Wie Umfrage-Ergebnisse zeigen, fühlen sich viele Menschen mit Diabetes von der Politik alleingelassen. Die "Digitale Allianz Typ 2" – ein Zusammenschluss von Selbsthilfeverbänden, Fachverlagen und wissenschaftlichen Organisationen – will dies nun mit der Aktion "Deine Diabetes Stimme" ändern und fordert ein Umdenken in der Gesellschaft.

Die chronische Krankheit Diabetes erfährt laut einer Umfrage unter über 1.500 Menschen mit Typ-2-Diabetes in der Gesellschaft und in der Politik zu wenig Aufmerksamkeit. Mangelnde Aufklärung über Diabetes führt oft zu direkten und/oder indirekten Schuldzuweisungen an die Betroffenen. Demnach fühlen sich 38 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes aufgrund ihrer Erkrankung stigmatisiert. 84 % sind der Meinung, die Öffentlichkeit nehme ihre Erkrankung nicht ernst und 89 % finden, die Öffentlichkeit sei nicht gut über Diabetes informiert.

Bedrohliche Prognose

Tatsächlich gibt die Diabetes-Situation Anlass zur Sorge: Über 7 Millionen Betroffene gibt es derzeit, die Erkrankungszahlen steigen, und eine Prognose geht von 12,3 Millionen Betroffenen für das Jahr 2040 aus. Da stellt sich die Frage, ob in den nächsten Jahren und Jahrzehnten den Menschen mit Diabetes in Deutschland noch eine bestmögliche Versorgung garantiert werden kann. Schon jetzt fehle es an diabetologisch geschultem Fachpersonal, an Ärzten, Beratern, Pflegern, es fehlen diabetologische Fachabteilungen in Kliniken, vor allem fehle es an gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Verhältnisprävention, um der Pandemie Einhalt zu gebieten, beklagt die neue "AG Digitale Allianz Typ 2". Die Umsetzung der Nationalen Diabetesstrategie, die diese Mängel minimieren könnte, sei in weiter Ferne. Der Druck auf die Politik müsse daher dringend erhöht werden und werde nur von Erfolg gekrönt sein, wenn die Patientenstimme lauter wird. Bislang sei sie maximal ein Stimmchen, so die Allianz.

Wie lässt sich die Versorgung sichern?

Daher hat die "AG Digitale Allianz Typ 2", an der 20 verschiedene Stakeholder der Diabetologie teilnehmen, sich zum Ziel gesetzt, insbesondere die vielen Menschen mit Typ 2 zu einer vereinigten, lauten Patientenstimme zusammenzubringen, um auf aktuelle Missstände aufmerksam zu machen. Für dieses Vorhaben wurde mit www.diabetes-stimme.de eigens eine Website geschaffen, auf der man seine Zustimmung zu E-Mail-Aktionen an die politischen Entscheider geben kann. Die E-Mail-Aktionen widmen sich Themen, die die Menschen mit Typ-2-Diabetes beunruhigen: Werde ich auch noch übermorgen auf dem Land die diabetologische Versorgung erhalten, die ich benötige? Gibt es endlich eine individuelle Beratung zur Ernährung und Bewegung für mich? Hat mein Arzt auch mal länger Zeit für ein Gespräch? Werden mir Wiederholungsschulungen angeboten? Wird die Gesellschaft irgendwann lernen, dass ich nicht schuld bin an meiner Krankheit, und etwas gegen Stigmatisierung tun? Wird die Politik endlich Verantwortung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz übernehmen und uns vor schlechtem, d. h. ungesundem Essen schützen?

Infomaterialien für Arztpraxen

Mit www.diabetes-stimme.de werde den Menschen mit Diabetes nun die Möglichkeit gegeben, sich als Bürger digital zu beteiligen und online ihre Stimme zu erheben. Es ist die einzige Möglichkeit, um die Politik zum Handeln zu bewegen, sagt Nicole Mattig-Fabian, Geschäftsführerin von diabetesDE. Der gemeinnützige Verein ist Initiator der neu gegründeten Digitalen Allianz Typ 2.

Hausarztpraxen, die sich für die Diabetes-Stimme starkmachen wollen, können kostenlose Infomaterialien bestellen bei Scholz direct, Frau Katja Schulze, E-Mail: katja.schulze@scholz-direct.org . (Bitte geben Sie für die Bestellung Ihre Adresse, das gewünschte Produkt und die jeweils gewünschte Anzahl an.)



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (8) Seite 28