In vielen Fällen sind es die Hausärzt:innen, die beim Fund einer Leiche den Tod feststellen, und in der Mehrheit der Fälle erweist sich das auch als unproblematisch. Was aber tun, wenn beim Eintreffen der Ärzt:in unklar ist, ob es sich vielleicht um einen Tatort handeln könnte?

Nach den Gesetzen bzw. Verordnungen aller Bundesländer muss bei jedem Todesfall eine Leichenschau durch eine Ärzt:in durchgeführt und darüber eine ärztliche Bescheinigung (Todesbescheinigung, Leichenschauschein oder Totenschein) ausgestellt werden. Die vorläufige Leichenschau erfolgt i. d. R. durch die Notärzt:in, die eingehende Leichenschau mit Ausstellung einer Todesbescheinigung wird in vielen Fällen von den Hausärzt:innen durchgeführt. Wenn sich aber vor oder während der Leichenschau herausstellt, dass es sich um einen ungeklärten oder nicht natürlichen Todesfall handelt, darf nach der Todesfeststellung keine Leichenschau durchgeführt werden bzw. sie muss sofort abgebrochen werden.

In einem solchen Fall gilt:
  • Informieren Sie unverzüglich die Ermittlungsbehörden, Polizei oder Staatsanwaltschaft.
  • Außerdem sollten Leichnam und Einsatzort so wenig wie möglich verändert werden, damit die Spurensuche vor Ort nicht erschwert wird.

"Unverzüglich" gemäß § 121 Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Handeln "ohne schuldhaftes Zögern" zu verstehen, wobei auch die Zumutbarkeit bezogen auf die jeweilige subjektive Ärzt:in eine Rolle spielen kann. Seit 2020 gibt es eine angemessene Kalkulation für die Leichenschautätigkeit: GOÄ 100 (vorläufige Leichenschau) / 101 (eingehende Leichenschau) / 102 (potenzielle Zuschläge).

Hinweise erkennen auf ungeklärte bzw. nicht natürliche Todesursachen
Hinweise für eine ungeklärte Todesursache können z. B. sein:
  • Todesursache nicht bekannt und...
  • Trotz sorgfältiger Untersuchung und Einbeziehung der Vorgeschichte keine konkreten Befunde einer lebensbedrohlichen Krankheit
Anzeichen für nicht natürliche Todesursachen können u. a. sein:
  • Hinweis auf Suizid oder Fremdeinwirkung liegt vor.
  • Abschiedsbrief
  • Sichtbare Einbruchspuren
  • Hinweis auf mittelbare Unfallfolge

Bestehen keine Anzeichen für einen nicht-natürlichen Tod, kann die Leichenschau normal durchgeführt werden. Laut Dr. Carsten Köber, Facharzt für Allgemeinmedizin und Notfallmedizin aus Bad Mergentheim, ist dann z. B. hilfreich:
  • Ausweis/Pass sichten (außer bei eigenen/persönlich bekannten Patient:innen)
  • Zeug:innen befragen (z. B. Pflegepersonal, Angehörige); "nach Angaben von Dritten"
  • Polizei verständigen bei fehlender Identifizierbarkeit (fortgeschrittene Verwesung, entstellende Verletzung; Zweifeln an der Identität)

Literatur:
1. Einfach und praktisch: Rechtliche Grundlagen und Verhalten an Einsatzorten mit Verstorbenen, Leichenschau am Einsatzort – Teil 1, Notfall + Rettungsmedizin Ausgabe 6, 2021
2. Leichenschau in der hausärztlichen Praxis – Umgehen mit der Unsicherheit, Dr. Carsten Köber, Praxisvortrag practica 2021



Autorin
Sabine Mack

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (12) Seite 57