Das neue Jahr hat gerade begonnen und viele Hausärzt:innen stellen sich zu Recht die Frage, was 2023 für ihre Praxis bringen wird. Dabei liegt das zu großen Teilen in Ihrer Hand! Wie Sie mit der richtigen Planung dafür sorgen, dass 2023 für Sie ein Erfolg wird, erfahren Sie in diesem Beitrag von Betriebswirt und Praxisberater Wolfgang Apel.

Eigentlich ist es mit Ihrem "Unternehmen Arztpraxis" wie mit einem Segelschiff: Ohne klares Ziel werden Sie unkontrolliert von Wind und Wellen in unbestimmte Richtung getrieben. Doch wenn Sie ein klares Ziel haben, die Segel entsprechend setzen und zwischendurch Ihren Kurs überprüfen, führt der genau gleiche Wind Sie plötzlich dahin, wo Sie hinwollten. Nehmen Sie sich zum Jahresbeginn nun also Zeit, um Ihren Kurs für 2023 in Richtung Erfolg festzulegen!

Die Standortbestimmung

Die Basis Ihrer Planung ist die Standortbestimmung, denn bevor Sie loslegen, müssen Sie wissen, an welchem Punkt Sie in das neue Jahr starten. Fragen Sie sich hierfür einmal ganz ehrlich, wo es in Ihrer Praxis im Moment klemmt und wo es gut läuft. Denken Sie dabei an die drei Säulen: Mitarbeiter:innen, Patient:innen sowie Zeit und Geld.

Zeit und Geld sind als eine Säule zu verstehen, denn schon der Volksmund weiß: Zeit ist Geld! Gerade Hausärzt:innen wissen, wovon hier die Rede ist. Wie viele Wochenenden werden in der Praxis statt mit der Familie verbracht, um liegengebliebene administrative Aufgaben zu erledigen oder Updates der Praxissoftware zu installieren? Um sich zukünftig nicht mehr das Wochenende um die Ohren schlagen zu müssen, gibt es eigentlich nur eine Lösung: Sie bräuchten Personal, das diese Aufgaben für Sie erledigt. Das aber kostet wieder zusätzliches Geld.

Die Zielsetzung

Die zweite Frage Ihrer Jahresplanung ist schon etwas komplexer: Was sind Ihre Ziele für dieses Jahr? Denken Sie auch hier wieder an alle drei Säulen und nehmen Sie sich Zeit, um über die Antwort nachzudenken. Schließlich gestalten Sie mit dieser Frage die Zukunft Ihrer Hausarztpraxis. Beschreiben Sie Ihre Ziele möglichst exakt, so werden sie plastischer und messbarer.

Vom Ist-Stand zum Ziel

Mit der dritten Frage verbinden Sie die beiden ersten Bereiche: Was müssen Sie 2023 tun, um vom Ist-Stand zum gewünschten Ziel zu kommen? Wichtig ist dabei, dass Sie Ihre Ist-Situation ehrlich und realistisch eingeschätzt haben.

Nehmen wir beispielsweise an, dass Sie mit der Personalsituation in Ihrer Hausarztpraxis unzufrieden sind. Ihre Mitarbeiter:innen wirken permanent überlastet und bitten Sie ständig, neue Kolleg:innen einzustellen. Doch brauchen Sie wirklich mehr Personal oder liegt die Überlastung eher daran, dass sich im Laufe der Zeit Prozesse und Abläufe unbemerkt verändert haben und dadurch ineffizient geworden sind? Wir stellen bei den meisten Hospitationen in Praxen fest, dass gar kein zusätzliches Personal nötig ist. Stattdessen braucht es eine effizientere Zusammenarbeit, die besser auf die jeweiligen Fähigkeiten und Talente der Mitarbeiter:innen abgestimmt ist.

Faktoren für eine wirtschaftliche Jahresplanung: Diese Fragen sollten Sie sich stellen
  • Wie effizient ist Ihr Einbestellwesen?
  • Wie entwickelt sich Ihr Zufluss an Privatpatient:innen?
  • Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Selbstzahlerleistungen?
  • Wie hoch ist Ihr Stundenumsatz und wie hoch der Ihrer angestellten Ärzt:innen, wenn vorhanden?
  • Und die wichtigste Frage: Wo können Sie jeweils ansetzen, um das Ergebnis effizient zu optimieren?

Die Details sind entscheidend

Oftmals werden bei der Jahresplanung die Details außer Acht gelassen und am Ende des Jahres stellen Sie überrascht fest, dass Sie Ihre gesteckten Ziele nicht erreicht haben. Überlegen Sie sich daher genau, wie Sie Ihre Ziele erreichen, und planen Sie die entsprechenden Schritte. Die folgenden Beispiele zeigen, wie das für jede Säule aussehen kann.

Detailplanung für die Säule Mitarbeiter:innen

Nehmen wir an, eines Ihrer Ziele ist eine effizientere Zusammenarbeit und eine bessere Unterstützung durch Ihre Mitarbeiter:innen. Planen Sie nun die entsprechenden Schritte, zum Beispiel:

  • An welchem Tag, zu welcher Uhrzeit und in welchem Umfang findet ein wöchentliches Teammeeting statt? In diesem tauschen Sie sich mit dem Team aus, klären Fragen und besprechen die anstehende Woche.
  • Wann finden die Mitarbeitergespräche statt? Planen Sie mindestens zwei, besser vier Gespräche pro Jahr ein, um jedem Teammitglied persönlich Feedback zu geben und Feedback einzuholen.
  • Wann finden die Team-Events statt und was unternehmen Sie? Vielleicht planen Sie neben dem obligatorischen Sommerfest und Weihnachtsessen zwei weitere Veranstaltungen ein? Gemeinsam Zeit zu verbringen, stärkt den Zusammenhalt und bindet Ihre Mitarbeiter:innen an die Praxis.
  • Wann führen Sie eine anonyme Mitarbeiterbefragung durch? Diese sollte einmal jährlich stattfinden und Sie werden dabei die Punkte herausfinden, die Ihre Mitarbeiter:innen Ihnen im persönlichen Gespräch nicht verraten.
  • Wie stellen Sie sicher, dass offene Stellen schnell nachbesetzt werden? Denn auch, wenn Sie alle Punkte der Mitarbeiterbindung berücksichtigen, wird es immer wieder vorkommen, dass eine Mitarbeiter:in Ihre Praxis verlässt. Bereiten Sie sich auf diesen Fall vor, indem Sie laufend passende Bewerbungen für Ihre Hausarztpraxis generieren (z. B. durch eine ansprechende Karriereseite auf Ihrer Website) und auf relevanten Veranstaltungen (z. B. Messen für Azubis) vertreten sind.

Detailplanung für die Säule Patient:innen

Nicht nur für die Mitarbeitergewinnung, sondern vor allem für die Erhöhung des Privatpatientenanteils in Ihrer Hausarztpraxis spielt der Außenauftritt eine entscheidende Rolle. Insbesondere Privatpatient:innen und Selbstzahler:innen werden sich vor dem ersten Termin über Ihre Praxis informieren. Sie wollen wissen, wer in der Praxis arbeitet, und legen Wert auf positive Rezensionen. Wenn Sie 2023 also den Anteil der Patient:innen erhöhen wollen, die Ihre Praxis auch wirtschaftlich nach vorne bringen, fragen Sie sich im Rahmen der Jahresplanung, wie Sie Ihre Außenkommunikation optimieren können:

  • Wie machen Sie Ihre Website für Privatpatient:innen und Selbstzahler:innen attraktiv?
  • Wie nutzen Sie Ihren Account bei Google My Business und Ihre Social-Media-Kanäle?
  • Wie erhalten Sie regelmäßig positive Rezensionen auf Google und Jameda?

Detailplanung für die Säule Zeit und Geld

Die zuvor genannten Prozesse in Ihrer Hausarztpraxis zu verbessern, ist mit entsprechenden Investitionen verbunden. Hinzu kommen weitere Investitionen, die Sie sich vielleicht für dieses Jahr vorgenommen haben. Vergessen Sie zudem nicht, die aktuelle Inflationsrate einzukalkulieren: Selbst wenn es nur Ihr Ziel ist, den gleichen Gewinn wie 2022 zu erwirtschaften, müssen Sie 2023 Ihre Einnahmen steigern, um den Wertverlust auszugleichen. Zusätzlich führt die Inflation zu steigenden Praxiskosten in Form von Lohnerhöhungen sowie ansteigenden Energie- und Heizungskosten, Praxismieten und Einkaufspreisen für Praxis- und Laborbedarf.

Berechnen Sie darum für Ihre Jahresplanung, wie viel zusätzlichen Umsatz Sie generieren müssen, um die finanziellen Mittel für die geplanten Investitionen, den Wertverlust beim Praxisgewinn und die steigenden Kosten zur Verfügung zu haben.

Folgen Sie dabei nicht Ihrem ersten Impuls, Ihre Kosten senken zu wollen, um den Ertrag zu optimieren. Sicherlich werden Sie den einen oder anderen Punkt finden, an dem Sie einsparen können, doch Sie werden das Gesamtergebnis durch die möglichen Kostenreduzierungen nicht in dem Umfang optimieren, wie es nötig ist.

Zielführender ist es, die Einnahmeseite zu analysieren und sich zu überlegen, wie Sie den Umsatz Ihrer Hausarztpraxis steigern können. Meiner Erfahrung der letzten 17 Jahre nach, in denen ich mehr als 350 Praxen im Detail kennenlernen durfte, ist eine Ergebnisoptimierung von rund 20 % in jeder Praxis möglich. Das wäre doch eine nennenswerte Steigerung! Sie müssen im Rahmen Ihrer Jahresplanung nur die richtigen Hebel in Ihrer Hausarztpraxis finden.

Wichtig für die Praxis
  • Die Basis der Jahresplanung ist eine Analyse der drei Säulen Mitarbeiter:innen, Patient:innen sowie Zeit und Geld.
  • Leiten Sie vom Ist-Zustand nun Ihre konkreten Ziele ab.
  • Planen Sie für eine effizientere Zusammenarbeit Gespräche und Team-Events mit allen Mitarbeiter:innen ein.
  • Achten Sie im Sinne der Ertragssteigerung auch auf Maßnahmen der Patientengewinnung und auf Ihre Außenkommunikation.
  • Kalkulieren Sie Ihre Umsatzziele unter Beachtung von Faktoren wie z.B. Investitionen, Inflationsrate, Energiekosten, Lohnerhöhungen etc.



Autor

Wolfgang Apel

Praxisberater sowie
Gründer und MdGL derMediKom Consulting GmbH
w.apel@medikom.org
www.medikom.org



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (1) Seite 50-52