Die PRISCUS-Liste führt Wirkstoffe auf, die für ältere Menschen möglicherweise ungeeignet sind und deshalb vermieden werden sollten. Nun wurde die 2010 erstmals veröffentlichte Liste aktualisiert. PRISCUS 2.0 enthält nun 187 Wirkstoffe und damit 133 mehr als zuvor.

Viele Medikamente können bei älteren Patient:innen mehr Nebenwirkungen verursachen als bei jüngeren. Zu rechnen ist vor allem mit Schwindel, Blutdrucksenkung, erhöhtem Sturzrisiko oder Beeinträchtigung der Kognition, heißt es in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt [1]. Diese Medikamente werden als potenziell inadäquate Medikation (PIM) bezeichnet und haben 2010 erstmals Eingang in die PRISCUS-Liste gefunden. Nach 13 Jahren mit neuen Erkenntnissen und vielen Veränderungen im Arzneimittelmarkt wurde es nun Zeit für ein Update.

Wie wurde bewertet?

Insgesamt 59 Expertinnen und Experten aus Praxis und Forschung verschiedener Fachrichtungen beteiligten sich an der Erstellung der neuen PRISCUS-Liste. Vertreten waren u.a. Allgemeinmedizin, Geriatrie, Innere Medizin, Psychiatrie und Kardiologie. Dazu sichteten sie eine Literatursammlung, bestehend aus 32 Arbeiten bzw. Reviews, sowie zusätzlich 13 neu erstellte systematische Reviews. Außerdem wurden Verordnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland und Österreich für das Jahr 2018 berücksichtigt. Außer der Stellungnahme, ob es sich bei dem zu bewertenden Wirkstoff um eine PIM handelt, machten die Teilnehmer:innen Aussagen zu folgenden Punkten:

  • mögliche Alternativen
  • Hinweise zum Monitoring
  • Wechselwirkungen bei Komedikationen
  • Grund für die Einstufung als PIM
  • ggf. Begrenzung der Therapiedauer oder Dosis

Ergebnisse

Letztlich wurden 187Wirkstoffe als PIM eingestuft. Im Vergleich zur PRISCUS-Liste von 2010 sind 133 Wirkstoffe neu hinzugekommen. Dazu gehören u.a.:

  • einige orale Antidiabetika (Glibenclamid, Gliquidon, Gliglacid, Glimepirid, Acarbose, Pioglitazon)
  • alle selektiven COX-2-Hemmer (Celecoxib, Etoricoxib, Parecoxib)
  • mittellang wirksame Benzodiazepine (Oxazepam, Lormetazepam, Temazepam)

Zu den Wirkstoffen, bei denen eine Therapiebegrenzung angegeben wurde, gehören u.a. Protonenpumpenhemmer (PPI) und Ibuprofen. Für PPI wurde eine Therapie von über acht Wochen als inadäquat eingestuft, wobei es in den Anmerkungen hieß, die Bedenken würden sich insgesamt auf diese Substanzgruppe, nicht speziell auf ältere Patient:innen, beziehen. Ibuprofen sollte maximal in einer Dosierung von 3 x 400 mg/Tag und nicht länger als eine Woche, mit PPI nicht länger als acht Wochen, verabreicht werden.

Die vollständige Liste kann man als PDF herunterladen unter www.priscus2-0.de.

In einem Editorial zum Thema "Neue PRISCUS-Liste" schrieb Prof. Dr. Bernd Mühlbauer vom Institut für Pharmakologie, Bremen, in derselben Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts: "Wenn die Multimedikation auf ein überschaubares und pharmakologisch sinnvolles Maß zurückgeführt werden soll, ist PRISCUS 2.0 eine nützliche Hilfestellung." Er gab aber auch zu bedenken– wie auch die Studienautor:innen selbst –, dass man PRISCUS 2.0 nicht sklavisch und reflexartig bei jeder Patient:in anwenden sollte. Ausschlaggebend für die Entscheidung zur Verordnung sei die individuelle Situation.


Literatur
1. Mann NK et al.: Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: PRISCUS 2.0, Dtsch Ärztebl, 2023; 120 (1-2): 3-10


Autorin
Dr. Vera Seifert



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (4) Seite 37