Frage: Dr. M. aus H.: Ich bin Hausarzt und Mitinhaber einer Gemeinschaftspraxis. Wir planen, eine Kollegin anzustellen, die Teile ihrer Ausbildung in unserer Praxis absolviert hat. Sie kennt eine Vielzahl der Patient:innen, ist bei der Belegschaft beliebt. Wir haben aber Bedenken, dass sie uns später mit einer eigenen Praxis Konkurrenz machen könnte. Hilft ein nachträgliches Wettsvewerverbot im Arbeitsvertrag?

Antwort von Rechtsanwalt Stäwen

Als Arbeitnehmer:in ist man seiner Arbeitgeber:in nach der Rechtsprechung in einem gewissen Maß zu Loyalität verpflichtet. Als Arztpraxis können Sie daher von Ihren Arbeitnehmer:innen verlangen, Wettbewerb zu unterlassen. Mit dem Arbeitsverhältnis endet jedoch auch deren Pflicht, Ihnen als Ex-Arbeitgeber:in, keine Konkurrenz bzw. Wettbewerb zu machen. Ehemalige Arbeitnehmer:innen können also ab dem ersten Tag nach Ende des Arbeitsverhältnisses mit Geschäften beginnen, die sich nachteilig auf Ihren Geschäftsbetrieb in der Praxis auswirken. Um dies zu verhindern, finden sich in Arbeitsverträgen nicht selten Regelungen, die ein sog. nachvertragliches Wettbewerbsverbot beinhalten. Da hiermit ein schwerwiegender Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz) verbunden sein kann, sind diesbezügliche arbeitsvertragliche Regelungen jedoch nur in engen Grenzen rechtlich zulässig: Unwirksam ist ein Wettbewerbsverbot z. B., wenn es nicht schriftlich vereinbart wurde, eine Vereinbarung über eine Karenzentschädigung fehlt oder die Arbeitnehmer:in zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch unter 18 Jahre alt war. Bei der Festlegung der Höhe der Karenzentschädigung ist insbesondere darauf zu achten, dass sie mindestens 50 % des in diesem Kontext zuletzt bezogenen Lohnes beträgt.

Nicht selten wird vorschnell ein Wettbewerbsverbot vereinbart, mit welchem die Arbeitgeber:in sich zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet, obwohl eine konkurrierende Niederlassung unwahrscheinlich gewesen wäre. Entscheidend ist hier z. B., ob sich die anstellende Praxis in einem offenen oder in einem gesperrten Planungsbereich befindet, denn eine Niederlassung ist in letzterem Falle deutlich erschwert. Enthält eine Konkurrenzschutzklausel Fehler, so ist die Arbeitnehmer:in in den meisten Fällen nicht daran gebunden. Andersrum muss die Arbeitgeber:in auch eine unwirksame Konkurrenzschutzklausel gegen sich gelten lassen, wenn es um die vereinbarte Zahlung einer Karenzentschädigung geht! Da nachvertragliche Wettbewerbsverbote weitreichende wirtschaftliche Folgen enthalten, sollte man bei der Vertragsgestaltung professionelle Hilfe in Anspruch nehmen − damit diese Regelungen nicht nur einer gerichtlichen Kontrolle standhalten, sondern auch ihren Zweck als Wettbewerbsschutz und Instrument zur unternehmerischen Planungssicherheit erfüllen.

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Autor

© Björn Stäwen
Björn Stäwen, LL. M.

Fachanwalt für Medizinrecht, kwm rechtsanwälte – Kanzlei für Wirtschaft und Medizin PartG mbB
Lehrbeauftragter der Universität Münster im Masterstudiengang Medizinrecht für den Bereich Vertragsarztrecht

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (7) Seite 63