Fieber ist ein häufiges Symptom von Kindern und Jugendlichen: 70 % aller Konsultationen in Allgemein- und Kinderarztpraxen gehen darauf zurück. Obwohl nur in etwa 1 % dieser Fälle ein schwerer Krankheitsverlauf vorliegt, sind die Eltern oft sehr besorgt und sehen das Fieber meist selbst als Bedrohung an. Für die hausärztliche Praxis gilt daher, mit einem strukturierten Vorgehen ernsthafte Erkrankungen aufzudecken und ggf. eine kausale Behandlung einzuleiten. Bei harmlosen Verläufen kommt es in erster Linie darauf an, die Eltern zu beraten und die Symptome zu lindern.

Fieberhafte Infekte haben in den verschiedenen Altersgruppen unterschiedliche Ursachen: Bei Neugeborenen und jungen Säuglingen bis zum dritten Lebensmonat gilt Fieber als äußerst kritisch und ist deutlich häufiger (bis zu 10 %) durch schwere bakterielle Infektionen ausgelöst (z. B. Sepsis). Ältere Säuglinge und Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr erkranken häufig an viralen Atemwegsinfektionen, in dieser Altersgruppe kann aber auch ein anamnestisch nicht erkennbarer Harnwegsinfekt bei noch nicht diagnostiziertem vesikoureteralem Reflux das Fieber auslösen. Kita- und Grundschulkinder sind anfällig für Otitiden, Tonsillitiden und andere Infekte der oberen Atemwege. Bei Jugendlichen ist Fieber nicht mehr so häufig, kann aber auch mal als EBV-Infektion eine bakterielle Tonsillitis vortäuschen.

Diagnostisches Vorgehen

Am Anfang steht die Anamnese: Wie lange fiebert das Kind? Wie hoch ist die Temperatur? Wie und wann wurde die Temperatur gemessen (vgl. Kasten 1)? Welche Begleitsymptome gibt es (Husten, Schmerzen, Erbrechen, Durchfall)? Weist die Symptomatik schon auf den Fokus hin (Ohren-, Halsschmerzen, Husten, Dysurie)? Wie krank ist das Kind? Mag das Kind spielen? Oder liegt es nur apathisch im Bett? Wie ist es mit Trinken und Essen?

Dann folgt die Diagnostik: Je kleiner das fiebernde Kind und je weniger spezifisch die Symptomatik, desto wichtiger ist die Untersuchung des vollständig entkleideten Kindes. Bei Säuglingen ist die Ganzkörperuntersuchung Standard. Ein achtjähriges fieberndes Kind mit Ohrenschmerzen, das munter auf Mutters Schoß sitzt, kann dagegen mit einer Inspektion von Ohren und Rachen und Auskultation der Lunge ausreichend untersucht sein. Der Ersteindruck des von Mutter oder Vater begleiteten Kindes gibt uns bereits wichtige diagnostische Hinweise: Ist das Kind völlig apathisch auf dem Arm der Eltern oder hüpft es munter an der Hand der Mutter ins Zimmer und ergreift sich gleich das dort vorhandene Spielzeug? Wenn das Kind eher still und schläfrig wirkt, liegt das am aktuell hohen Fieber? Wie sind Atmung, Herzfrequenz, der Hautturgor? Läuft dem Kind die Nase? Spricht es nasal oder "kloßig" (Tonsillenhyperplasie)? Gibt es Meningitiszeichen?

Kasten 1 - Fieber bei Kindern und Jugendlichen: Richtig messen!
Fieber ist definiert als erhöhte Körpertemperatur, die rektal oder oral gemessen werden sollte. In der Altersgruppe der Zwei- bis circa Fünfjährigen kann man auch axillar messen, da die Kinder in diesem Alter die rektale Messung häufig ablehnen und bei der oralen Messung nicht kooperativ genug sind. Nach Möglichkeit sollte man sich nicht auf die Messung mittels Ohr- oder Stirnthermometer verlassen.

Die normale Körpertemperatur unterliegt Schwankungen durch Tageszeit, äußere Einwirkungen (Hitze) sowie körperliche Aktivität.

Fieber beginnt bei Säuglingen und Kleinkindern ab einer rektalen Körpertemperatur von > 38 °C, bei älteren Kindern und Jugendlichen ab 37,5 °C.

Eine Fiebersenkung kann auch zur diagnostischen Unterstützung eingesetzt werden: Ist das Kind nach einer wirksamen Antipyrese deutlich munterer, spielt und trinkt wieder, ist eine schwere bakterielle Infektion (Pneumonie, Sepsis) als Ursache des Fiebers eher unwahrscheinlich.

Da der Großteil der Infekte im Kindesalter die Atemwege betrifft, sind diese auch der Schwerpunkt unserer Untersuchung: Auskultation von Herz und Lunge, Inspektion von Rachen und Mund, Ertasten zervikaler und nuchaler Lymphknoten geben uns Hinweise auf einen möglichen Fokus. Die Abdomenuntersuchung sollte bei Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen und bei unklarem Fokus dazugehören, wie auch die Untersuchung der Haut auf z. B. Petechien (Cave: Meningitis). Ebenso sollte man bei Kleinkindern und Säuglingen frühzeitig den Urin kontrollieren.

Fieber unklarer Genese

Nicht selten können wir nicht sofort klären, was hinter der erhöhten Körpertemperatur des erkrankten Kindes steckt. Je kleiner das Kind, desto eher sollten wir es bei unklarem Fieber einweisen. Im Alter von drei bis 36 Monaten überwiegen die viralen Infekte, und die Rate an schweren bakteriellen Infektionen beträgt nur noch 0,5 bis 1 % [1]. Ältere Säuglinge können wir bei ausreichendem Allgemeinzustand gut weiter ambulant behandeln. Das setzt die wiederholte klinische Re-Evaluation voraus. Dazu bestellen wir das Kind wieder ein, kontrollieren gegebenenfalls auch noch einmal den Urin, auskultieren erneut die Lunge und überzeugen uns vom ausreichenden Trinken des Kindes. Die Messung der Sauerstoffsättigung bei Säuglingen und Kleinkindern mit Tachypnoe und/oder Husten ist eine einfache Untersuchung zum Schweregrad der Erkrankung und sollte in jeder Hausarztpraxis möglich sein. Hält das Fieber weiter an und ist das Kind weiterhin in befriedigendem Allgemeinzustand, sollte man spätestens am vierten Tag eine Laboruntersuchung veranlassen. Das Blutbild mit Leukozytenzahl und -differenzierung sowie BSG und CRP kann Auskunft darüber geben, ob der Infekt eher viral oder bakteriell ist. Eine normozytäre Anämie ohne Hämolyse kann neben anderen Blutbildveränderungen auf eine onkologische Erkrankung hinweisen und sollte selbstverständlich umgehend stationär abgeklärt werden [2]. Andere seltene Ursachen von Fieber sind rheumatische Erkrankungen, das Kawasaki-Syndrom sowie andere Autoimmunerkrankungen. Diese gehören ebenfalls in die stationäre Diagnostik.

Therapie

Die Therapie des Fiebers richtet sich nach der Ursache. Eine fieberhafte Otitis und auch eine fieberhafte Tonsillitis können zunächst bei gutem Allgemeinzustand ohne Antibiotikum behandelt werden. Für die Differenzierung einer Tonsillitis nach bakterieller (hier meist Streptokokken A) und viraler Genese gibt es Scores (für Kinder den McIsaac-Score), welche die Entscheidung für oder gegen ein Antibiotikum vereinfachen. Zur Symptomlinderung werden Analgetika verabreicht, und es wird auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet. Bei anhaltender oder zunehmender Symptomatik (z. B. bilaterale Otitis, Otorrhoe) soll das Kind erneut vorgestellt und untersucht werden. Für beide Erkrankungen gilt: Bei persistierendem Fieber sollte man eine Antibiose einleiten.

Antibiotisch behandelt werden muss auf jeden Fall der fieberhafte Harnwegsinfekt (HWI) bei Kleinkindern und Säuglingen. Zudem sollte dann auch, bei Jungen bereits nach dem ersten fieberhaften HWI, eine kinderurologische Diagnostik erfolgen. Der fieberhafte Infekt mit Husten erfordert ein genaues Hinschauen und ein häufiges Wiedereinbestellen bei Säuglingen und kleinen Kindern. Eine RSV-Infektion (Respiratory Syncytial Virus) erleiden 90 % der Kinder in den ersten zwei Lebensjahren [3]. Während die Mehrheit der Kinder diese Infektion als banale Infekte erlebt, kann sie bei kleinen Säuglingen und bei Kleinkindern mit Grunderkrankungen oder ehemals extrem Frühgeborenen zur RSV-Bronchiolitis führen, die bei schlechter respiratorischer Situation unbedingt stationär behandelt werden sollte. Eine akute Bronchitis erfordert in den allermeisten Fällen keine antibiotische Therapie [4]. Mögliche Indikationen für ein Antibiotikum (erste Wahl: Amoxicillin) sind anhaltendes oder zweizeitiges Fieber und erhöhte Entzündungszeichen [4].

Antipyrese

Fieber ist zunächst ein häufiges und typisches Begleitsymptom von Infektionskrankheiten. Dabei korreliert die Höhe und Dauer des Fiebers nicht mit der Schwere der Erkrankung [5]. Es gibt Hinweise, dass Fieber die Immunabwehr gegen Viren und Bakterien stärkt, also ein "gesundes" Instrument des Körpers zur Infektbekämpfung ist. Fieber sollte nur gesenkt werden bei
  • erheblichem Unwohlsein des Kindes
  • Trinkverweigerung
  • Vigilanzstörung
  • sehr hohen Temperaturen (> 40 °C)

Kasten 2 - Antipyretika – wie dosieren?
Paracetamol (PCM): 10 – 15 mg/kg KG alle 4 – 6 h, max. 90 mg/kg KG/die, zugelassen ab Geburt

Ibuprofen: 10 mg/kg KG alle 6 h, max. 40 mg/kg KG/die, zugelassen ab 5 kg

Die alternierende Gabe von PCM und Ibuprofen wird gern praktiziert, um die fieberfreien Intervalle zu verlängern. Es fehlen aber Studien zur Sicherheit dieses Vorgehens, sodass dies nicht empfohlen werden kann.

Reserve (bei starken Schmerzen und/oder hohem Fieber): Metamizol: 8 – 16 mg/kg KG alle 6 h

Quelle: Aus: Fieber bei Kindern - Deximed; abgerufen 29. Januar 2021

Neben der medikamentösen Fiebersenkung (vgl. Kasten 2) können auch physikalische Maßnahmen zur Fiebersenkung eingesetzt werden. Wadenwickel, Entkleiden, kühlende Bäder sollte man aber nur einsetzen, wenn das ganze Kind sehr warm ist und die Abkühlung als angenehm empfunden wird. Bei kalten Extremitäten, die es manchmal als Zeichen der Kreislaufzentralisierung bei hohem Fieber geben kann, sind diese Maßnahmen obsolet. Insgesamt wird ihre Wertigkeit in der Behandlung von Fieber eher als gering angesehen [5]. Jedoch können sie mit anderen supportiven Maßnahmen wie der Einschränkung der körperlichen Aktivität und reichlich Trinken sowohl beim erkrankten Kind die Beschwerden lindern als auch den Eltern etwas an die Hand geben, mit dem sie ihrem kranken Kind helfen können.

Fieberkrampf

Eine Besonderheit von Fieber im Kindesalter ist der Fieberkrampf (vgl. Kasten 3). Bei 2 – 5 % aller Kinder im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren kommen Fieberkrämpfe vor [6]. Am häufigsten sind sie mit banalen viralen Atemwegsinfekten assoziiert, selten ereignen sie sich postvakzinal (z. B. mit der MMR-Varizellen-Impfung). In 30 – 35 % der Fälle kommt es nach dem ersten Fieberkrampf zu einem Rezidiv [7]. Der erste Fieberkrampf wird in der Regel stationär abgeklärt. Das Ereignis ist für Eltern so traumatisierend, dass sie meist sofort den Notarzt rufen. Ergibt die stationäre Abklärung einen normalen harmlosen Fieberkrampf, erhalten die Eltern eine ausführliche Beratung zur Handhabung und Behandlung eines eventuellen weiteren Fieberkrampfes. Dazu werden häufig auch später noch Allgemein- und Kinderärzt:innen konsultiert. Die Behandlung des Fieberkrampfes besteht in der Gabe eines Sedativums, falls der Krampfanfall länger als drei bis fünf Minuten dauert [6]. Zur Verfügung steht rektales Diazepam mit 5 mg für ein Körpergewicht bis zu 15 kg sowie 10 mg für ein Körpergewicht ab 15 kg. Einfacher zu handhaben, aber off-label und leider sehr teuer, ist Midazolam buccal in der Dosis von 2,5 mg ab einem Alter von sechs Monaten bis zu einem Jahr, 5 mg für ein- bis fünfjährige Kinder [7].

Kasten 3 - Fieberkrämpfe bei Kindern
  • Häufig bei banalen viralen Infekten
  • 2 – 5 % aller Kinder von sechs Monaten bis zum fünften Lebensjahr
  • Rezidivrate: 30 – 35 %
  • Die prophylaktische Antipyrese schützt nicht vor einem Fieberkrampf!
  • Therapie: Midazolam bukkal (Buccolam®) 0,2 – 0,5 mg/kg KG (off-label, teuer!), Diazepam Desitin® 5 mg rektal 0,5 mg/kg KG, 5 mg bei Körpergewicht < 15 kg, 10 mg bei > 15 kg KG

Entgegen weiterhin häufig gegebener Empfehlungen schützt die frühzeitige Gabe von Antipyretika nicht vor einem erneuten Fieberkrampf und sollte daher nicht empfohlen werden [6].

Fieberhafte Infekte und COVID-19

Die SARS-CoV-2-Pandemie erfordert neue Strategien im Umgang mit fieberhaften Infekten bei Kindern und Jugendlichen. Kitas und Schulen haben strenge Richtlinien zur Wiederzulassung von erkrankten oder auch nur erkälteten Kindern. Diese Richtlinien sind leider nicht einheitlich und verunsichern und überfordern nicht selten die Eltern, wenn die Kinder wegen harmloser Erkältungszeichen tagelang nicht in die Kita dürfen. Die intensiven Teststrategien in Schulen und Kitas sind eine große Hilfe auch für uns Hausärzte. Klinisch lässt sich ein harmloser Atemwegsinfekt in der Regel nicht von einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern unterscheiden. Daher empfiehlt es sich, bei akut erkrankten Kindern, deren letzter Antigen-Test zwei oder mehr Tage zurückliegt, einen PCR-Abstrich zu machen. Schwere Erkrankungsverläufe einer SARS-CoV-2-Erkrankung sind bei Kindern zum Glück sehr selten und sollten stationär eingewiesen werden.

Fazit

Fieberhafte Infekte im Kindesalter sind häufig und lassen sich in der Regel ambulant abklären. Im Fokus der Diagnostik stehen die Anamnese sowie die gründliche, meist wiederholte körperliche Untersuchung. Wichtigste Therapiemaßnahme ist die ausführliche Beratung der besorgten Eltern über den Umgang mit Fieber und zu Möglichkeiten der Symptomlinderung.

ESSENTIALS - Wichtig für die Sprechstunde
  • Die Höhe und die Dauer des Fiebers korreliert nicht mit der Schwere der Erkrankung.
  • Pandemiebedingt kommen neue Strategien bei Fieber junger Patient:innen zum Einsatz.
  • Wichtigste Maßnahme bei einem fiebernden Kind ist die ausführliche Beratung der Eltern.


Literatur:
Niehues Tim: Das fiebernde Kind: Diagnostisches Vorgehen und Behandlung, in: Deutsches Ärzteblatt Jg.110 Heft 45 764-774
Lewitan L., Burdach S.: Warnsignale für Krebserkrankungen im Kindesalter, in Monatsschrift Kinderheilkunde 1-2021, 13-19
Schader L. et al: RSV-Bronchiolitis bei hospitalisierten Kindern im ersten Lebensjahr, Kinder- und Jugendarzt 49.Jg (2018), 1/18 31-34
Simon A. et al: Diagnose und Therapie von Atemwegsinfektionen (ohne ambulant erworbene Pneumonie) bei ambulant behandelten Kindern ohne schwerwiegende Grunderkrankung, Gemeinsame Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische INfektiologie (DGPI), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (DGKJ), der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) und des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), in : Monatsschrift Kinderheilkunde 8-2017, 711-724
Kowalzik F., Zepp F.: Das fiebernde Kind Grundlagen der Behandlung, in: Monatsschrift Kinderheilkunde 3-2013, 196-203
Bonfert M. et al: Fieberkrampf 2018 – Teil 1: Standards in Diagnostik und Therapie, in Kinder- und Jugendarzt 49 (2018) 11/18, 694-696
Merkenschlager A: Fieberkrämpfe: Fakten für die Elternberatung, in: Kinder- und Jugendarzt 50 (2019) 12/19, 794-801
Aktualisierte Stellungnahme der DGPI und der DGKH zur Rolle von Schulen und KiTas in der COVID-19 Pandemie (Stand 18.01.2021) » DGPI: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, Abgerufen 28.1.2021
Stellungnahme DGPI, DGKJ, DGKH, DAKJ, bvkj und DGSPJ: Prävention von SARS-CoV-2-Ausbrüchen in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung oder Schulen (Stand 03.08.2020) » DGPI: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, Abgerufen 19.1.2021


Autorin

Lisa Degener

Hausärztliche Gemeinschaftspraxis in Altenberge
48341 Altenberge

Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (10) Seite 16-19