Gerade in Zeiten, in denen Kinder viel Zeit zu Hause verbringen und häufiger enge körperliche Nähe zu Erwachsenen und zu Haustieren suchen, können Pilze gut gedeihen – auch auf der Kopfhaut.

Das Thema "Corona" ist weiterhin in aller Munde. Im Windschatten des Virus breiten sich jedoch auch andere Infektionen stärker aus. Ein Paradebeispiel ist die Zunahme von Mykosen bei Kindern und Jugendlichen durch anthropophile Erreger wie T. rubrum, M. furfur, C. albicans, aber auch zoophile Keime wie T. benhamiae. Die Gründe sind vielfältig. Die größte Gefahr besteht in der häuslichen Isolation mit intensiveren Kontakten der Kinder zu den eigenen Eltern und zu Haustieren. Vater und Mutter, auch Oma und Opa kümmern sich derzeit weniger um die Therapie ihres Fuß- oder Nagelpilzes, was zum Teil sicher der Angst geschuldet ist, sich in Apotheken oder Arztpraxen mit COVID-19 anzustecken.

Andererseits suchen Kinder in der psychologisch belastenden Situation mehr denn je innigen Kontakt und Trost bei ihren Haustieren: "Oskar ist doch der einzige, der mich versteht."

Die Folge sind Mykosen wie eine Tinea corporis, die sich – nicht rechtzeitig erkannt – auf den Kopf ausbreiten und häufig auch aufgrund einer unzureichenden Therapie über Monate persistieren kann (Abb. 1). Meerschweinchen und Hasen können zwei Dermatophyten beherbergen: T. mentagrophytes und T. benhamiae, der erst vor wenigen Jahren von Skinny Pigs aus Japan eingeschleppt wurde und inzwischen der häufigste zoophile Erreger in Deutschland ist [1].

Beide Erreger vereint neben Klinik und Erregerreservoir auch das therapeutische Herangehen. Das Fundament der Therapie ist eine gründliche Lokalbehandlung. Eine Option bei Kindern ist das breit und sporozid wirkende Ciclopirox. Als ölige und alkoholfreie Lösung ist es galenisch ideal, da es an entzündeten und damit hoch empfindlichen Hautstellen gut toleriert wird. Wir empfehlen bei der Tinea capitis aufgrund der Schwere vieler Infektionen die Hinzunahme eines zweiten topischen Wirkstoffs, Bifonazol oder Sertaconazol. Bewährt hat sich die Zubereitung als Spray, was sich gut zur Anwendung am behaarten Kopf eignet. Mit Ciclopirox bilden beide Azole, die ebenfalls eine hohe Wirksamkeit gegen die Erreger der Meerschweinchen besitzen, eine synergistische lokale Kombination [2].

Systemische Therapie

Eine Tinea capitis muss jedoch neben der lokalen Therapie stets auch systemisch behandelt werden – gemäß den neuen Leitlinien zur Tinea capitis [3] und den Erfahrungen der eigenen täglichen Praxis. Eine innere antimykotische Therapie ist bei Kindern in Deutschland leider (noch) nicht zugelassen. Nicht wegen der von vielen Eltern und einigen Ärzt:innen befürchteten Nebenwirkungen, sondern mangels Interesse seitens der Industrie und Politik.

Zur Wahl stehen drei Wirkstoffe: Itraconazol, Terbinafin und Fluconazol, welches bei fehlender Alternative ab dem 1. Lebensjahr für zugelassen gilt. Fluconazol und Itraconazol sind auch als Saft bzw. Liquid verfügbar. Terbinafin kann prinzipiell bei schwerer Trichophytie eingesetzt werden. In Österreich und in der Schweiz ist es bei Kindern zugelassen. Das vormals in Deutschland einzige vollumfänglich zugelassene Griseofulvin wurde vom Markt genommen.

Die Aufgabe besteht zunächst darin, die Eltern von einer inneren Therapie und ihrer sehr guten Verträglichkeit zu überzeugen. Die systemische antimykotische Therapie hat sich in den letzten Jahren fundamental verändert. Zum einen aufgrund der galenischen Optimierung der Wirkstoffe, zum anderen im Modus der Anwendung. Das moderne Konzept der systemischen Mykose-Therapie besteht heute in einer gering dosierten, kontinuierlichen Therapie mit einer Dosis Fluconazol oder Itraconazol pro Woche, nach einer kurzen Anflutphase von drei (Onychomykose) bis zu sieben Tagen bei einer Tinea capitis (vgl. Tabelle).

Mein Mittel der Wahl ist Itraconazol in einer neuartigen, besonders wirkeffizienten und gut verträglichen Galenik [4]. Ein weiterer Vorteil ist das umfassende breite Wirkspektrum, was in akuten Fällen auch eine breite empirische Therapie ermöglicht. Das Herangehen mit einer Dosis pro Woche ist nicht nur gut verträglich. Es wird auch der Komplexität der Erreger gerecht. Denn diese wachsen häufig langsam, was in der Infektiologie grundsätzlich eine Langzeittherapie erfordert. Sie besitzen zudem umweltrobuste Sporen, auch im Gewebe, die im Wochenzyklus jedoch gegenüber Fluconazol und Itraconazol gut empfindliche Keimschläuche ausbilden, die dann dank der Langzeittherapie Schritt für Schritt beseitigt werden. Das heißt, je länger die Therapie mit einer Dosis pro Woche durchgeführt wird, desto größer ist die Aussicht, dass jede Spore entfernt ist und kein Rezidiv entsteht.

Terbinafin verwenden wir aus folgenden Gründen nicht mehr: (A) Es hat Nebenwirkungen wie Psoriasis, Lupus, Lichen ruber, (B) es existieren keine besser verträglichen Originalpräparate mehr, (C) es verbreiten sich zunehmend Resistenzen, nicht nur gegenüber T. mentagrophytes, auch T. rubrum [6]. Das war ein Schock für die Pilztherapie, galt diese Substanz doch über lange Zeit als die gegenüber Dermatophyten wirksamste.

Das Ende der Therapie wird auch in der Mykologie heute am sichersten mit Hilfe der modernen Gendiagnostik, der PCR, angezeigt (Abb. 2). Sie ist bei Kindern aufgrund ihrer Schnelligkeit und Exaktheit ein besonderer Gewinn und unabhängig von schwer identifizierbaren und extrem langsam wachsenden Kulturen wie bei T. benhamiae oder T. verrucosum (Abb. 3) [5].

Bei der Tinea capitis dauert die Therapie ca. sechs Monate, bei schweren Infektionen mitunter länger. Auch in dieser Frage ist von Ärzt:innen und Eltern Geduld und Verständnis gefragt. Die Therapie erfolgt bis zur klinischen Heilung, erkennbar am gesunden Nachwachsen der Haare, was fast immer der Fall ist, und einer negativen Kultur bzw. PCR. Im Falle der beiden Meerschweinchen-Pilze ist sie nach relativ kurzer Zeit steril. Bei M. canis (Katzen) bleiben Kultur und PCR über den klinischen Erfolg hinaus oft noch lange positiv.

Die Gesetzgebung erlaubt Ärzt:innen im Falle einer Mykose nicht die Anordnung einer Quarantäne. Antiepidemische Sanktionen obliegen einzig der Kindereinrichtung oder dem Gesundheitsamt. Aufgrund der nach wenigen Behandlungstagen nur noch geringen Kontagiosität könnte das Kind jedoch bereits eine Woche nach Therapiebeginn wieder die Kita oder Schule besuchen, was ärztlich bescheinigt werden kann. Bei einer klinisch schweren Tinea capitis ist es empfehlenswert, das Kind so lange vom Besuch zu befreien, bis der auffällige klinische Befund abgeheilt ist.

Tiere sind klinisch nur selten auffällig. Pilz und Tier haben sich hier evolutionär optimal einander angepasst. Auch mit Hilfe einer diagnostischen Wood-Licht-Lampe ist der Befall des Tieres bei beiden Meerschweinchen-Pilzen nicht erkennbar – im Gegensatz zur Mikrosporie einer Katze, bei der die Fluoreszenz grün ausfällt. Die Tierärzt:in müsste erwägen, das Tier als potenzielle Quelle eventuell trotzdem empirisch mitzubehandeln. Infrage kommt Itrafungol®, was für Katzen entwickelt wurde, jedoch auch bei Meerschweinchen und Hasen wirksam ist. Sichtbare Stellen am Fell sollten parallel in gleicher Weise topisch behandelt werden wie beim Kind.

ESSENTIALS - Wichtig für die Sprechstunde
In Zeiten der häuslichen Isolation nehmen Mykosen bei Kindern und Jugendlichen zu. Eine Tinea capitis braucht auch eine Systemtherapie.Das Therapieende wird am sichersten mit Hilfe der PCR angezeigt, die schnell und exakt ist.


Literatur:
1. Nenoff P (2014): Trichophyton Spezies von Arthroderma benhamiae – ein neuer Infektionserreger in der Dermatologie. JDDG 12: 571-582
2. Tietz HJ, Gunkel U (2021): Tietz HJ, Gunkel U: Mykosen bei Kindern und Erwachsenen. 2. Auflage. ISSN 2365-7618.
3. Mayser P, Nenoff P, Reinel D. et al. (2020) SD1-Leitlinie Tinea capitis. J Dtsch Dermatol Ges 18:161-180
4. Tietz HJ (2016): Moderne Onychomykose-Therapie mit SUBA-Itraconazol (Itraisdin®) und Ciclopirox: Fortschritte in der Galenik führen zu nachhaltigen Heilerfolgen. derm 4: 300-08
5. Tietz HJ, Gunkel U (2020): PCR revolutioniert Diagnostik. Der Deutsche Dermatologe 68: 688-695.
6. Yamada T, Maeda M, Alshahni MM, Tanaka R, Yaguchi T, Bontems O, Salamin K, Fratti M, Monod M (2017): Terbinafine resistance of Trichophyton clinical isolates caused by specific point mutations in the Squalene Epoxidase Gene. Antimicrob Agents Chemother. 61: 115-117.


Autor

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Tietz

mycoclinic Berlin
10117 Berlin

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (10) Seite 38-40