Hyponatriämien werden in der Praxis auf vielfache Weise unterschätzt: Sie sind häufiger als vermutet, können Ursache schwerer allgemeiner bzw. zentralnervöser Symptome sein, erweisen sich als negativer prognostischer Parameter und werden oft durch Medikamente (vor allem Thiazid-Diuretika und Psychopharmaka) ausgelöst. Der folgende Artikel will einen praxis­orientierten Ansatz für das diagnostische und therapeutische Vorgehen vermitteln.

Definitionsgemäß liegt eine Hyponatriämie bei einer Konzentration des Serum-Natriums von < 135 mmol/l vor - vorausgesetzt, eine scheinbare Erniedrigung im Sinne eines Laborartefakts (sog. Pseudohyponatriämie) bei massiver Hyperlipidämie oder Hyperproteinämie konnte ausgeschlossen werden.

Bei stationären Patienten ist eine Hypo­natriämie die häufigste Elektrolytstörung überhaupt. Bei Aufnahme weisen ca. 5 % aller Patienten ein erniedrigtes Serum-Natrium auf [6].

Symptomatik

Ausgeprägte Hyponatriämien gehen hauptsächlich mit zentralnervösen Symptomen einher, deren Ausprägung neben dem absoluten Wert davon abhängt, wie schnell sich die Elektrolytverschiebung entwickelt hat. Das Spektrum umfasst:

  • Schwäche, Antriebslosigkeit
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen
  • Erbrechen
  • Fallneigung, Stürze
  • Verwirrtheit, Somnolenz bis zum Koma
  • Krampfanfälle.

Ausgeprägtere Hyponatriämien erweisen sich dabei als negativer prognostischer Parameter hinsichtlich Krankenhausverweildauer, Komplikationsrate, Intensivpflichtigkeit und Mortalität [6]. Jedoch können bereits auch milde Hypo­natriämien für relevante Komplikationen, z. B. ein erhöhtes Frakturrisiko, sorgen [3, 5].

Herangehensweise

Die diagnostische Herangehensweise bei Hyponatriämie ist intuitiv-analytisch: Wesentliche Bausteine dabei sind die sorgfältigst erhobene Anamnese, der klinische Befund, die Bewertung der Laborkonstellation und fakultativ die Durchführung zusätzlicher technisch-apparativer Untersuchungen. Die daraus resultierende Einstufung als hypovolämische, euvolämische bzw. hypervolämische Hyponatriämie grenzt die zugrundeliegenden Ursachen und Erkrankungen ein.

Hypovolämische Hyponatriämien finden sich bei Flüssigkeitsverlusten extrarenal (Diarrhoe, Erbrechen, schweißbedingter Natriumverlust in Verbindung mit gesteigerter, hypotoner Volumenzufuhr) bzw. renal (Nierenerkrankungen, Medikation mit Diuretika).

Auslöser einer euvolämischen Hyponatriämie ist meistens ein sogenanntes SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) bei ZNS-Erkrankungen, Lungenerkrankungen, Tumoren oder induziert durch unterschiedliche Medikamente (vgl. Übersicht 1). In Anbetracht der Verschreibungshäufigkeit vieler dieser Pharmaka muss die Abklärung einer Hyponatriämie stets eine sorgfältige Medikamentenanamnese einschließen. Klassische Beispiele für die hypervolämische Hyponatriämie sind die dekompensierte Herzinsuffizienz, die Leberzirrhose und das Nephrotische Syndrom.

Häufiger Auslöser: Medikamente

Die Rolle von Medikamenten bei der Induktion und Entwicklung auch schwerer Hyponatriämien wird unterschätzt [4]. So kann sich z. B. unter Thiazid-Diuretika eine schwere Hyponatriämie entwickeln (vgl. Kasten 1). Festzuhalten ist, dass besonders die am frühdistalen Tubulus ansetzenden Thiazide oft für Hyponatriämien verantwortlich zu machen sind. Ein noch größeres Hyponatriämierisiko besteht bei der Kombinationsbehandlung mit Medikamenten, bei denen diese Nebenwirkung schon bei alleiniger Gabe auftreten kann (Kasten 1).

Auch an endokrine Störungen sollte man denken. Eine Hypothyreose kann ebenso wie eine Nebennierenrindeninsuffizienz mit einer durchaus relevanten Hyponatriämie einhergehen (Kasten 2).

Hyponatriämie bei Ausdauersport

Wie Untersuchungen an gesunden Marathonläufern ergaben, ist auch beim Ausdauersport prinzipiell mit relevanten Hyponatriämien zu rechnen [1]. Diese werden am ehesten über den vermehrten Salzverlust durch starkes Schwitzen und eine oft überschießende Volumenzufuhr mit hypotonen Lösungen erklärt.

Therapie

Übersicht 2 zeigt die grundsätzlichen therapeutischen Möglichkeiten bei Hyponatriämie. Dabei geht es kausal um die Behandlung der jeweiligen Grunderkrankung bzw. das Ausschalten externer Noxen, symptomatisch um die der jeweiligen Situation angemessene Natrium-Substitution in Verbindung mit Volumengabe bzw. Flüssigkeitsrestriktion.

Beispiele für die Kausaltherapie sind die Behandlung einer zugrundeliegenden Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose, das Absetzen von für die Hyponatriämie verantwortlichen Medikamenten sowie das Unterbinden einer unangemessen hohen Zufuhr von freiem Wasser.

Die symptomatische Therapie einer Hyponatriämie mit vermindertem extrazellulärem Volumen besteht grundsätzlich in der Gabe von Kochsalzlösung, bei einer Hyponatriämie mit normalem bzw. erhöhtem extrazellulärem Volumen dagegen in der Volumenrestriktion (0,8 - 1,0 Liter pro Tag). Eine hyperosmolare Kochsalzzufuhr sollte hier nur bei zentralnervösen Symptomen erfolgen.

Um die bei zu schnellem Ausgleich der Serum-Natrium-Konzentration zu befürchtende osmotische Demyelinisierung mit fatalem Hirnödem zu vermeiden, sollte der Anstieg des Serum-Natriums unter Substitution zunächst nicht mehr als maximal 1 mmol/l pro Stunde betragen; engmaschige Kontrollen der Serum-Natrium-Konzentration sind obligat.

Für die Behandlung der eu- und hypervolämischen Hyponatriämie eröffnen sich mit den Vasopressin-Rezeptor-Antagonisten (sogenannte Vaptane) als neuer Substanzklasse interessante Perspektiven. Einige dieser Vertreter befinden sich in klinischer Erprobung, Tolvaptan ist seit kurzem zur Therapie der Hyponatriämie infolge eines SIADH zugelassen.


Literatur
1. Ayus JC, Varon J, Arueff AI (2000) Hyponatremia, cerebral edema, and noncardiogenic pulmonary edema in marathon runners. Ann Intern Med 132:711-714.
2. Cheah CY, Ladhams B, Fegan PG (2008) Mirtazapine associated with profound hyponatremia: two case reports. Am J Geriatr Pharmacother 6:91-95.
3. Gankam Kengne F, Andres C, Sattar L, Melot C, Decaux G (2008) Mild hyponatremia and risk of fracture in the ambulatory elderly. QJM 101:583-588.
4. Liamis G, Milionis H, Elisaf M (2008) A review of drug-induced hyponatremia. Am J Kidney Dis. 52:144-153.
5. Renneboog B, Musch W, Vandemergel X (2006) Mild chronic hyponatremia is associated with falls, unsteadiness, and attention deficits. Am J Med 119:71e1-e8.
6. Zilberberg MD, Exuzides A, Spalding J, Foreman A, Jones AG, Colby C, Shorr AF (2008) Epidemiology, clinical and economic outcomes of admission hyponatremia among hospitalized patients. Curr Med Res Opin. 24:1601-1608.

Interessenkonflikte:
keine deklariert

Prof. Dr. med. Gert Müller-Esch


Kontakt:
Prof. Dr. med. Gert Müller-Esch
Zentrum für Innere Medizin
Klinikum Konstanz
D-78461 Konstanz

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2010; 32 (12) Seite 27-29