Das Reisen in pandemischen Zeiten setzt ein hohes Maß an Flexibilität aller Beteiligten voraus – nicht zuletzt wegen des von vielen Ländern bei Einreise geforderten digitalen Zertifikats für einen aktuellen SARS-CoV-2-PCR-Test. Aktuelle Regeländerungen erfolgen erfahrungsgemäß kurzfristig. Eine regelmäßige Kontrolle der Dokumente ist deshalb notwendig: Entsprechen Testart (z. B. Antigen- oder PCR-Test) und Zertifikat inhaltlich jenen Vorgaben, die für das Reiseziel aktuell gefordert sind? Zu empfehlen ist hier, vor jeder Testung spezifische Fragen mit dem Reisenden zu klären.

Die Erfahrung zeigt: Eine Abklärung der wichtigsten Fragestellungen im Vorfeld erleichtert die Abarbeitung deutlich. Denn die erlaubte Zeitspanne zwischen Testentnahme und Abflug beträgt meist nur 48 Stunden – in diesem kurzen Zeitraum müssen Abstrichentnahme, der Test selbst, die sich anschließende Labordiagnostik, die Zertifikatausstellung und die Übermittlung des Ergebnisses an den Reisenden erfolgt sein. Welche Erfahrungen mit solchen reisebedingten SARS-CoV-2-Tests schon gemacht wurden und welche Empfehlungen für die praktische Organisation einer solchen Diagnostik vor der Abreise gegeben werden können, klärt dieser Beitrag u. a. anhand eines aktuellen Fallbeispiels.

Der Fall

Felix M. will seine schon einmal verschobene Reise nach Südostasien endlich antreten und benötigt dazu eine SARS-CoV-2-Testung. Er kontaktiert hierfür seine hausärztliche Praxis. Felix M. weiß, dass die Entnahme des Abstrichs aufgrund der Einreisebestimmungen nicht älter als 48 Stunden sein darf und hat dies bei seiner Terminanfrage schon mitgeteilt. Aus Kostengründen will er nur einen Antigentest machen. Dieser Test ergibt jedoch ein fraglich positives Ergebnis, so dass die Praxis direkt eine PCR-Testung veranlasst. Die Mitarbeiterin bespricht sich dafür mit dem zuständigen Labor, dass ein zeitnahes Ergebnis benötigt wird. Das Testergebnis kommt deshalb bereits am nächsten Tag und ist tatsächlich positiv.

Wesentliche Fragen

Aus dieser Kasuistik ergibt sich eine Vielzahl von Fragen: War die Testsequenz von Antigen- und dann PCR-Testung korrekt? Liegt eine Infektion vor? Wenn ja, welche? Ist Felix M. frisch infiziert? Handelt es sich gegebenenfalls um eine Altinfektion? Wenn dem so ist: Kann Felix M. eventuell trotzdem reisen und das entsprechende Zertifikat ausgefüllt werden? Und liegt ein meldepflichtiger Befund vor?

Die Vorplanung

Die Vor-Testphase sollte sorgfältig geplant werden, denn vor allem sie hilft dabei, eventuell aufkommende Probleme zu reduzieren. Wie in vielen anderen medizinischen Bereichen ist auch bei der COVID-Testung relevant, eine zielgerichtete Anamnese zu erheben – dies am besten standardisiert anhand eines kurzen Fragebogens (vgl. Abb. 1). Relevante Angaben werden somit im Alltag nicht vergessen. Die Patient:in sollte man etwa danach fragen, ob bei ihr schon mal eine COVID-19-Infektion vorlag. So lassen sich positive oder grenzwertige Befunde mitunter besser einordnen. Zudem kann man vor der Testung bereits auf die Problematik eines gegebenenfalls noch "persistierend" positiven Ergebnisses eingehen. Abb. 1
zeigt exemplarisch einen Fragebogen, der einer regelmäßigen Reevaluation unterliegen sollte. Hier könnte man additiv noch die Frage nach der Impfung ergänzen, da in einigen Ländern z. B. bei der Einreise von geimpften Personen eine Testung nicht mehr notwendig ist. Diese Frage ist aber immer in Abhängigkeit von der Reiseart zu entscheiden, da z.B. aktuell zwar die Einreise eines Geimpften nach Gambia ohne Testung möglich ist [1], nahezu alle Fluggesellschaften aber eine PCR-Testung zur Mitnahme voraussetzen. Die Testung ist also nicht nur von den Einreisevorschriften des Ziellandes abhängig, sondern auch von dem gewählten Transportmittel. Da es hier unzählige Vorschriften gibt und diese häufig in relevanten Nuancen abweichen, sollten die Reisenden vorab selbstständig die entsprechenden Fragen geklärt haben. In Einzelfällen und bei Unsicherheiten können entsprechende Vorschriften zur Einreise aber schnell auf entsprechenden Websites online nachgeschaut werden (vgl. Kasten).

Der Vorteil des auszufüllenden Anamnesebogens ist, dass die Angaben von dem zu Testenden selbst eingetragen werden und Übertragungsfehler, beispielsweise bei der Ausweisnummer, klar zuzuordnen sind. Dennoch muss – wie bei allen SARS-CoV-2-Tests – eine Identitätskontrolle erfolgen, wobei die Ausweisnummer nochmals vorab gecheckt werden sollte.

Welcher Test für welchen Reisenden?

Ob ein Antigentest ausreicht oder eine PCR-
Testung benötigt wird, ist in den jeweiligen Einreisevorschriften beschrieben. Die alleinige Angabe "Antigen-Test" oder "PCR-Test" auf dem Ergebniszertifikat ist für die sichere Zuordnung der Testart häufig nicht ausreichend. Die genutzten Antigentests müssen eine gewisse Sensitivität und Spezifität aufweisen und sich im Regelfall am WHO-Standard orientieren [2] – damit auch an gemeinsamen Vorgaben des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts [3]. Auch die PCR unterliegt der Frage, welche Technik zum Einsatz kommt. Häufig wird z. B. eine Real-time-PCR verlangt, die entsprechend auf dem Zertifikat ausgewiesen werden muss. All dies sind Punkte, die sowohl vorab anhand des Reiseziels geklärt als auch mit dem kooperierenden Labor abgesprochen werden müssen.

Kasten - Wichtige Adressen

Vor der Testung stellt sich zudem die Frage, an welcher Lokalisation genau abgestrichen wird oder ob gegebenenfalls ein "Gurgeltest" ausreicht. Zu beachten ist ebenso, für welche Kriterien das genutzte Testsystem zugelassen ist beziehungsweise das Labor die PCR validiert hat. Es gibt hier auch Einschränkungen durch die Einreiseregularien. Da in vielen Ländern die Lokalisation des Abstrichs angegeben werden muss, sollte dies sicher vorher bekannt sein (Abb. 2).

Ausstellung eines Zertifikates

Unabhängig vom Zielland sollten internationale Zertifikate folgende Informationen beinhalten (vgl. Abb. 2):
  • Personendaten inklusive der Ausweisnummer. Hier sollte immer das Ausweisdokument genutzt werden, das auch bei den Reiseunterlagen verwandt wurde.
  • Abstrichdatum, -lokalisation und -uhrzeit,
  • Daten zur Testdurchführung: Laborauftragsnummer, Angaben zum ausführenden Labor, Testart,
  • Ausstellungsdatum des Zertifikats, Testergebnis und Unterschrift des Ausstellenden.

Zunehmend fordern die Behörden auch die Angabe der Nationalität sowie einen QR-Code mit dem Testergebnis. Wenn vorab bereits geklärt wurde, wie die Datenübermittlung erfolgt, kann nach Erhalt des Testergebnisses das Zertifikat ausgestellt werden. Internationale Zertifikate sollten im Regelfall auf Englisch verfasst werden, in einigen Ländern sind auch andere Sprachen wie Französisch oder Deutsch möglich [4]. Einzelne Länder bieten in unterschiedlichen Sprachen auch eigene Versionen ihrer Zertifikate an, wie etwa Japan [5]. Im Regelfall sollten Reisende diese Formulare dann auch nutzen, da es sonst zu Rückfragen kommen kann.

Organisationsablauf in der Praxis

Die Leistung von SARS-CoV-2-Tests für Reisende sollte in der hausärztlichen Praxis optimalerweise als Terminsprechstunde gestaltet sein. Denn es muss gewährleistet sein, dass das Testergebnis in dem benötigten Zeitfenster vorliegt. Gerade vor Feiertagen können sich sonst unerwartet viele Patient:innen einfinden, was zu Kapazitätsproblemen führen kann [6].

Invalide Testergebnisse treten gelegentlich auf und gegebenenfalls notwendige Testwiederholungen sollten bei Testlaufzeiten mit einkalkuliert werden. Je nach gewähltem Testmaterial oder der Testart kann es in diesen Fällen sogar zu der Situation kommen, dass ein erneuter Abstrich notwendig wird. Um hier Zeit zu sparen, sollten bereits initial Materialien eingesetzt werden, die eine zweite Testung ohne erneuten Abstrich ermöglichen, z. B. Flüssigmedien mit einer größeren Mediummenge.

Vorab sollte unbedingt bekannt sein, in welcher zeitlichen Frist der Test benötigt wird, d. h. innerhalb von 24 Stunden oder gegebenenfalls erst nach 48 Stunden. Das Zeitfenster für das Testergebnis sollte man dem zu Testenden vorab klar mitteilen. Auch sollte man ihm gegenüber kommunizieren, wie genau das Testergebnis mitgeteilt werden soll, möglich ist z. B. elektronisch, per Fax oder durch Abholung. Klare Absprachen im Vorfeld erleichtern hier den Ablauf deutlich.

Aufgrund der früheren kostenlosen Bürgertests (sie wurden im November wieder eingeführt) muss man bei den Reisetestungen häufig die Kostenfrage mit den Patient:innen diskutieren. Da es sich bei dieser Leistung um eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) handelt, ist diese vom Getesteten selbst zu bezahlen.

Welche Probleme werden im Alltag häufig wahrgenommen?

Vor allem wegen möglicher positiver Ergebnisse erweist es sich als sinnvoll, vorab immer schon die telefonische Erreichbarkeit der zu testenden Patient:in abzuklären. Auch kurzfristige Rückfragen beziehungsweise die Information, dass das Zertifikat vorliegt, lassen sich damit schnell austauschen. Sollten Angaben über ein Anamneseformular erhoben worden sein, empfiehlt sich immer eine Kontrolle dieses Dokuments, da somit Fehler im Zertifikat vorab vermieden werden können. Vor allem auch das Abreisedatum sollte kurz überprüft werden, da sich so zu frühe Testungen vermeiden lassen.

Welche Lösung ergab sich im Fall von Felix M.?

Felix M. war bereits vier Wochen zuvor in einem Testzentrum positiv getestet worden und musste seine Reise deshalb seinerzeit aufschieben. Es handelt sich bei ihm also um eine Altinfektion, der im Labor erfragte Cycle-Treshold-Wert (CT-Wert) von 34 bestätigt dies ebenfalls. Ein negatives Testergebnis konnte allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht bescheinigt werden. Es wäre hier jedoch zu prüfen, ob eine Ausreise mit einem internationalen Genesenenzertifikat möglich sein könnte. Darüber hinaus kann es bei Altinfektionen auch sein, dass ein wenige Tage später durchgeführter Test negativ ist, sodass eine Testung an einem der Folgetage angeboten werden könnte. Dies ist jedoch aufgrund der zeitlichen Limitierung schwierig. Bei einer standardisiert erhobenen Anamnese wäre der Status "Zustand nach COVID-19 vor wenigen Wochen" bekannt gewesen und das Problem hätte vorab besprochen werden können. Eine aktuelle Recherche ergab zudem, dass für das Reiseziel ein PCR-Test und kein Antigen-Test notwendig gewesen wäre.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Durchführung der IGeL-Leistung "SARS-CoV-2-Test" vor einer Reise stark von der jeweiligen "Test- und Laborlogistik" vor Ort abhängt.

ESSENTIALS - Wichtig für die Sprechstunde
  • Tests, Labordiagnostik, Zertifikatausstellung und Übermittlung des Ergebnisses an den Reisenden müssen meist innerhalb von 48 Stunden erfolgt sein.
  • Invalide Testergebnisse und Testwiederholungen sollten immer einkalkuliert werden.
  • Es muss bekannt sein, in welcher Frist der Test benötigt wird (24 oder 48 h).


Literatur:
1. Auswärtiges Amt. Available from: https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/gambiasicherheit/213624#content_0, Stand: 06.10.2021
2. WHO. Available from: https://www.who.int/teams/regulation-prequalification/eul; Stand: 11.10.2021
3. Robert Koch Institut. Available from: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html;jsessionid=61C2B487C2CBA4C07CF4B53986F29451.internet071?nn=13490888#doc13490982bodyText37, Stand: 11.10.2021
4. Auswärtiges Amt. Available from: https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/reise-und-sicherheitshinweise/uebersicht-navi, Stand: 11.10.2021
5. Japanische Botschaft. Einreiseformular Japan. Available from: https://www.de.emb-japan.go.jp/files/100208155.pdf, Stand: 11.10.2021
6. Schneitler S, Gülker J, Alhussein F, Bub F, Halfmann A, Klein L, et al. Experiences with pre-travel diagnostic PCR testing for SARS-CoV-2: Challenges and opportunities. J Travel Med. 2021 Jul;


Autor:innen
Sophie Schneitler, MD*, Sören L. Becker, MD, PhD**
* Ambulanz für Reise- und Tropenmedizin, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universitätsklinikum des Saarlandes 66421 Homburg/Saar
** Institut für Pneumologie an der Universität zu Köln 42699 Solingen

Interessenkonflikte: Sophie Schneitler gibt keinen Interessenkonflikt an. S. L. Becker hat Vortragshonorare von Pfizer erhalten sowie an Advisory Boards der Firma teilgenommen.



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (12) Seite 14-17