Impfungen sind momentan das Licht am Ende des Corona-Tunnels und wie es aussieht auch der einzig mögliche Ausweg aus der Krise. Wie unterscheiden sich die einzelnen Impfstoffe und welche Gefahr droht durch die neuen Mutationen?

Zugelassen zur Impfung gegen COVID-19 sind bislang die mRNA-Impfstoffe BNT162b2 (Comirnaty®) von BioNTech/Pfizer sowie das Vakzin mRNA-1273 von Moderna, außerdem der Vektorimpfstoff von AstraZeneca (AZD1222).

Comirnaty® (BioNTech/Pfizer)

Laut einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten placebokontrollierten multinationalen Studie [1] an über 40.000 Proband:innen im Alter von 16 Jahren und älter zeigte der BioNTech-Impfstoff eine Effektivität von 95 %. Nach Verabreichung der zweiten Impfung traten in der Verumgruppe sieben Fälle von COVID-19 auf und in der Placebogruppe 162 Fälle. Eine ähnliche Effektivität zeigte sich in allen Untergruppen, unabhängig z. B. von Alter, Geschlecht und bestehenden Begleiterkrankungen. Die Effektivität bei Personen zwischen 16 und 55 Jahren betrug 95,6 %, bei Personen über 55 Jahre 93,7 %, bei über 65-Jährigen 94,7 % und bei über 75-Jährigen sogar 100 %. Nebenwirkungen beschränkten sich auf kurzzeitige Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Schwere Nebenwirkungen waren selten und traten in Verum- und Placebogruppe gleich häufig auf.

Moderna-Impfstoff mRNA-1273

Die Phase-III-Studie zu diesem Impfstoff wurde ebenfalls im New England Journal of Medicine publiziert [2]. Die placebokontrollierte Studie schloss über 30.000 Freiwillige ab einem Alter von 18 Jahren ein, davon entwickelten 185 Probanden in der Placebogruppe und elf in der mRNA-Gruppe eine symptomatische COVID-19-Erkrankung. Die Gesamt-Effektivität des Vakzins wurde mit 94,1 % berechnet und betrug bei über 65-Jährigen 86,4 %, bei unter 65-Jährigen 96,6 %. In puncto Sicherheit zeigten sich außer vorübergehenden lokalen und systemischen Reaktionen, die in Placebo- und Verumgruppe gleich häufig auftraten, keine Nebenwirkungen.

AstraZeneca-Impfstoff AZD1222

Bei AZD1222 handelt es sich nicht um einen mRNA-Impfstoff wie bei Comirnaty® und Moderna, sondern um einen Vektorimpfstoff, d. h. um eine abgeschwächte Version eines Adenovirus von Schimpansen. Er enthält genetisches Material eines Oberflächenproteins des SARS-CoV-2-Erregers, das von den Körperzellen aufgenommen wird. Diese können dann für kurze Zeit das Coronaprotein produzieren und eine entsprechende Immunantwort provozieren.

Die Daten zu diesem Impfstoff wurden im Lancet veröffentlicht [3]. Darin wurden die gepoolten Ergebnisse aus vier Studien (zwei aus Großbritannien, eine aus Brasilien und eine aus Südafrika) mit insgesamt knapp 24.000 Probanden zusammengefasst. Die Studiendesigns sind allerdings recht verwirrend. So hatte man in Großbritannien zunächst nur eine statt zwei Impfungen geplant, so dass die ersten 88 Probanden nur eine Dosis erhielten. Außerdem gab es in einer der UK-Studien eine Untergruppe von Personen, die als erste Impfung nur eine niedrige Dosis (die Hälfte) und mit der zweiten Impfung dann die volle Dosis erhielten, und eine Gruppe, die zweimal die volle Dosis bekam. Nur in der Gruppe mit halber/voller Dosis zeigte sich eine Effektivität von 90 %, in der anderen (voll/voll) lag diese nur bei 59,3 %. Unterschiede in der Effektivität zeigten sich auch in Abhängigkeit vom Abstand zwischen den beiden Impfungen, bei weniger als sechs Wochen betrug sie 53,4 %, bei mehr als sechs Wochen 65,4 %. Zusammengenommen errechneten die Wissenschaftler eine Effektivität des Impfstoffs von 70,4 %.

Ältere Personen waren allerdings nur in zwei der vier Studien eingeschlossen, insgesamt 974 im Alter von 56 bis 69 Jahren und 444 im Alter über 70 (Großbritannien und Brasilien). Seit dem 29.1.2021 liegt nun auch für diesen Impfstoff die Empfehlung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) vor. Die EMA errechnete allerdings nur eine Effektivität von 59,5 %, weil sie nur Daten aus einer der UK-Studien und der brasilianischen Studie einbezog. In den anderen beiden Studien seien zu wenig COVID-19-Fälle aufgetreten, um eine zuverlässige Aussage treffen zu können. Die STIKO empfiehlt den Impfstoff nur für 18- bis 64-Jährige mit der Begründung, zur Impfeffektivität bei Personen über 65 Jahre lägen nur ungenügende Daten vor.

Impfmanagement stockt

Zurzeit nehmen die Impfungen nur langsam an Fahrt auf, bislang wurden in Deutschland ca. 3,2 Millionen Impfdosen verimpft (Stand 8.2.2021). Mögliche Gründe für die Verzögerungen scheint es viele zu geben: mangelnde Verfügbarkeit an Impfstoff, suboptimale Einkaufsstrategie oder Organisationsmängel. Wenn Sie sich informieren wollen über den aktuellen Stand der verimpften Impfdosen in den einzelnen Bundesländern, werden Sie bei der Exceltabelle des RKI-Monitorings fündig, die alle 24 Stunden aktualisiert wird [4]. Wie sich die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna in Sachen Haltbarkeit/Lagerung unterscheiden, zeigt Tabelle 1.

Mutanten

Ob sich durch Impfstoffe letztlich die Pandemie in den Griff bekommen lässt, hängt auch von den neuen Virusvarianten ab, die sich derzeit in einigen Staaten in besorgniserregendem Ausmaß verbreiten und inzwischen auch in Deutschland angekommen sind. Durch diese Mutationen könnten sich die Virulenz, die Übertragbarkeit und womöglich auch die Wirksamkeit einer Impfung verändern.

Über die Besonderheiten der drei wichtigsten Mutationen wird auf der Seite des Robert Koch-Instituts berichtet [7]. Virusvarianten, die die Spike-Mutation D614G aufweisen, herrschen mittlerweile weltweit vor, was auf eine erhöhte Übertragbarkeit schließen lässt. Durch die Veränderung am Spike-Protein können sich die Erreger besser an die Zielzellen anheften. In vitro hat dies zu einer höheren Infektiosität (niedrigere Infektionsdosis) geführt und im Tierexperiment zu einer höheren Übertragungsrate. Ein Anhalt für schwerere klinische Verläufe beim Menschen liegt jedoch bislang nicht vor.

Mutation B.1.1.7

Seit Mitte Dezember 2020 verbreitet sich im Vereinigten Königreich zunehmend eine SARS-CoV-2-Variante der Linie B.1.1.7 (501Y.V1). Diese Mutation weist eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Polymorphismen im Spike-Protein und in anderen Genombereichen auf. Es gibt – allerdings bei begrenzter Datenlage – Hinweise darauf, dass Infektionen mit dieser Variante mit erhöhter Fallsterblichkeitsrate einhergehen könnten. Außerdem scheint die neue Variante eine rund 1,5-fach erhöhte Reproduktionszahl und eine erhöhte Übertragbarkeit aufzuweisen. Polymorphismen im Spike-Protein könnten sich zudem auf die Effektivität der Impfantwort auswirken. Erste In -vitro-Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass die zugelassenen mRNA-Impfstoffe auch gegen Viren der Linie B.1.1.7 effektiv wirken.

Mutation B.1.351

Ebenfalls im Dezember 2020 trat in Südafrika erstmals die Variante B.1.351, 501Y.V2 auf. Sie weist zahlreiche Mutationen im S-Protein auf. Auch bei dieser Variante wird eine erhöhte Übertragbarkeit diskutiert. Ob die Ausbreitung der neuen Variante in Südafrika durch veränderte Erregereigenschaften mitbedingt ist, kann man derzeit nicht mit Gewissheit sagen. Des Weiteren gibt es Polymorphismen, die die Sensitivität gegen neutralisierende Antikörper mindern, was eine reduzierte Wirksamkeit der Immunantwort nach Infektion bzw. Impfung bedingen könnte. Eine Person, die an der ursprünglichen Variante erkrankt war, ist gegen die Mutation also womöglich nicht ausreichend geschützt.

Mutation B.1.1.28 P.1

In Brasilien zirkuliert die SARS-CoV-2-Variante der Linie B.1.1.28 P.1 (501Y.V.3), die der Südafrika-Variante ähnelt. Daher vermutet man auch für diese Variante eine erhöhte Transmissibilität bzw. verringerte Effektivität neutralisierender Antikörper.

Situation in Deutschland

Auch in Deutschland sind alle drei Varianten inzwischen nachgewiesen worden. Wie sie sich auf das Infektionsgeschehen auswirken werden, weiß man noch nicht. Auch ob die Impfstoffe vor den neuen Mutationen schützen, ist noch nicht abschließend geklärt. BioNTech/Pfizer hat sich dahingehend zuversichtlich geäußert. Möglicherweise müsse man die Impfstoffe aber auch anpassen. Fazit: Trotz derzeit (Stand: 8.2.2021) leicht rückläufiger Infektionszahlen ist eine Entwarnung sicher noch verfrüht.

Essentials: Was können Sie als Hausärzt:in tun?
  • Sie können sich, sobald neuer Impfstoff verfügbar ist, an den Impfungen beteiligen – in Impfzentren oder ggf. auch in der eigenen Praxis. Voraussetzung sollte sein, dass Sie selbst und Ihr Personal geimpft sind, woran es leider derzeit noch etwas hakt. Ein sehr gutes Video zur Impftechnik mit Tipps und Tricks von Wolfgang Tonn finden Sie unter http://www.hdmed.online .
  • Sie können Ihre Patient:innen motivieren, sich impfen zu lassen. Dazu ein Tipp für ein Patienteninformationsblatt, das Dr. Christian Kröner und Kollegen auf ihrer Homepage ( http://www.einehausarztpraxisinpfuhl.de ) zum Download anbieten.
  • Und last, not least: Sie können – neben doctors today – regelmäßig die hervorragenden mmk-benefits von Prof. Dr. med. Michael Kochen lesen [8], denen auch einige Anregungen für diesen Beitrag entnommen wurden.


Literatur:
1. https://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMoa2034577?articleTools=true
2. https://www.nejm.org/doi/pdf/10.1056/NEJMoa2035389?articleTools=true
3. https://www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S0140-6736%2820%2932661-1
4. RKI-Impfmonitoring: https://t1p.de/tj7u
5. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/01/15/die-zugelassenen-mrna-impfstoffe-im-vergleich
6. REG 174 INFORMATION FOR UK HEALTHCARE PROFESSIONALS: COVID-19 Vaccine AstraZeneca
7. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Virologische_Basisdaten.html;jsessionid=A577BE8680DADBC8D00C0598C6AF8870.internet101?nn=2444038
8. https://www.degam.de/benefits-anmeldung.html


Autorin:
Dr. med. Vera Seifert



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (2) Seite 36-38