Akute Schmerzen im Analbereich sind für die Patienten nicht nur unangenehm, sondern häufig auch stark schambehaftet. Die Folge: Sie gehen meist erst Wochen nach Auftreten der ersten Symptome zum Arzt. Dabei können Analabszess, Analfissur und Analthrombose – das sind die häufigsten Ursachen – durch Anamnese und klinische Untersuchung einfach differenziert und gezielt behandelt werden.

Schmerzen im Analbereich zählen zu den häufigsten Beschwerden in der proktologischen Sprechstunde. Da die Region um den Analkanal als sehr schmerzempfindlich gilt und der Patient diese zudem nicht direkt einsehen kann, fallen hier eine Vielzahl von Symptomen unter den Begriff "Schmerzen". Neben der akuten Thrombose oder einer Abszedierung werden auch Brennen, Juckreiz und Druckgefühl häufig als Schmerz empfunden. In der Regel handelt es sich dabei um Analekzeme, die sich lokal durch Salben behandeln lassen. Häufiger ist jedoch, dass der Patient vor dem Arztbesuch schon seine eigene Laiendiagnose "Hämorrhoiden" gestellt und eine Selbsttherapie mit frei erhältlichen Salben und Zäpfchen begonnen hat.

Krankheitsbilder und Therapie

Bei den drei Krankheitsbildern, die hier vorgestellt werden, ist immer eine gezielte konservative oder operative Therapie indiziert.

Analabszess

Der Analabszess ist eine relativ häufige Erkrankung, die vor allem bei jungen Erwachsenen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auftritt. Männer sind davon öfter betroffen als Frauen. Ausgangspunkt ist zumeist eine Entzündung der sogenannten Proktodealdrüsen im Intersphinkterraum. Seltener sind Abszesse im Rahmen einer Acne inversa. Eine Einteilung der Abszesse erfolgt intraoperativ nach ihrer Beziehung zum Schließmuskel. Am häufigsten treten oberflächliche Abszesse auf.

In den meisten Fällen ist die Diagnostik unproblematisch. Typisch sind akut auftretende und schnell zunehmende Schmerzen in der Analregion. Steigert sich die Symptomatik innerhalb kürzester Zeit, spricht das immer für eine lokale Abszedierung. Fieber tritt hierbei kaum auf. Lediglich die sehr seltenen supralevatorischen Abszesse können durch uncharakteristische Schmerzen im kleinen Becken und Fieber auffällig werden.

Die Diagnostik erfolgt klinisch durch den Nachweis einer stark druckschmerzhaften Schwellung im Analbereich (Abb. 1). Die Therapie des Analabszesses sollte immer operativ sein, da unbehandelt schwere septische Komplikationen wie die Fourniersche Gangrän auftreten können. Insbesondere bei unklaren Befunden sollte großzügig eine Narkose-Untersuchung erfolgen, da wegen der Schmerzen eine Untersuchung ohne Betäubung oft nur eingeschränkt möglich ist. Bei den intersphinkteren und ischioanalen Abszessen kann die Schwellung oft nur bidigital getastet werden (Abb. 2).

Eine weitere Diagnostik (Labor, MRT, Computertomographie) ist nur in Ausnahmefällen erforderlich. Der Zeitpunkt der operativen Intervention wird durch die klinische Symptomatik bestimmt. Bei kleineren oder bereits spontan perforierten Prozessen kann der Eingriff kurzfristig geplant werden. Andernfalls ist eine Notfallbehandlung angezeigt.

Eine Antibiotikatherapie sollte nur bei immunsupprimierten Patienten oder einer ausgeprägten phlegmonösen Entzündung erfolgen. Ansonsten besteht die Gefahr der Resistenzentwicklung.

Ziel der operativen Intervention ist eine großzügige Abszessdrainage. Eine Fistelverbindung zum Analkanal ist eher selten. Im Rahmen der Op. mit lokaler Entzündung sollte die Suche nach einer Fistel nur sehr vorsichtig erfolgen, um keine iatrogene Fistelbildung zu provozieren. Nachgewiesene oberflächliche Fisteln können vom erfahrenen Operateur primär gespalten werden, um den Patienten einen erneuten Eingriff zu ersparen. Eine zu großzügige Spaltung erhöht jedoch signifikant das Risiko einer Stuhlinkontinenz.

Auch nach der Operation ist zunächst keine weitere Diagnostik erforderlich. Die sekundär heilende Wunde sollte man regelmäßig mit Wasser ausduschen. Eine auch nach mehreren Wochen nicht komplett abgeheilte Wunde deutet auf eine Fistelverbindung zum Enddarm hin. In diesem Fall sollte der Patient erneut operiert werden.

Weitere Informationen bieten die Deutschen S3-Leitlinien Analabszess und Analfisteln, die auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF, www.awmf.org) kostenfrei zugänglich sind.

Analfissur

Die Analfissur ist das häufigste Krankheitsbild in der proktologischen Praxis. Meist sind Männer und Frauen zwischen dem 25. und 40. Lebensjahr davon betroffen. Man unterscheidet zwischen der akuten und der chronischen Fissur. Bei der akuten Analfissur handelt es sich um einen akuten analen Reizzustand mit nachfolgender Verkrampfung des Schließmuskels. Auslösend sind in den meisten Fällen harter Stuhlgang oder Stresszustände. Durch ein Einreißen der Schleimhaut im anorektalen Übergang kommt es zu leichten, hellroten Blutungen, und es treten akute Schmerzen auf, die noch längere Zeit nach der Defäkation persistieren können. Der klinische Untersuchungsbefund ist somit in der Regel unauffällig – abgesehen von der Schmerzhaftigkeit der Untersuchung. Alle Veränderungen sind komplett reversibel. Bei der chronischen Analfissur kommt es durch wiederholtes Einreißen mit Vernarbung zur Ausbildung eines typischen fissuralen Ulkus mit sklerosierten, unterminierten Randwällen in Verbindung mit sogenannten Sekundärveränderungen (Mariske, hypertropher Analpolyp) (Abb. 3). Fast 80 % dieser Veränderungen sind bei 6 Uhr in SSL und 20 % bei 12 Uhr SSL lokalisiert. Eine verminderte Durchblutung an diesen Stellen wird als mögliche Ursache angenommen.

Im Vordergrund der Behandlung stehen konservative Therapiemaßnahmen: Stuhlgangsregulation bei harter Konsistenz, Lokalanästhetika, Sitzbäder, Analdehner und Eisstab. Die wissenschaftliche Evidenz dieser Maßnahmen ist allerdings sehr niedrig. Das Behandlungsprinzip lässt sich unter der Maxime "Entspannung" zusammenfassen.

Als gezielte Therapiemaßnahmen gelten "Muskelrelaxierende Salben" (Diltiazem, Nifedipin, Glyceryl-Trinitrat, Isosorbiddinitrat). Allerdings ist zu konstatieren, dass es derzeit auf dem deutschen Markt lediglich Glyceryl-Trinitrat (Handelsname: Rectogesic®) zur Behandlung gibt. Dieses Medikament ist jedoch mit einem hohen Kopfschmerzrisiko assoziiert und relativ teuer. Die anderen Substanzen können nur als Rezepturen und somit als "Off-Label-Use" angewandt werden. Am häufigsten setzen Ärzte derzeit eine relativ günstige Rezeptur mit dem Wirkstoff Diltiazem ein. Nach den klinischen Erfahrungen ist die Erfolgsrate, insbesondere bei der akuten Fissur, sehr hoch.

Internationale, wissenschaftliche Publikationen beschreiben auch die lokale Injektion von Botulinumtoxin mit guten Erfolgsraten. Diese Substanz ist jedoch ebenfalls kostenintensiv und kann nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden.

Operative Maßnahmen kommen immer erst nach Versagen der konservativen Therapie, der Ausbildung einer chronischen Fissur und persistierenden Beschwerden infrage. Im angloamerikanischen Bereich wird hier die seitliche Einkerbung des inneren Schließmuskels (laterale Internus-Sphinkterotomie) als Therapie der Wahl beschrieben. Neuere Publikationen weisen jedoch auf ein hohes Stuhlinkontinenzrisiko hin, so dass in Deutschland die Fissurektomie mit Ausschneidung der Fissur und der Sekundärveränderungen als First-Line-Therapie angesehen wird. Im klinischen Alltag sind die Abheilungsraten mit über 90 % sehr hoch.

Analthrombose

Entgegen der weit verbreiteten Volksmeinung verursacht das normale Hämorrhoidalleiden keine Schmerzen im eigentlichen Sinn. Typische Beschwerden entstehen durch die perianale Hautreizung im Sinne von Nässen, Juckreiz und Brennen. Als eher uncharakteristische Symptomatik kann ein Druckschmerz im Enddarm durch vergrößertes Hämorrhoidalgewebe ausgelöst werden.

Schmerzen entstehen durch einen irreponiblen Prolaps mit Thrombosierung des Hämorrhoidalgewebes. Hier unterscheidet man zwischen dem thrombosierten Prolaps (Abb. 4) und der Analvenenthrombose (Abb. 5). Die Übergänge sind dabei durchaus fließend.

Ein thombosierter Analprolaps sollte immer primär konservativ behandelt werden. Neben der großzügigen Gabe von Schmerzmitteln (vor allem nicht-steroidale Antiphlogistika) sind lokale Maßnahmen (Lokalanästhetika, Kortison, Sitzbäder) und eine Stuhlgangsregulation angezeigt. In fast allen Fällen kann dadurch eine komplette Rückbildung erzielt werden. Eine spätere operative Versorgung der Hämorrhoiden ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.

Bei kleineren und segmentalen Thrombosen kann man über eine Operation nachdenken. Ziel ist dabei eine operative Entfernung des schmerzhaften größeren Knotens, in der Regel unter lokaler Betäubung. Vorteile für den Patienten ergeben sich vor allem in der Frühphase und bei größeren Befunden, da die Zeit bis zur kompletten Rückbildung der Thrombose verkürzt werden kann. Er muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass auch ohne Op. eine komplette Rückbildung eintritt.

Die Entscheidung für oder gegen ein operatives Vorgehen muss also immer anhand der individuellen Beschwerdesymptomatik gestellt werden. Bei der Operation sollte stets eine komplette Exzision des vorgefallenen Segments erfolgen, was auch in Lokalanästhesie meist problemlos möglich ist. Im Falle einer unvollständigen Exzision oder Inzision ist die Gefahr des Rezidivs und/oder der Ausbildung von Hautfalten sehr hoch.


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Autor:

Dr. med. Andreas Ommer

End- und Dickdarmzentrum Essen
45130 Essen

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Autor:

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (17) Seite 56-61