Mit einer Prävalenz von bis zu 10 % [1, 2] bei Patienten mit arterieller Hypertonie stellt der primäre Hyperaldosteronismus die häufigste endokrinologische Ursache erhöhten Blutdrucks dar. Die Patienten, die unter dieser Erkrankung leiden, sind durch kardiovaskuläre Ereignisse besonders gefährdet. Aber man kann ihnen eine wirkungsvolle Therapie anbieten. Aus diesem Grund lohnt es sich, den unter Umständen beschwerlichen Weg der Diagnostik zu beschreiten.

Beim primären Hyperaldosteronismus liegt eine inadäquat erhöhte, autonome Produktion von Aldosteron vor, welche sich dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-Regelkreislauf teilweise oder vollständig entzogen hat. Die Folgen für den Patienten sind arterielle Hypertonie und die für den primären Hyperaldosteronismus typische, jedoch nicht immer vorhandene Hypokaliämie. Hinter dieser funktionellen Endstrecke verstecken sich unterschiedliche Krankheitsentitäten. Die mit Abstand häufigsten sind das Aldosteron-produzierende Nebennierenrindenadenom und die unilaterale oder bilaterale Nebennierenrindenhyperplasie. In seltensten Fällen handelt es sich um ein Nebennierenrindenkarzinom oder um eine familiäre Form des Hyperaldosteronismus.

Wer soll getestet werden?

Ganz entscheidend für die Diagnosestellung des primären Hyperaldosteronismus ist, dass man daran denkt und danach sucht. Je ausgeprägter eine arterielle Hypertonie ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass man fündig wird. Persistierende Blutdruckwerte über 150/100 mmHg in drei Messungen an drei verschiedenen Tagen, Blutdruck von über 140/90 mmHg trotz drei Antihypertensiva oder Blutdruck unter 140/90 mmHg, jedoch unter mehr als vier Antihypertensiva, stellen eine klare Indikation zur Testung dar [3]. Eine Hypokaliämie in Verbindung mit hohem Blutdruck ist ebenfalls immer verdächtig auf das Vorliegen eines Hyperaldosteronismus, da Aldosteron die Kaliumausscheidung in der Niere fördert. Gleichzeitig führt Aldosteron in der Niere zu Natriumrückresorption und Flüssigkeitsretention. Dies bedingt einerseits den erhöhten Blutdruck. Andererseits lagert sich die übermäßige Flüssigkeit überall ins Gewebe, inklusive in die Schlundmuskulatur, ein, und kann dort ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom auslösen oder zumindest verstärken [4]. Somit sollten auch Patienten mit einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom auf einen primären Hyperaldosteronismus getestet werden. Zu guter Letzt ist man angehalten, Patienten mit positiver Familienanamnese für einen Hypertonus oder zerebrovaskuläre Ereignisse, welche vor dem 40. Lebensjahr auftraten, sowie alle hypertensiven erstgradigen Verwandten von Patienten mit primärem Hyperaldosteronismus zu untersuchen.

Wird aus einem anderen Grund eine abdominelle Bildgebung durchgeführt, welche als Zufallsbefund ein Adenom der Nebenniere zeigt, so empfehlen die aktuellen Leitlinien eine komplette endokrinologische Aufarbeitung, inklusive einem Screening auf einen primären Hyperaldosteronismus [5].

Suchtest

Am Anfang der diagnostischen Kaskade steht die Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quotienten als Suchtest. Hier macht man sich die Tatsache zunutze, dass beim primären Hyperaldosteronismus die Aldosteron-Produktion (teilweise) autonom stattfindet und dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-Regelkreislauf nicht mehr gehorcht. Somit ist das Aldosteron im Vergleich zum Renin überproportional erhöht, was den Aldosteron-Renin-Quotienten in die Höhe treibt. Oft kann man auch beobachten, dass Renin kompensatorisch (manchmal sogar vollständig) supprimiert ist.

Die Blutentnahme sollte vormittags durchgeführt werden, mindestens zwei Stunden nach dem Aufstehen und nachdem der Patient sich für mindestens fünf Minuten hingesetzt hat.

Interferierende Medikamente

Eine Reihe an Medikamenten, insbesondere Antihypertensiva, greifen in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System ein und beeinflussen Renin und Aldosteron in unterschiedlichen Maßen, was zu falschen Ergebnissen bei der Aldosteron-Renin-Quotient-Bestimmung führt. Mineralokortikoidrezeptorantagonisten (wie Spironolacton und Eplerenon) und Kalium-sparende Diuretika (wie Triamteren und Amilorid) führen zu falsch negativen Ergebnissen und müssen vier Wochen vor der Testung abgesetzt werden. Auch dürfen die Patienten vier Wochen vor der Blutentnahme keine Lakritze essen. β-Blocker und α-2-Agonisten (wie Clonidin) würden den Test falsch positiv ausfallen lassen und sollten mindestens zwei Wochen davor pausiert werden. Thiazide und Kalziumkanalblocker vom Dihydropyridin-Typ (wie z. B. Amlodipin) sowie ACE-Hemmer und AT1-Rezeptor-Antagonisten haben einen etwas schwächeren Einfluss, der den Aldosteron-Renin-Quotienten vermindert. Wenn immer möglich, sollte man auch auf diese Medikamente für mindestens zwei Wochen verzichten. Zur Blutdruckkontrolle können in dieser Phase Kalziumkanalblocker vom Nicht-Dihydropyridin-Typ (z. B. Verapamil/Diltiazem), α1-Rezeptorblocker (z. B. Doxazosin) und Vasodilatatoren (z. B. Hydralazin) eingesetzt werden [3, 6].

Bestätigungstest

Fällt der Suchtest positiv aus, muss die Diagnose durch einen Bestätigungstest untermauert werden [3]. Spätestens jetzt sollte ein Endokrinologe hinzugezogen werden.

Am häufigsten wird der Kochsalzbelastungstest angewendet. Physiologischerweise reagiert der Körper auf eine Volumen- und Natriumbelastung mit Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems und somit mit einem Abfall des Aldosterons, was zu vermehrter Natrium- und Flüssigkeitsausscheidung in der Niere führt und Blutdruck und Volumenhaushalt wieder ins Lot bringt. Beim primären Hyperaldosteronismus entzieht sich das Aldosteron diesem Regelkreis und lässt sich durch Kochsalzgabe nicht senken. Beim Kochsalzbelastungstest wird das Aldosteron vor und nach der parenteralen Gabe von zwei Litern physiologischer Kochsalzlösung gemessen. Aufgrund des Risikos für eine hypertensive Entgleisung und hydrope Dekompensation wird der Test oft unter stationären Überwachungsbedingungen durchgeführt. Bei einem Abfall des Aldosterons auf Werte < 5 ng/dl kann ein primärer Hyperaldosteronismus ausgeschlossen werden. Aldosteron-Werte von > 10 ng/dl nach Kochsalzbelastung bestätigen sicher den Verdacht [3].

Bildgebung

Erst wenn die Diagnose eines primären Hyperaldosteronismus laborchemisch gesichert ist, ist eine Bildgebung indiziert [3]. Diese dient in erster Linie dem Ausschluss maligner Prozesse der Nebenniere. Eine Aussage darüber, ob es sich um ein Aldosteron-produzierendes Nebennierenadenom oder um eine uni- oder bilaterale Hyperplasie handelt und welche Seite betroffen ist, ist mittels CT oder MRT nicht möglich. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass mit dem Alter die Prävalenz an Hormon-inaktiven Nebennierenadenomen steigt. Würde man die Therapieentscheidung nach der Bildgebung steuern, so wären 37,8 % der Patienten falsch behandelt: 14,6 % der Patienten würden umsonst operiert, 19,1 % der Patienten nicht operiert, obwohl dies indiziert wäre, und bei 3,9 % der Patienten wäre die falsche Seite operiert worden [7].

Subtypisierung

Die sequenzielle, selektive Nebennierenvenenblutentnahme ist mit einer Sensitivität von 95 % und Spezifität von 100 % der Goldstandard zur Subtypenunterscheidung [8]. Die Untersuchung ist technisch hoch anspruchsvoll und gehört in die Hände erfahrener Interventionalisten. Aus den Blutproben aus beiden Nebennierenvenen (adrenal) und aus der V. cava inferior unterhalb der Einmündung der Nierenvenen (peripher) werden Kortisol und Aldosteron bestimmt. Die Testung erfolgt an unserem Zentrum unter kontinuierlicher ACTH-Stimulation. Im ersten Schritt wird der Selektivitätsindex (Kortisol adrenal/peripher) bestimmt, welcher zur internen Kontrolle dient. Liegt dieser bei > 5, so war die Sondierung beider Nebennierenvenen erfolgreich und der Test ist auswertbar. Im zweiten Schritt wird der Lateralisationsindex (AD/CD)/(AG/CG)*) ausgerechnet. Ein Wert > 4 weist eine einseitige Aldosteron-Überproduktion nach. Ist der Quotient beider Seiten < 3, muss von einer beidseitigen Erkrankung ausgegangen werden.

Wozu der Aufwand?

Verglichen mit gleichaltrigen Patienten mit primärer arterieller Hypertonie haben Patienten mit einem primären Hyperaldosteronismus bei gleicher Blutdruckeinstellung ein signifikant erhöhtes Risiko für Schlaganfall, Myokardinfarkt, Vorhofflimmern und Herzhypertrophie [9].

Nach einer einseitigen Adrenalektomie beim Nachweis einer einseitigen Aldosteron-Überproduktion kommt es bei ca. 42 % der Patienten zu einer kompletten "Heilung" des Bluthochdrucks [10]. Bei beidseitiger Nebennierenrindenhyperplasie erfolgt eine medikamentöse Therapie mit Mineralokortikoidrezeptorantagonisten.

*) AD=Aldosteron der dominanten Seite, CD=Cortisol der dominanten Seite, AG=Aldosteron der Gegenseite, CG=Cortisol der Gegenseite

Fazit für die Praxis
  • Der primäre Hyperaldosteronismus ist die häufigste endokrinologische Ursache für einen erhöhten Blutdruck und hat eine hohe prognostische Bedeutung für die Patienten.
  • Die Stufendiagnostik beinhaltet:
  • Aldosteron-Renin-Quotient als Suchtest (interagierende Medikation beachten)
  • Bestätigungstest (z. B. Kochsalzbelastungstest)
  • abdominelle Bildgebung zum Ausschluss eines Malignoms und als Vorbereitung für die
  • selektive, sequenzielle Nebennierenvenenblutentnahme als Goldstandard zur Subtypenunterscheidung
  • Bei einer einseitigen Aldosteron-Überproduktion ist eine einseitige Adrenalektomie die Therapie der Wahl.
  • Patienten mit beidseitiger Aldosteron-Überproduktion werden mit Mineralokortikoidrezeptorantagonisten behandelt.


Literatur
[1] Rossi et al. (2006) A prospective study of the prevalence of primary aldosteronism in 1125 hypertensive patients. J Am Coll Cardiol 48(11): 2293-300.
[2] Hannemann et al (2012) Prevalence of primary aldosteronism in patient’s cohorts and in population-based studies – a review of the current literature. Horm Metab Res 44(3):157-62.
[3] Funder et al (2016) The Management of Primary Aldosteronism: Case Detection, Diagnosis, and Treatment: An Endocrine Society Clinical Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab 101(5):1889–1916.
[4] Dudenbostel T, Calhoun DA. (2012) Resistant hypertension, obstructive sleep apnoea and aldosterone. J Hum Hypertens. 26(5): 281–287.
[5] Fassnacht et al. (2016) Management of adrenal incidentalomas: European Society of Endocrinology Clinical Practice Guideline in collaboration with the European Network for the Study of Adrenal Tumors. Eur J Endocrinol 175: G1-G34.
[6] Schilbach et al. (2019) Aldosteron to Renin Ratio as Screening Tool in Primary Aldosteronism. Exp Clin Endocrinol Diabetes 127: 84-92.
[7] Kempers et al. (2009) Systematic Review: Diagnostic Procedures to Differentiate Unilateral From Bilateral Adrenal Abnormality in Primary Aldosteronism. Ann Intern Med151:329-337.
[8] Young et al. (2004) Role for adrenal venous sampling in primary aldosteronism. Surgery 136:1227–1235.
[9] Milliez et al. (2005) Evidence for an increased rate of cardiovascular events in patients with primary aldosteronism. J Am Coll Cardiol. 45(8):1243-8.
[10] Muth et al (2015) Systematic review of surgery and outcomes in patients with primary aldosteronism. BJS 102(4):307-17.



Autor:

Dr. med. Miryana Mircheva

V. Medizinische Klinik, Universitätsmedizin 68167 Mannheim

Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (15) Seite 42-44