation im Sinne eines wohlgeformten, volumenreichen Stuhlgangs. In der Regel wird dies durch eine ballaststoffreiche Mischkost und eine ausreichende, tägliche Trinkmenge von anderthalb bis zwei Litern erreicht. Des Weiteren schließt die Basistherapie eine sorgfältige Analhygiene ein. Diese besteht in einer schonenden Vorreinigung mit Toilettenpapier und einer anschließenden Reinigung mit Wasser ohne Seife. Feuchttücher sollten nicht benutzt werden. Auch richtiges Stuhlverhalten ist wünschenswert. Man sollte die Toilette erst bei Stuhldrang aufsuchen, nicht zu lange sitzen und heftiges Pressen vermeiden. Körperliche Aktivität regt die Darmtätigkeit zudem an.

Proktologika, d. h. Salben und Suppositorien, sind geeignet für eine vorrübergehende symptomatische Therapie – insbesondere bei Hautirritationen – und als adjuvante Maßnahme bei der interventionellen Behandlung. Sie bieten keine kausale Therapie und haben keinen Einfluss auf das Stadium.

Stadiengerechte Behandlung

Hämorrhoiden 1. Grades können durch Sklerosierung kausal behandelt werden (Abb. 1). In Deutschland hat sich die Sklerosierung nach Blond [1] durchgesetzt. Hier wird das Sklerosierungsmittel in das Hämorrhoidalgewebe injiziert und bewirkt dort eine Schrumpfung. Man verwendet heute meist 3 % Polidocanollösung. Diese Methode ist besonders wirksam bei Blutungen. Die Sklerosierung ist auch möglich bei einer Therapie mit Antikoagulantien. Nach drei Jahren rechnet man mit einer Rezidivquote von 75 % [2]. Die Behandlung kann aber leicht wiederholt werden. Sie ist komplikationsarm, ökonomisch und technisch einfach. Die Infrarotbehandlung [3] ist wegen der geringen Eindringtiefe der Hitze nicht sehr effektiv und wird heute seltener angewendet. Sie ist aber eine gute Methode zur Behandlung der Hämorrhoidalblutung in der Schwangerschaft.

Bei Hämorrhoiden 2. Grades (Abb. 3) ist die Sklerosierung ebenfalls möglich. Die Methode der ersten Wahl ist allerdings die Gummiringligatur nach Barron [4], als Zangen- oder als Saugligatur (Abb. 2). Hierbei wird das überschüssige Hämorrhoidalgewebe mit einem Gummiring abgebunden. Das abgebundene Gewebe wird nekrotisch und fällt nach ein bis zwei Wochen ab. Zusätzlich wird das verbleibende Gewebe fixiert. Den Fixationseffekt erreicht man auch, wenn man die Schleimhaut oberhalb des Knotens abbindet. Die Rezidivquote liegt bei 25 % nach vier Jahren [2]. Die dopplergesteuerte Hämorrhoidalarterienligatur [5] hat bisher keine weite Verbreitung gefunden. Eine interessante Therapiemethode ist die Laserhämorrhoidoplastie [6]. Hier wird eine Lasersonde, welche die Energie radiär abstrahlt, in die vergrößerten Hämorrhoidalknoten eingeführt. Das überschüssige Hämorrhoidalgewebe wird durch Hitze destruiert. Einer weiteren Verbreitung dieser Technik stehen die Kosten von 500 ‒600 Euro entgegen, die bei ambulanter Anwendung von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt werden.

Bei Hämorrhoiden 3. Grades (Abb. 4) kann bei geringer Ausprägung ein Behandlungsversuch mittels Gummiringligatur vorgenommen werden. In der Regel besteht die Indikation zur Operation.

Operationsmethoden

Die offene Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan [7] ist das am weitesten verbreitete Verfahren, weiterhin die geschlossene Hämorrhoidektomie nach Parks [8], die Hämorrhoidopexie nach Longo [9] und die HAL und RAR (Hämorrhoidalarterienligatur und rektoanale Raffung) [10]. Bei der Technik nach Milligan-Morgan werden die Hämorrhoidalknoten an der Basis ligiert und segmentär exzidiert. Die Wunden bleiben offen und heilen sekundär. Bei der Methode nach Ferguson [11] verschließt man die Wunden mit Einzelknopfnähten. Beim Verfahren nach Parks wird das Anoderm y-förmig inzidiert. Die y-förmige Inzision readaptiert der Arzt unter Belassen einer Drainagerinne. Seit 1998 wird in Deutschland die Methode nach Longo (Abb. 6) vorgenommen. Bei dieser Technik reseziert man das proximal der Linea dentata gelegene Gewebe mit einem Zirkularstapler (Abb. 7) und verschließt die verbliebene zirkuläre Wunde sofort mit Klammern. Dadurch wird der Prolaps reponiert und fixiert. Der Wundbereich ist nicht innerviert und die postoperativen Schmerzen sind deutlich geringer als mit den anderen Methoden.
Bei der HAL und RAR handelt es sich ebenfalls um eine schonende Technik. Die Hämorrhoidalarterien werden mit einer Ultraschallsonde aufgesucht und unterbunden. Die prolabierten Hämorrhoidalknoten werden hochgezogen und oberhalb der Linea dentata fixiert.

Bei Hämorrhoiden 4. Grades (Abb. 5) kommt die rekonstruktive Hämorrhoidektomie nach Fansler-Arnold [12] zur Anwendung. Die prolabierten und außen fixierten Hämorrhoidalknoten werden vom Anoderm freipräpariert. Die so gebildeten U-Läppchen schlägt man in den Analkanal bis zur Linea dentata ein und vernäht sie dort mit der Mukosa. Das Verfahren ist technisch aufwendig und komplikationsreich.

Die stadiengerechte Therapie des Hämorrhoidalleidens bietet eine hohe Heilungschance bei niedrigen Komplikationsraten. Die konservativen Maßnahmen können ausschließlich ambulant, die operativen bei Befall eines Segments ebenfalls als ambulante Anwendung erbracht werden. Bei Blutungen und fortgeschrittenen Stadien sollte der Allgemeinarzt den Patienten in jedem Fall zum Proktologen überweisen. Bei sonstigen Beschwerden kann für circa zwei Wochen ein konservativer Behandlungsversuch unternommen werden. Ist dieser erfolglos, sollte der Proktologe weiterbehandeln.


Literatur:
1. Blond K Hoff H (1936) Das Hämorrhoidalleiden. Deuticke, Leipzig, Wien
2. Kirsch JJ (1989) Ambulante Hämorrhoidenbehandlung-Nutzen und Risiko. Akt.Chir 24:253-259
3. McRea HM. MCLeods RS (1995) Comparison of haemorrhoid treatment modalities: a meta-analysis. Dis Colon Rectum 6 109-13
4. Barron J (1963) Office ligation treatment of haemorrhoids. Dis Colon Rectum 6: 109-13
5. Morinaga K, Hasuda K, Ikeda T (1995) A novel therapy for interna haemorrhoids: ligation of the haemorrhoidal artery with a newly devised instrument in conjugation with a Doppler flowmeter. Am J Gastroenterol 90:610-13
6. Karahaliloglu AF (2010) Die Laserhäorrhoidoplastie. Cloproctology 32:116-23
7. Milligan ETC, Morgan C, Jones LE et al. (1937) Surgical anatomy of the anal canal and the operative treatmennt of haemorrhoids. Lancet 2:1119-1124
8. Parks AG (1954) Surgical treatment of haemorrhoids. Br J Surg 43:337-42
9. Kisch JJ, Staude G, Herold A (2001) Hämorrhoidektomien nach Longo und Milligan-Morgan. Prospektive Vergleichsstudie mit 300 Patienten. Chirurg 72:180-85
10. Scheyer M et al. (2007) Dopplergestützte Recto-Anal Repair (DG-RAR) CHAZ 8:445-48
11. Ferguson JA, Heaton JR (1959) Closed haemorhoidektomy. Dis Colon Rectum 2:176-79
12. Raulf F (1989) Die Hämorrhoidektomie nach Fansler-Arnold. Coloproctology 11:107-10
13. Das proktologische Konzept, Dr. Kade, Berlin, Abb. 1,2 und 6


Autor:

Dr. med. Horst Loch

Proktologisches ­Zentrum Berlin
10719 Berlin

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (3) Seite 46-48