Die Einführung und Weiterentwicklung eines QM-Systems ist für Arztpraxen mittlerweile seit fast acht Jahren Pflicht. Aber was genau gehört zu einem internen Qualitätsmanagementsystem?

Die Anforderungen an ein internes QM-System für Arztpraxen hat der Gemeinsame Bundesausschuss in der seit dem 1. Januar 2006 gültigen Richtlinie für die vertragsärztliche Versorgung ( http://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/18/ ) konkret festgelegt. Nimmt ein Vertragsarzt seine Tätigkeit neu auf, so hat er längstens fünf Jahre Zeit, um sein QM-System vollständig einzuführen und zu überprüfen. Seit Januar 2011 müssen also alle Arztpraxen ein internes QM-System implementiert und einmal jährlich selbst bewertet haben. Eine Zertifizierungspflicht ist zwar für 2015 im Gespräch, zum jetzigen Zeitpunkt ist Zertifizierung aber nach wie vor freiwillig. Es existieren auch keine Vorgaben zur Wahl eines bestimmten QM-Systems.

Seit 2011 führen QM-Kommissionen der Kassenärztlichen Vereinigungen bundesweit Stichproben in Arztpraxen durch, in denen sie den Einführungs- und Entwicklungsstand überprüfen. Laut Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erfüllen mittlerweile zwei Drittel aller geprüften Arztpraxen die gesetzlichen Vorgaben. Spitzenreiter laut Auswertung der KBV ist die KV-Region Rheinland-Pfalz. Interessant zu wissen ist an dieser Stelle auch, dass es laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung Verweigerer unter den Hausärzten so gut wie gar nicht gibt und sich der Anteil der Hausärzte, die sich noch gar nicht mit QM beschäftigt haben, auf lediglich ein Prozent beläuft.

Mindestanforderungen

Ein QM-System erfüllt dann die gesetzlichen Anforderungen, wenn alle Grundelemente und Instrumente aus der Richtlinie eingeführt sind bzw. umgesetzt werden und wenn die Arztpraxis einmal im Jahr eine schriftliche Selbstbewertung durchführt. Das heißt, dass sie einen Soll-/Ist-Abgleich macht, um weitere Verbesserungspotenziale aufzudecken.

Was bedeutet das für die einzelnen Arbeitsbereiche einer Praxis? Zur besseren Übersicht werden im Folgenden die Anforderungen in den beiden Bereichen Patientenversorgung und Praxisführung/Mitarbeiter/Organisation dargestellt und kommentiert.

Patientenversorgung

Die Richtlinie fordert: „Ausrichtung der Versorgung an fachlichen Standards und Leitlinien entsprechend dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse.“ Das heißt: Bei der Diagnostik und Therapie werden die aktuellen Leitlinien des Fachgebietes berücksichtigt. Diese Leitlinien sind jederzeit in der Praxis verfügbar.

„Patientenorientierung, -sicherheit, -mitwirkung, -information und -beratung“ sind umzusetzen, indem der Umgang und die Behandlung auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden. Zur Überprüfung der Patientenzufriedenheit werden regelmäßige Patientenbefragungen durchgeführt. Für die Annahme von Beschwerden gibt es ein Beschwerdemanagement (z. B. ein ausliegender Beschwerdebogen im Wartezimmer oder ein Kummerkasten).

Die Patientensicherheit hat für Arzt und Praxismitarbeiter oberste Priorität (Hygiene, Notfall, Anwendung von medizinisch-technischen Geräten etc.), das Personal ist dem Tätigkeitsfeld entsprechend geschult und qualifiziert. Patientenaufklärungen und -informationen sind umfassend und werden dokumentiert. Die Dokumentation der Behandlungsverläufe und Beratungen erfolgt ausführlich.

Die geforderte Strukturierung von Behandlungsabläufen bedeutet, dass einzelne Behandlungsschritte klar definiert sind. Verschiedene Behandlungsabläufe sind in Prozessbeschreibungen oder Verfahrensanweisungen festgelegt.

Praxisführung, Mitarbeiter, Organisation

Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten und Hierarchien müssen klar geregelt sein. Hilfsmittel dazu sind z. B. ein Organigramm, eine Verantwortlichkeiten-Matrix oder Stellenbeschreibungen.

Maßnahmen zur Sicherheit, Förderung und Motivation der Mitarbeiter müssen umgesetzt werden. Das sind z. B. Arbeitsschutzmaßnahmen, regelmäßige und geplante Fort- oder Weiterbildungen, Ideenmanagement und teambildende Maßnahmen.

Auch alle Belange rund um die Praxisorganisation sollten strukturiert sein. Das bedeutet: Gesetzliche Vorgaben, die für die Arztpraxis Gültigkeit haben, sind bekannt und werden eingehalten (Hygiene, Fluchtplan, Datenschutz inklusive jährlicher Unterweisungen). Die Vorgehensweisen sind in Prozessbeschreibungen und Verfahrensanweisungen festgelegt. Zusätzlich werden Checklisten eingesetzt, um bei den alltäglichen Aufgaben nichts zu vergessen (Beispiel: Checkliste „Kontrolle der Datensicherung“, „Vor-/Nachbereiten der Sprechstunde“). Die QM-Beauftragte der Praxis sorgt dafür, dass die QM-Dokumente aktuell gehalten werden.

Interne und externe Kommunikationsprozesse sowie das Informationsmanagement sind ebenfalls Thema des Qualitätsmanagements. Es ist (möglichst schriftlich) geregelt, welche Daten ausschließlich durch den Arzt erhoben und welche von den Mitarbeitern erfragt und dokumentiert werden dürfen. Der Umgang mit Patientenanrufen und Rückrufen ist für alle Mitarbeiter festgelegt. Für den Umgang mit ein- und ausgehenden Befunden (z. B. Faxen) gibt es ebenfalls eindeutige Regelungen. Strukturierte Teambesprechungen sind regelmäßig durchzuführen, Mitarbeitergespräche (als Vier-Augen-Gespräch) mindestens einmal im Jahr.

Nahtstellen der Versorgung sind klar zu definieren. Die Zuständigkeiten der einzelnen Bereiche innerhalb der Praxis und das Verfahren zum Überleiten an andere Einrichtungen sind in Verfahrensanweisungen festgelegt. Gesetzlich verpflichtende Qualitätssicherungsmaßnahmen (beispielsweise für das Labor oder den Röntgenbereich) sowie auch Qualitätszirkel usw. können und sollen in das QM-System mit aufgenommen werden.

Vier Instrumente

Folgende vier QM-Instrumente sollten zusätzlich zu den oben genannten Empfehlungen eingeführt werden:

  1. Für die einzelne Praxis sollten konkrete Qualitätsziele festgelegt, Umsetzungsmaßnahmen ergriffen, die Zielerreichung systematisch überprüft und die Maßnahmen danach erforderlichenfalls angepasst werden. Die Ziele können patientenorientierte, medizinisch-fachliche, mitarbeiterorientierte, wirtschaftliche oder umweltorientierte Ziele sein.
  2. Fehler und Beinahe-Fehler erkennen und zur Einleitung von Verbesserungsprozessen nutzen: Dafür ist es nötig, ein Fehlermanagement durch schriftliches Erfassen, Bearbeiten und Bewerten von Fehlern und Beinahe-Fehlern einzuführen. Dann Besprechung innerhalb des Teams, z. B. in der Teambesprechung. Es sollte eine Verfahrensanweisung zum Umgang mit kritischen und weniger kritischen Fehlern erstellt, gegebenenfalls auch ein Fehlerberichts- und Lernsystem (CIRS: Critical Incident Reporting-System, www.cirsmedical.de/) installiert werden.
  3. Die Qualitätsziele und die ergriffenen Umsetzungsmaßnahmen sind zu dokumentieren.
  4. Auch die systematische Überprüfung der Zielerreichung (z. B. anhand von Indikatoren) und die erforderliche Anpassung der Maßnahmen sind zu dokumentieren.



Autorin:

Christiane Fleißner-Mielke, Gemünden/Main

www.praxistrainingplus.de
97737 Gemünden/Main

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (5) Seite 42-43