Computer bestimmen mittlerweile fast die gesamte Praxisorganisation. Kommt es zu Störungen oder Ausfällen, ist oft die Sorge groß, erst recht im Zeitalter der DSGVO. Je mehr man sich in die Abhängigkeit des Computers begeben hat und je weniger Gedanken man sich um eine effiziente Störfallorganisation gemacht hat, umso schwerer ist die Zeit, die man in solchen Fällen vor sich hat. Es ist deshalb dringend anzuraten, schon dann ein wenig Energie zu investieren, wenn noch nichts passiert ist, damit man im Fall der Fälle gewappnet ist. Und tritt ein Problem auf: Was kann man als Praxisinhaber zusammen mit seinem Team tun, bevor man direkt den IT-Spezialisten kommen lässt?

Die Schwachstelle par excellence eines jeden Computers ist nach wie vor die Festplatte, schließlich handelt es sich hierbei oft noch immer um eine sehr empfindliche Mechanik mit hoher Materialbeanspruchung. Das Ausmaß eines Defektes an der Festplatte ist fast immer dramatisch – oft geht nichts mehr und die gespeicherten Daten sind zum Teil oder gar alle zerstört. Gerade bei Problemen mit der Festplatte ist daher äußerste Vorsicht und schnelles Handeln angesagt. Wer kann es sich schließlich heute noch leisten, mehrere Stunden oder Tage auf den Computer zu verzichten und anschließend auch noch den inzwischen angefallenen Datenwust neben der normalen Arbeit zu aktualisieren?

Netzteile, die "durchgebrannt" sind, gebrochene Kabelverbindungen, gelöste Stecker und eine Vielzahl weiterer möglicher Defekte verursachen, neben den schon beschriebenen Plattendefekten, in fast jeder mit EDV ausgestatteten Praxis irgendwann eine unfreiwillige Unterbrechung der Arbeit. Nicht zuletzt die durch bedienungsunfreundliche Anwendersoftware oder geheimnisvoll aufgebaute Betriebssysteme und Netzwerke verursachten Fehler tragen ihr Übriges dazu bei, dass die Nutzung des Computers manches Mal in einem Riesenfrust endet. Doch der Frust muss nicht sein; zumindest muss er nicht so groß sein. Wer sich hinreichend Gedanken darüber macht, was zu tun ist, wenn der Computer einmal "seinen Geist aufgibt", der kann das Chaos oft verhindern.

Schadensbegrenzung

Zunächst einmal muss der Schaden begrenzt werden. Da die größte denkbare Fehlerwirkung im Verlust der Daten besteht, müssen diese von vornherein gesichert werden. Das heißt zunächst einmal, dass bei einem Defekt am Computer alles zu unterlassen ist, was eventuell die vorhandenen Daten schädigen könnte. Nicht selten sind Datenverluste nur deshalb zu beklagen, weil zuvor unkontrollierte Reparaturversuche durch Laien durchgeführt wurden. Allerdings braucht im Falle des Falles auch kein Sicherungszaun um den Computer gespannt werden. Ein erster Check, eine erste Suche nach der Ursache des Fehlers kann und soll selbstverständlich sofort vom Arzt oder der zuständigen MFA vorgenommen werden. Zumal es nicht selten eher banale Fehler sind, die zu den massiv erscheinenden Störungen führen. Vielleicht steckt nur der Netzstecker nicht richtig in der Dose, eventuell bleibt der Bildschirm morgens schwarz, weil die Putzfrau versehentlich ein Rädchen am Bildschirm auf "dunkel" gedreht hat. Eine nicht geschlossene Klappe am Drucker kann irrtümlicherweise auf einen ernsthaften Defekt schließen lassen, ein leeres Papierfach im Drucker oder eine lockere Steckerverbindung zum Chipkartenleser sollten ebenfalls ausgeschlossen werden, bevor die kostenintensive Reparaturkaskade des EDV-Partners ausgelöst wird. Im Falle einer EDV-Störung sollten Sie künftig zunächst mit Hilfe einer Störfall-Checkliste eine eigene Fehleranalyse durchführen. Finden Sie die Ursache nicht und wird ein Technikereinsatz erforderlich, können Sie die Checkliste danach eventuell um einen neuen Punkt erweitern.

Wann kommen Datensicherungen zum Einsatz?

Ob nun der Techniker den Defekt behebt oder ob Sie sich selber helfen können – nach einem Systemabsturz müssen die Daten auf Korrektheit überprüft werden. Auf jeden Fall sollten Sie dabei Stichproben der Daten des Tages checken. Müssen Sie dann annehmen, dass mit den gespeicherten Informationen etwas nicht stimmt, sollten Sie genauer prüfen. Bestätigt sich Ihr Verdacht, könnte der Schaden in Grenzen gehalten werden, indem die Datensicherung des Vortages eingespielt wird. Vorher sollten Sie aber unbedingt die Ursache des Defektes eindeutig klären lassen, andernfalls sind auch die reparierten Datenbestände gleich wieder gefährdet. Spätestens in solchen Situationen müssen alle weiteren EDV-Reparatur-Aktivitäten in engster Abstimmung mit dem EDV-Partner durchgeführt werden.

Nehmen Sie auch bitte die Fehlermeldungen ernst. Diese dürfen auf keinen Fall ignoriert und übergangen werden. Die Hinweise des Computers müssen sorgfältig, exakt und vollständig aufgeschrieben werden, auch wenn es sich dabei um eine Kette scheinbar unsinniger Hieroglyphen handelt. Sie erleichtern dem Techniker die Arbeit enorm, bringen ihn oft erst auf den richtigen Lösungsweg und führen somit zu einer schnelleren Störfallbehebung. Neben der Dokumentation der Fehlermeldung ist es hilfreich, wenn die letzten Arbeitsgänge mit dem System sorgfältig rekapituliert und detailliert beschrieben werden.

Hüten Sie sich davor, die Reset-Taste vorschnell zu drücken, sie ist weder ein "Panik-Knopf" noch eine "Durchstart-Taste". Bei einfach strukturierten Systemen im Privatbereich funktionieren derartige "Notoperationen" hin und wieder, bei komplexen Praxis-Systemen, womöglich mit empfindlichen Datenbankstrukturen, insbesondere aber bei Netzwerken, verursacht man damit meist erst wirklich ernsthafte Probleme und Datenverluste. Treten bisher unbekannte, nicht sicher beherrschbare Störfallsituationen auf, sollte deshalb immer der EDV-Partner angerufen und nach seinen Anweisungen gehandelt werden.

Das "Ersatzteillager"

Ab und zu treten Störfälle auch an den Eingabemedien auf. Das sollte aber nicht zu langwierigen Ausfällen führen, denn eine defekte Computer-Maus oder eine Tastatur können Sie selber austauschen. Mäuse gibt es schon für unter 10 € und Billig-Tastaturen kosten rund 20 €. Bei diesen Preisen kann man sich getrost ein kleines Notfall-Ersatzteillager anlegen. So kann zumindest die Zeit überbrückt werden, bis die wertvolle Lieblingstastatur wieder ersetzt ist. Ins "Ersatzteillager" gehören selbstverständlich auch die ständig benötigten Verbrauchsmaterialien wie Tinte und Toner für die eingesetzten Drucker.

Da sich ein Computerausfall trotz größter Vorsichtsmaßnahmen aber nie ausschließen lässt, muss für diesen Fall sichergestellt werden, dass die in der Ausfallzeit entstehenden Daten nicht verloren gehen. Gute Erfahrungen wurden mit entsprechenden Formblättern gemacht, auf denen die ansonsten vom Computer abgefragten Datenfelder aufgedruckt sind. Derartige Erfassungshilfen garantieren im Störfall die Vollständigkeit der Daten und machen die Nacherfassung leichter, weil die Daten schon in "computergerechter" Reihenfolge notiert wurden. Der Aufbau Ihrer Formulare sollte sich natürlich an den Erfassungsmasken der Software orientieren, die Sie einsetzen.



Autor:

Werner M. Lamers

seit 1984 Unternehmensberater im Gesundheitswesen
Lamers Praxisberatung
48727 Billerbeck
www.medmarketing.de

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (8) Seite 56-57