Die Finanzierung eines Unternehmens ist komplex. Es geht um Steuern, Liquidität und eine langfristige Strategie, die gleichzeitig flexibel bleiben soll. Gerade das Thema Leasing schreckt viele Ärzt:innen ab, die selbst nicht so tief in der Materie sind. Wir sprachen mit dem Leasingexperten Thomas Brandl und baten ihn um konkrete Tipps.

doctors|today: Herr Brandl, warum sollten sich Arztpraxen mit Leasing beschäftigen?

Thomas Brandl (TB): „Leasing ist für Ärzt:innen eine beliebte Alternative zum klassischen Bankkredit – und das zu Recht: Denn Leasing ist eine flexible, steuerlich attraktive und liquiditätsschonende Finanzierungslösung. Sprich: Mit Leasing bewahren Ärzt:innen ihre Kapitalreserven bzw. Kreditlinien. Zudem werden Finanzierungslaufzeiten im Rahmen der steuerrechtlichen Vorgaben nach Kundenwunsch z. B. an die Einsatzdauer der Leasingobjekte angepasst. Eine Praxisinhaber:in gewinnt mit Leasing Spielraum, um fehlende Systeme kurzfristig zu ergänzen und kostengünstig neueste Medizintechnik zu beschaffen. Im Ergebnis macht es Leasing deutlich einfacher, die Praxis fortlaufend zu modernisieren – und dabei auch für Patient:innen ansprechend zu gestalten."

doctors|today: Weshalb ist das gerade jetzt wichtig?

Thomas Brandl (TB): "Das Internet hat den Wettbewerb der Arztpraxen verschärft, während die Digitalisierung die Produktzyklen in der Medizintechnik verkürzt. Insgesamt steigt dadurch der Kostendruck im Gesundheitswesen. Der optische und technische Zustand einer Arztpraxis ist heute ein wichtiges Auswahlkriterium für die Patient:in bei der Auswahl der bevorzugten Praxis. Arztpraxen benötigen daher vor allem eines: den erschwinglichen und zeitnahen Zugriff auf Innovation. Parallel dazu wird das klassische "Eigentum" an Praxisinventar und Technik immer unwichtiger. Diese Kombination sorgt dafür, dass eine flexible Miet-Nutzung von Medizintechnik wie beim Leasing deutlich auf dem Vormarsch ist. Das gilt auch für Abo-Modelle mit inkludierten Leistungen, bei denen immer die neueste Ausrüstung zur Verfügung steht. Leasing ist mittlerweile ein fester Bestandteil im Finanzierungsmix für Arztpraxen und Kliniken."

doctors|today: Worauf sollte man achten?

Thomas Brandl (TB): "Zunächst sind Steueroptimierungen gerade für freiberufl. Ärzt:innen zu nennen: Sie können als Einnahme-Überschuss-Rechner je nach Vertrag neben den monatl. Leasingraten auch bis zu 30 % der Anschaffungskosten als Leasingsonderzahlung (Anzahlung) im Jahr der Anschaffung steuerlich voll geltend machen. Hinzu kommt die Flexibilität: Bei keiner anderen Finanzierungsform können Vorführ-, Gebraucht- und Neugeräte mit derart unterschiedlichen Laufzeiten, Ratenmodellen und Optionen zum Vertragsende beschafft werden.“

Praxistipp 1

Elektronikversicherungen

Elektronikversicherungen werden von vielen Leasinggesellschaften heute als Standard zu den Leasingverträgen mit angeboten. Dies ist grundsätzlich ein sinnvoller Service, birgt meines Erachtens aber auch eine gewisse Kostenfalle, da hier von Kund:innen jeweils pro Vertrag und Gerät eine Elektronikversicherung abgeschlossen wird. Bei mehreren Geräten und dazugehörigen Leasing- und Versicherungsverträgen kann man schnell den Überblick verlieren. So können unbemerkt und in Summe wesentlich höhere Versicherungsbeiträge als z. B. bei einer Pauschaldeckung über den bereits bestehenden Praxisversicherer zusammenkommen. Ich empfehle erst die Kontaktaufnahme zum bestehenden Versicherer. Hier erhält man meist für einen günstigeren Beitrag eine Elektronik-Pauschaldeckung für seine Geräte oder man stockt eine bestehende Praxisinhaltsversicherung entsprechend auf. Der Vorteil liegt auf der Hand, man hat im Schadensfall nur einen Ansprechpartner und verliert kosten- und vertragsseitig nicht so schnell den Überblick.


doctors|today: Was eignet sich?

Thomas Brandl (TB): „Ich empfehle immer einen ausgewogenen Finanzierungsmix. Bei der Beschaffung der IT nutzt man wegen kurzer Abschreibungsdauer und Innovationszyklen am besten Eigenmittel und besagte Abschreibungsoptionen. Alternativ kommen die Nutzungs- oder Mietangebote der IT-Anbieter in Betracht. Für Bau-, Umbau- und Renovierungsarbeiten und Praxismobiliar (wie Untersuchungsliegen) – für alles, was voraussichtlich mind. zehn Jahre in der Arztpraxis bleibt − ist der klassische Bankkredit eine Option. Hier decken sich die Darlehenslaufzeiten (meist zehn Jahre) mit den üblichen Nutzungszeiten der zu finanzierenden Objekte. Bei Investitionen in Medizintechnik wiederum ist Leasing eine sehr gute Finanzierungsform: Man kann individuell zum Gerätetyp und zur Praxisplanung Laufzeit und Vertragstyp wählen.
Hinweis: Bei der Anschaffung von mehreren hochpreisigen Geräten empfehle ich, Einzelverträge im Leasing abzuschließen. Damit können Ärzt:innen sich z. B. bei Defekt eines Systems schnell Ersatz verschaffen."

doctors|today: Für wen ist Leasing relevant?

Thomas Brandl (TB): "Ob Investition in Erweiterung oder Modernisierung—ob Anschaffung eines Vorführ-, Gebraucht- oder Neusystems: Leasing ist eine gute Finanzierungsalternative – und sehr oft auch die beste Wahl. Praxisinhaber:innen sollten bei Investitionen zuerst auf ihre Leasingoptionen schauen.“

Praxistipp 2

Gute Berater und Anbieter erkennen

Ein guter Leasingberater bzw. Leasinganbieter agiert unabhängig von Medizintechnik-Unternehmen und Banken. So ist sichergestellt, dass das Interesse der Praxis im Mittelpunkt steht und mit hoher Flexibilität bedient wird. Gute Leasinganbieter verzichten auf Bearbeitungsgebühren. Auch verzichten gute Leasinganbieter auf stillschweigende Vertragsverlängerungen nach Ablauf der Grundmietzeit oder auf unfaire Klauseln im Kleingedruckten. Und: Sie raten nicht immer zum Leasing. Sie empfehlen einen vernünftigen Finanzierungsmix sowie Investitionen, mit denen Praxisinhaber:innen nachhaltig zufrieden sind.


doctors|today: Und wenn etwas kaputtgeht?

Thomas Brandl TB): „Leasing ist hier mit dem Kauf eines Gerätes vergleichbar. Im Vertrag tritt die Leasinggeberalle Garantie- und Gewährleistungsansprüche an den Leasingnehmerab. Praxen haben als Leasingnehmerggü. dem Lieferanten (Händler / Hersteller) dieselben Rechte und Pflichten wie Käufer:innen. Im Falle eines Defekts müssen sie ihre Ansprüche selbst gegenüber Hersteller bzw. Händler geltend machen. Schäden außerhalb von Garantie- und Gewährleistungsansprüchen müssen von dem Leasingnehmerbehoben werden. Gegen unvorhersehbare Schäden (Feuer, Wasser, Diebstahl, Blitzschlag) oder Fahrlässigkeit (Bedienungsfehler durch Mitarbeiter:innen) müssen bzw. können sich Ärzt:innen durch eine Praxisinhaltsversicherung und/oder Elektronikversicherungabsichern.“

Das Interview führte Sabine Mack



Experte

© LeaseForce
Thomas Brandl

Vertriebsleiter Medizintechnik
LeaseForce AG



Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (8) Seite 58-59